Slike stranica
PDF
ePub

Dies Ausweichen in die ihm geläufige Form, die ihm vielleicht auch zuweilen als „die richtige" erschien, passiert ihm bei Ortsnamen noch öfter: so hat er zwar 314 in Cogardun und 293 noch alterthümlicher in Coğardo, aber in 14 andern Fällen in Cogarden (Cogharden); so setzt er für Listungun (410) in 411 Lystungen ein, schreibt 89 Westerelisungen, 14 Valuburgen, 55 Hanbrunnen, in 51 2mal Balahornen. Es ist also kein Zufall, wenn die sog. Nachschlagsvocale, die sicher nicht in der Vorlage standen, gerade in Ortsnamen ein paarmal vorkommen: Broekhuƒ 147, Broechuf 223; Daelhuf 60, Daelhem 435. Aber all das ist vereinzelt.

Und noch geringer ist die Zahl der modernen Schreibungen, die er sich bei Personennamen zu Schulden kommen lässt: die vereinzelten ck in Frederick 242b. 247; Bruninck 243 und gar Helmerck 53 schieb ich auf sein Conto; ferner die o für a in Helmwordus 185 und Woldman 453; die o vor u in Helmborgh 53 und Borchard 45. 61. 65. 183; die e für i in Wedekind 83 und doch wohl auch in den verschiedenen Frederic (242b. 243. 247. 307. 308. 309. 342. 354; dazu Fredericus 40. 218. 262. 386), die ich in den corveyischen Quellen des 11. Jhs. sonst nie gefunden habe und die sich auch bei ihm um so merkwürdiger ausnehmen, als er alle andern Frithu- Namen (mit alleiniger Ausnahme von Fredemund neben Frederic 40) mit Frithu(auch Frithuric 381), Frithe- (auch Fritheric 413), Frite- (auch Friteric 404), Fride- (auch Frideric 297) schreibt. Offenbar war ihm der Name wie kaum ein zweiter geläufig, und so substituierte er gerade hier leicht die Gebrauchsform. Es fällt auf, dass sich fast immer mehrere dieser (an sich seltenen) Fehler dicht bei einander finden: die charakteristischste Stelle ist wohl § 83, wo der Vater Wedekind (st. Widukind) und der Sohn Reynuert (st. Rainfrid) gleichmässig modernisiert sind. Es ist das alles, ich betone es nochmals, unwillkürlich. Der Schreiber will die Namen buchstäblich copieren, das sieht man an manchen kleinen Besserungen, wie wenn er § 167 sein Reynbald in Rainbald umändert. Und die Zahl dieser Fehler ist minimal: man bedenke, was es heisst, dass er bei fast 200 Fällen die Namen mit Thiad-, Thanc- (Thing-, Tharf-) niemals, wie ihm doch fast allein geläufig, mit D, sondern stets den Vorlagen gemäss mit Th und T gegeben hat!

Verlesen hat er sich zuweilen, und nicht alle Fehler derart können wir bei dem jetzigen Stand unserer Namenkenntnis feststellen: aber anderseits lässt sich auch die Grenze schwer ziehen gegenüber den Fehlern, die bereits die Register enthalten. Ich will ein lehrreiches Beispiel aus der Heberolle anführen. § 37 steht in der Abschrift des Johannes im Text und am Rande deutlich beidemal Harím; wir kennen aber den Ort anderweit sicher als Harun (so auch aus den Traditionen § 280): es ist das heutige Haren nördl. von Meppen. Natürlich schob ich den zweifellosen Fehler unbedenklich auf den Abschreiber und war nicht wenig erstaunt, schon in dem Originalfragment deutlich mit Majuskeln HARIM geschrieben zu finden. Also verlesen hat sich hier der Schreiber der Heberolle!

Aber unleugbar und fast selbstverständlich sind Lesefehler auch für unsern Johannes anzunehmen. Ich bin ihnen sorgfältig nachgegangen, denn für mich, der ich die Personennamen grammatisch verwerthen will, sind die Fehlerquellen weit wichtiger, als für den Historiker, dem von 50 der hier genannten Menschen 49 stets gleichgiltig bleiben werden.

