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lichen Fassung1) um so mehr als Zeichen von Verwandtschaft betrachtet werden.

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Nun ist die Entstehungszeit dieses ganzen Machwerkes durch die Urkunde über die Wiederherstellung und Neudotirung der S. Martinskirche von 1075 mit ziemlicher Sicherheit gegeben. Diese erwähnt ja die ursprüngliche Gründung und Ausstattung, die Verleihung der pfarrlichen Rechte und die Ablösung mit dem Gute Sulpa, und es ist gar kein Grund vorhanden daran zu zweifeln, dass wirklich unter Erzbischof Hartwig diese Kirche gegründet worden sei. Es wird darüber eine Aufzeichnung in Form eines Einzelactes ohne jede weitere Beglaubigung existirt haben. Um 1075 aber hatte man in der Werthschätzung der beglaubigten Urkunde bereits wieder einen Schritt nach vorwärts gethan, man, das heisst wol sicherlich in Gurk, dessen Bischof ja der zweite Gründer war, wollte eine förmliche Stiftungsurkunde. Das alte Stück wurde zur Vorlage für das Sachliche genommen, wol auch einiges der Fassung und vielleicht das Monatsdatum belassen), für das andere jedoch und hauptsächlich zur möglichst gelungenen Nachahmung einer, feierlichen Urkunde Hartwigs scheint als Muster die S. Georgener Stiftungsurkunde verwendet zu sein. Eine solche Benützung einer fremden, nicht dem eigenen Archive angehörigen Urkunde dürfte den Anschein der Unwahrscheinlichkeit, den sie etwa an sich trägt, verlieren, wenn man an den bedeutsamen Antheil denkt, den der Bischof von Gurk an der Wiedererrichtung der S. Martinskirche nahm. So ward nun die Form dieser echten Urkunde Erzbischof Hartwigs hier nachgeahmt, der viereckige Raum getreulich offen gelassen, selbst die Schrift scheint in ihren misslungenen Schnörkeln an die diplomatische Minuskel der Vorlage sich anzulehnen; endlich ward das Siegel nach Möglichkeit nachgemacht und schliesslich auch die räthselhafte Jahreszahl als alterthümliches Relief hineingesetzt. Eine schlimme Absicht lag bei diesem Vorgehen fern, hat doch der Gurker Bischof selbst das alles, was darin gesagt ist, in seine Urkunde aufgenommen. Es ist eine neue Nüance dieser interessanten Fälle von Urkundenrenovationen.

Ihnen allen, die wir so kennen gelernt haben, gemeinsam ist das sichtliche Bestreben, durch das Siegel sich Glauben zu verschaffen

1) Sie erscheint noch einmal in der Beurkundung der weiteren Schenkungen der Gräfin Hemma an das von ihr gestiftete Nonnenkloster in Gurk durch Erzb. Balduin 1043 Jan. 6. Ankershofen, Gesch. Kärntens 2, Reg. u. Urk. 91 n. 45.

2) Das Monatsdatum allein kommt auch in einer uns erhaltenen Tradition Hartwigs vor. Hauthaler-Richter, Die Salzburgischen Traditionscodices, Mitth. d. Instituts 8, 88 n. 14, u. S. 874.

und das Ansehen einer echten Urkunde zu gewinnen: im einen Fall drückte man ein echtes Siegel auf ein hundert Jahre jüngeres Elaborat, in einem zweiten bildete man das Siegel nach, in Göss hängte 1177 die Aebtissin ihr eigenes Siegel an ein auf Erzbischof Gebhard lautendes Stück. Viel gleichgültiger ist man gegen die Schrift, nur beim letzten Fall scheint eine Nachahmung beabsichtigt, aber auch da, wie noch mehr bei den übrigen verräth uns die Schrift ganz unverhohlen die viel spätere Entstehung. Mehr Differenz zeigen die Formeln: hat man in Göss geradezu die alte Vorlage abgeschrieben, ja bei der Urkunde von S. Martin auf ein altes Formular mit Absicht zurückgegriffen, so entdecken uns im Gegentheil bei der Urkunde für die S. Andreaskirche gerade die Formeln den Ursprung in Erzbischof Gebhards Zeit. Und doch treffen diese beiden letzten Stücke wieder im Streben zusammen, durch eine frei erfundene, recht weit zurückliegende Datirung das angebliche, hohe Alter ihrer Entstehung zu documentiren; ja in der letztgenannten hat man zudem noch durch die fingirte Unterzeichnung König Arnolfs ein weiteres Zeugniss dafür und um so stärkere Beglaubigung zu erstreben versucht. All das ist aber ein neuer Beweis für das bereits von Ficker betonte häufige Vorkommen solcher Fälle und wol auch ein Beweis dafür, mit welcher Naivetät man dabei vorgieng. Man war sich eben bewusst, in der Hauptsache in gutem Glauben und ohne Absicht der Fälschung zu handeln, aber man fand andererseits allerdings auch nichts besonderes darin, im einzelnen, wenn es leicht angieng, zur Bekräftigung und zur Erhöhung des Ansehens etwas dazu zu thun, wodurch man schon bewusst der Wahrheit widersprach. Alle diese Dinge bewegen sich auf dem schlüpfrigen Zwischengebiet von voller Echtheit bis zu voller Fälschung. Nur in den günstigen Fällen, wo auch anderes Material zur Vergleichung und Prüfung vorhanden ist, wird es der Kritik gelingen können, die Entstehung und damit auch die Stufen der Glaubwürdigkeit solcher oft sehr sonderbarer Machwerke darzulegen. Aber immer werden wir uns hüten müssen, um einzelner Widersprüche willen gleich das Ganze in das Gebiet der Fälschung zu verweisen.