Da habe ich denn die merkwürdige Thatsache constatiert, dass ihm Lesefehler gegenüber dem voranstehenden Register II sogut wie gar nicht passieren: dieses einheitlich redigierte Registrum war offenbar von der Hand des Urhebers in gleichmässiger und hervorragend deutlicher Schrift aufgezeichnet. Die Verlesungen beginnen sofort bei den ersten §§ von Register I; ihre Hauptquellen sind die folgenden: es wird verlesen: calst: Haletdac 257. Helprit 263. Foldet 282; calse: Liutdae 233 (vgl. Liutdag 234); u als n: Lentghard 228; u als r: Gerlero 262 (st. Gerleuo); r als n: Henred 310 (vgl. Herred 295. 364. 449); b als h mehrfach in -hold; h als b: Ragenberi 4741); f als S: Alsmar 245. Alsward 356; in als m: Wermand 220. Remmund 274; al als ed: Adedger. Fälschlich getrennt 2) ist das 372. 453. 483 richtig gelesene (388 zu Dangwelp entstellte) Dagwelp in Dag Welp 302 und mit einem weiteru Lesefehler in Dal Welp 273; irrig zusammengerückt Hiddi-milo 456.

es

Eigentliche Schreibfehler sind noch seltener, und die meisten handelt sich in der Regel um Fortlassung eines Buchstabens (Hraward für Hranward 242b. Afger für Alfger 328), Ueberspringen oder mechanische Assimilation hat der Copist bei einer Revision im Text, ja bei Ortsnamen oft schon ganz von selbst in der Wiederholung am Rande richtig gestellt. Das letztere ist z. B. der Fall bei einer an sich jedem erkenntlichen Fehlergruppe, die durch

1) 268 ist Reinhern nicht umgekehrt in Reinbern zu bessern (das nie weiter vorkommt), sondern in Reinheri: es ist unter dem mechanischen Nachwürken des vorausgehenden Wicbern entstanden.

2) Man bedenke, dass in der Vorlage wie ja auch in der Abschrift noch fast durchweg die Eigennamen keinen Majuskeleingang haben.

>

Marcberterhuf 298b. Wuringererhusun 301. Meyngererhuf 313 reprä

sentiert wird.

(Wigands Abdruck hat diese Fehler noch um ein geringes vermehrt, ist aber im allgemeinen, wie mich eine genaue Collation überzeugt hat, recht zuverlässig).

Ich habe eine naheliegende, aber von Wigand und Dürre nirgends direct ausgesprochene Erkenntnis oben unter der Hand vorausgenommen : dass wir es nämlich bei den Vorlagen des Johannes nicht mit Theilen oder Bruchstücken eines einheitlichen Unternehmens, sondern mit zwei ganz verschiedenen Registern zu thun haben, die freilich derselben Zeit und Tendenz entstammen mögen.

Das Register II unterscheidet sich auf den ersten Blick durch grössere Knappheit vom Register I: während dieses entweder die vollen Zeugenreihen oder doch den Anfang derselben, dann mit Nennung der Rest- oder Gesammtzahl bietet (das nähere s. u. S. 45), lässt II die Zeugen ganz fort: mit einer einzigen Ausnahme beim § 40, wo eine vielleicht in dem vorliegenden Chartular nicht eingereihte - objective - Traditionsnotiz in extenso mitgetheilt wird; ferner fehlen die Namen der Mancipien, ausser in § 41, wo der Verf. unwillkürlich noch etwas in der Ausführlickeit von § 40 blieb. Dagegen hat II vor I voraus die fast durchgängige Angabe des Namens in den Traditionen pro filio und pro fratre, welche so schöne Anhaltspuncte für die Feststellung der Chronologie bietet; I verschweigt in der Regel den Namen des oblatus 1) und entzieht uns so ein wichtiges Kriterium der Zeitfolge.