Kritische Studien zur älteren Geschichte

Böhmens.

Von

J. Loserth.

II. Ueber Judith von Schweinfurt, Witwe Břetislaws I von Böhmen, die angebliche Gattin des Königs Peter von Ungarn.

Eine der anmuthigsten Erscheinungen unter den Frauengestalten des přemyslidischen Fürstenhauses ist Judith (Jutta) von Schweinfurt, die Gattin des Herzogs Břetislaw, welche derselbe einstens - sie war damals eine hold erblühte Jungfrau und wurde im Nonnenkloster zu Schweinfurt erzogen in überströmendem Jugendmuth aus der Mitte der übrigen Jungfrauen dieses Klosters geraubt und zur Gattin genommen hatte. Aber nicht bloss ihre Jugend ist von einem romantischen Schimmer umgeben, auch den Abend ihres Lebens umfliesst noch ein derartiger Schein, wenn es wahr ist, was Cosmas von Prag von ihr erzählt. Kaum hatte nämlich, sagt dieser, Břetislaw die Augen geschlossen, so vertrieb sein und der Judith Sohn Spitihniew alle Deutschen aus Böhmen und unter diesen auch die eigene Mutter. In der Fremde lebte sie und dort ist sie auch gestorben, nachdem sie den vom Throne gestossenen und geblendeten König Peter von Ungarn geheirathet hatte. Am 2. August 1058", berichtet Cosmas,, starb Judith, die Gattin des Břetislaw, Herzogin von Böhmen, welche, weil sie sich für ihre Vertreibung an dem Sohne nicht anders rächen konnte, zur Schmach desselben und zur Schande aller Böhmen den König Peter von Ungarn geheirathet hatte 1). Ihre Leiche wurde später von ihrem Sohne, dem Herzoge Wratis

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1) Anno d. i. 1058, 4. non. aug. Judita coniux Brzeczislai ductrix Bohemorum obiit, quam quia filius suus Spitigneu eiecerat de regno suo, cum non posset aliter ulcisci iniuriam suam in filio, ad contumeliam eius et omnium Bohemorum nupserat Petio regi Ungarorum. M. G. SS. 9, 78.

law, aus Ungarn hinweggeführt und zu Prag neben ihrem Gatten Břetislaw in der Kirche der h. Märtyrer Vitus, Wenzel und Adelbert in ehrenvoller Weise beigesetzt." Der Mönch von Sazawa, welcher aus der Zeit des Herzogs Spitihniew einige bemerkenswerthe Einzelnheiten zu erzählen weiss, berichtet von dieser Heirath nichts, die Hradisch-Opatowitzer Annalen aber mit den Worten des Cosmas, und zwar mit einer merkwürdigen Verdrehung des Sachverhalts: „Im Jahre 1058 am 2. August starb die Gattin des böhmischen Herzogs Bracislaus, welche früher aus dem Lande vertrieben worden war, weil sie den ungarischen König Peter geheirathet hat" 1). Wie man sieht, wird hier die Folge zur Ursache. Die Prager und kurzen böhmischen Annalen bieten für diese Sache nichts. Es ist merkwürdig, dass von den späteren Geschichtschreibern Dalimil diesen Gegenstand in seine Reimchronik nicht aufgenommen und in seiner Weise verwerthet hat. Pulkawa hält sich im Ganzen an die Darstellung des Cosmas, doch ist sein Zusatz bemerkenswerth, dass sie in dem Kloster Luk (Bruck) bei Znaim, welches sie selbst gestiftet hat, begraben und von dort nach Prag überführt wurde 2). Von vornherein mag bemerkt werden, dass das Kloster Bruck erst im Jahre 1190, also 132 Jahre nach dem Tode der Herzogin Judith gegründet wurde und sie demnach nicht in demselben begraben werden konnte. Neplach von Opatowitz führt bloss die Thatsache von dem Tode der Herzogin Judith an, ohne der Heirath niit Peter oder der Uebertragung ihrer Gebeine zu gedenken3). Marignola erzählt mit den Worten des Cosmas. Nach Dubravius hat sich Judith nach dem Tode ihres zweiten Gatten Peter nach Mähren zu ihren jüngeren Söhnen begeben und lebte hier ganz den Werken der Frömmigkeit, von welchen das von ihr gegründete Kloster Bruck Zeugniss ablege. Im Uebrigen setzt Dubravius den Tod der Judith irrthümlich in das Jahr 1059. Enea Silvio sagt nur, dass Judith, von ihrem Sohne vertrieben, eine zweite Ehe eingegangen ist, ohne sich in die Einzelnheiten zu vertiefen1). Balbin berührt in seiner böhmischen Geschichte die Sache kaum. Dagegen hat sich Hayek ganz an Cosmas gehalten 5): Die ehrenreiche Herzogin Judith ist am 2. August gestorben. Diese dieweil sie ihr leiblicher Sohn Spitihnieus aus Böhmen sammt allen anderen Deutschen vertrieben und sie sich dieser That und Spottes nicht anders rächen können,