Die einheitliche Redaction von II lässt sich nun auch noch sehr gut an gewissen sprachlichen Eigenthümlichkeiten nachweisen. Ich greife eine heraus, die besonders instructiv ist. Der Verfasser latinisiert mit einer durchaus individuellen Consequenz oder auch Inconsequenz: während er beispielsweise die Männer- und Frauennamen auf -red in 12 Fällen, wo sie vorkommen, in dieser alterthümlichen niederdeutschen Form belässt und erst ganz zuletzt 220 einen Abl. Conrado anwendet, hat er umgekehrt die Namen auf -mer, -mar fast durchgehends zu -marus umgeschaffen: er bringt in 32 Fällen: 18 Thiatmarus, -0; 10 Volcmarus, -0; 3 Thangmarus, -0; 1 Reginmaro; nur 2mal hat er -mer (Hathumer 41. Bermer 125) und ganz gegen Schluss auch 2mal das im 11. Jh. durchdringende -mar (Volcmar 203! 222). Dem gegenüber hat das Register I: 54-mer, 12-mar und nur 6-marus. I latinisiert überhaupt nicht selbständig, und so nimmt es nicht Wunder, wenn auch hier bei -red, -rad die lateinischen Formen zurücktreten: immerhin findet man auf 33 deutsche 4 lateinische Formen, sämmtlich auf -radus 1). Der Catalogus abbatum et fratrum aber, dessen Hs. zwar erst um 1150 entstand, aber die ursprüngliche Schreibung der einzelnen Listen mit ziemlicher Deutlichkeit bewahrt hat, kennt für das 9. und 10. Jh. sowohl -redus (Alfredus unter Adalger, Folcredus unter Thietmar) als -radus (Hrodradus unter Bovo I, Bernradus unter Bovo III, Wlfratus unter Liudolf), vom 11. Jh. ab nur noch -radus.

1) Besonders merkwürdig in solchen Fällen wie §§ 425 u. 429, wo der Grund der Schenkung so ausführlich angegeben wird: Tradidit Reddag (Adalhardus), quando filium suum obtulit ad reliquias sanctorum Stephani atque Viti, mansum unum etc.

Von überraschender Consequenz erweist sich ferner in II die Schreibung der Personennamen mit dem alten Theod-, was wenigstens den Vocal anbetrifft: sehen wir von dem einen latinisierten Theodericus in § 37 ab, so bleiben 41 Fälle von solchen Namen übrig 2), die durchgehends ia bieten: Thiad-, Thiat-, Tiat-, Tiad-, andere Variationen kommen nicht vor, weder Thiod- noch Thied-, die wir zeitlich allesfalls doch erwarten dürften. Es ist möglich, dass auch die Urkunden resp. das Chartular des 10.-11. Jhs, das unserem Register vorausliegt, schon so consequent waren. Aber es ist unglaublich, dass der Verfasser des Registers, dem wir in einem Puncte ein Normalisieren nachgewiesen haben, diese ia-Formen durchweg beibehielt, wenn sie nicht die ihm geläufigen waren: dass er consequent 41mal einen Laut und eine Buchstabengruppe fixierte, die ihm fremd war. Also haben wir hier zum mindesten ein festes, sicheres Kriterium für das Alter des Registers II: es muss in der ersten Hälfte des 11. Jhs. entstanden sein, da man später allgemein Thied-, Thiet- schrieb. So bietet der Catalogus bis zum Jahre 1050 Thiat-, Thiad-, mit Ausnahme eines Thidericus (zw. 1001 und 1010), nach dieser Zeit hat er nur noch einen Thiatmarus, sonst Thiemmo, Thietmarus, Thitmarus, Thidericus. Die von unserm Schreiber Johannes abgeschriebene Heberolle, die nach Spancken (Westfäl. Zeitschr. 21, 25 f.) und Wilmans (Kaiserurkunden Westfahlens I, 458) jedesfalls in ihren Hauptpartien der Zeit vor 1080 angehört, hat mit einer einzigen Ausnahme (§ 10 Thiadbern) durchweg ie: auch auf der (von Wilmans im Alter so überschätzten) Rückseite des Originalfragments steht beidemal Thiedulf. Ebenso hat die einzige erhaltene Privaturkunde dieser Zeit, die wir im Original heranziehen können, die Tradition bei Erhard Cod. I Nr. CLX (1081-1106) beidemal Thietburga. (Die Annales Corbeienses, die zum J. 1001 noch Thiadmarus schreiben, bieten leider für die Folgezeit keine Controlbelege). Das grosse Hörigenverzeichnis im Corveyer Msc. I 132 p. 3—18, dessen älteste Theile freilich schon dem 12. Jahrhundert angehören, hat nie mehr ia, sondern neben Thietbert, Thietburg, Thietmunt, Thiethart, Thietmar, Thiedwin constant Thidericus, vereinzelt Thitmar, Thetmar.

1) Diese Formen auf -radus und -marus stammen aus dem hochdeutschen Gebiete, aus dem auch der ganze unsächsische Name Conrad(us) im 10. Jh. importiert ist. Sie sind für sprachliche Untersuchungen so gut wie wertlos. Aber freilich bedürfen wir dringend einer Studie über Alter, Heimat und Ausbreitung der Latinisierungen: schon die Geschichte des langobardischen garius und seiner Verdrängung durch das deutsche -gerus ist einer Untersuchung werth.

2) Personennamen! denn die leicht abgeschliffenen Ortsnamen zeigen eine wechselnde Physiognomie: neben Thiadwinigthorpe (44) und Thiaddageshuf (116) haben wir Thieddeg(h)eshuf (146. 160), ja sogar schon Tieddikeshuf 125. (heute Tiedexen'); ferner Thiedressun (156) und andererseits Thetmereshuf (170b).

Aehnlich wie bei Thiad- liegt die Sache auch bei Adal-, wo freilich die Zahl der Beispiele niedriger ist. Von dem einen Athaldus § 16 abgesehen, bei dem es unsicher bleibt, ob er als Hatholdus (vgl. § 11) oder als Athaloldus (vgl. § 101) aufzufassen ist, haben wir ausschliesslich Adal-: 7mal 1). Auch diese Form wird in der zweiten Hälfte des 11. Jhs., etwas später als Thiad-, verdrängt: durch Adel-. Die zeitgenössischen Aufzeichnungen der Annales Corbeienses haben nach der Mitte des 11. Jhs. nur noch Adel-: Adelbertus 1067. Adelheida 1094. Adelbertus 1112. Etwas weiter zurück ist das Hörigenverzeichnis, in dessen ältern Partien durchschnittlich auf 5 Adel- noch 3 Adal- kommen, und noch weiter die Heberolle, wo ich 2 Adel- und 5 Adal- zähle. Im „Catalogus" schliesslich tritt der Wandel erst um 1100 ein. [Im Verbrüderungsbuch kommt wieder Athel- auf.]

Auch die Formen des Dativus Pluralis darf man für die Chronologie in Anschlag bringen: um die Mitte des 11. Jhs. treten in Paderborn und der Wesergegend die jüngern Formen auf -on, seltener -an in den Vordergrund. Die Mindener Urkunde v. J. 1055 bei Erhard Cod. Nr. CXLVIII weist schon ausschliesslich (10mal) -huson, -esson, -ungon usw. auf; von 2 Corveyer Privaturkunden dieser Zeit, die ich im Original eingesehen habe, hat die ältere v. J. 1078 (vgl. Erhard Reg. Nr. 1179): Valahusun, Aueredessun und daneben Werethan, die oben citierte Tradition aus der Zeit Abt Marcwards (nach 1081) Horehuson. In der Heberolle hat -huson bereits das Uebergewicht über -husun, während im übrigen noch die Formen mit -un im Vorsprung sind. In unserem Register nun finden sich neben einer starken Ueber

1) Adilger § 39 ist natürlich = Odilger.

« PrethodnaNastavi »