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1) F. rer. Bohemic. 2, 889: que prius eiecta fuerat de terra, quia Petro regi Ungarorum nupserat. 2) Et in monasterio Lucensi prope Znoymam, quod ipse fundaverat, honorifice sepelitur. Et de Luca ossa eius Pragam deferuntur... Dobner M. Boem. hist. 8, 121. 3, Neplach a. a. 1058. +) Freher SS. rer. Bohemic. 133. *) Deutsch v. Sandel ad ann. 1058,

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hatte ihrem Sohne und allen Böhmen zum Verdruss und Hohn den vertriebenen König Petrum aus Hungern zum Gemahl genommen. Ich übergehe die Fehler, die Hayek in dem folgenden begeht, wie er z. B. die Uebertragung des Leichnams der Herzogin Judith durch Spitihniew erfolgen lässt. Im vorigen Jahrhundert hat zuerst Pubitschka einige Bedenken gegen den betreffenden Bericht des Cosmas geäussert. Welcher Schimpf", sagt er, , wäre es für die Böhmen gewesen, wenn Judith sich mit einem ungarischen Könige vermählt hätte? Und müsste man nicht daraus folgern: Wratislaw habe sich zum Schimpfe der Böhmen mit Adelheiden, der Schwester (sic) des ungarischen Königs Andreas verehelichet? Ich bin vielmehr der Meinung, sie habe entweder nur einen Anverwandten des Königs oder einen Grafen, der Petrus geheissen, zur Ehe genommen und Cosmas habe aus Irrthum Petrum den König selbst genannt." Pubitschka übersieht, dass die Schmach nicht in dem Worte, ungarisch zu suchen ist, sondern dass Judith einen Geblendeten zum Gatten nahm. Dobner findet an der Notiz des Cosmas nichts Anstössiges und Pelzel sagt von Judith, dass sie sich nach Ungarn begab, wo sie sich mit dem alten Könige Peter vermählte. Palacky thut von dieser Sache keine Erwähnung und Büdinger hat sich gegen Pubitschka ausgesprochen.

Gleichwohl erregt die Erzählung des Cosmas gerechte Bedenken, indem sie theils Unwahrscheinliches enthält, theils mit seinen früheren Berichten im Widerspruch steht. Gesetzt den Fall, Cosmas berichte eine Thatsache, Judith habe in der That den König Peter geheirathet, so setzt diese Thatsache nicht bloss voraus, dass Peter noch 9-10 Jahre nach seiner Blendung gelebt habe, sondern auch, dass er mittlerweile Witwer geworden, seinem Gegner Andreas völlig verziehen, ja sogar mit demselben eine innige Freundschaft geschlossen habe und selbst in verwandtschaftliche Beziehungen zu demselben getreten sei. Peter erscheint dann als nichts mehr und nichts weniger als der Schwiegervater der einzigen Tochter des Andreas Adelheid.

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Von seinem Bruder Spitihniew vertrieben, hat sich nämlich Wratislaw mit Zurücklassung seiner Gattin nach Ungarn geflüchtet und wird von dem Könige Andreas in aller Freundschaft aufgenommen. Die Gattin des Wratislaw wird jedoch in ein festes Schloss geworfen und eine Zeit lang in schmählicher Haft gehalten. Durch die Intervention des Bischofs Severus frei geworden, will sie zu ihrem Gatten eilen, stirbt jedoch an einer Frühgeburt. Wratislaw ist untröstlich. Thn zu erheitern gibt Andreas ein glänzendes Gastmahl und bei diesem lernt Wratislaw des Königs Tochter Adelheid kennen, bei deren Anblick, wie es im Altdeutschen heisst, ihn die, sehnende Not" zwingt. Wenige

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