zahl 1) des alten -un erst 6-8 Beispiele (sie sind nicht alle etymologisch sicher) für -an: Vinclaan 27. Swehtharan 70. Criepan 65. Holthusan 204b. Karlasthan 204a. Fersthan 82. Ballevan 171. Manderiwesteran 11 (vgl. Dürre, Westfäl. Zeitschr. 42 II, 11), und nur ein -on, in dem etymologisch unsichern Hiadanoson 219. Im Verlaufe des 11. Jahrhunderts tritt ferner in Corvey, wie ich oben schon einmal angedeutet habe, eine deutliche Neigung auf, sich von der niederdeutschen Schreibung der Eigennamen zu emancipieren. Ich werde über diese und verwandte Erscheinungen an anderer Stelle und in anderm Zusammenhang handeln und will hier nur kurz anführen, worum es sich handelt: man schreibt jetzt gern -dorph und -heim statt -thorp (torp, dorp) und -hem, man schreibt -rihc und -rat statt-ric und -red, Ruothart und Buovo statt Rodhard und Bovo; man bildet Koseformen auf -icho statt -ico und verräth bei alledem doch eine grosse Unsicherheit, wie wenn z. B. das Hörigenverzeichnis das oberdeutsche & auf Gözwin, Ortwin, Poppo, Osdag überträgt. Zeugen für diese Tendenz sind fast alle schriftlichen Ueberreste aus dieser Zeit: die Heberolle am stärksten, aber recht deutlich auch die Hörigenliste, das Verbrüderungsbuch und die Annalen. Ein hübsches Beispiel aus den Annalen kann ich mich nicht enthalten hier anzuführen. Im Jahre 1103, als der vertriebene Abt Marcward zurückgekehrt war und die Güterverleihungen des Usurpators Günther rückgängig machte (Jaffé S. 41): Eppo vir potens Höltessen remittere noluit, set ait: Cum Huclehem dimittam et Huldesson. Et factum est: nam brevi post occisus... Hucleheim, Höltesson et vitam perdidit. Man beachte, wie der Berichterstatter dem widerspänstigen Niedersachsen eine andere Lautform in den Mund legt als die, deren er sich selbst bedient: er macht es freilich recht ungeschickt, aber die Absicht liegt doch zu Tage. Von alledem findet sich nichts in unsern Registern: der Schreiber Johannes hat es uns sicher nicht unterschlagen, denn er erklärt bei der Heberolle, wo es ihm auffiel, dass er all das „securitatis amplioris gratia" beibehalten wolle (Wigand Archiv I 3, 57 n. **). Es steht also nunmehr nichts weiter im Wege, diesen Theil der Vorlage mit der Originalhs. des Registrum II zu identificieren und dessen Abfassung in jenes Jahr 1037 zu legen, dem die Urkunde des Schlusses (§ 224) angehört. Wie umständlich! wird mancher Leser ausrufen: das war doch sogut wie gegeben. Meinetwegen, aber der Philologe, der diese Quellen für die Sprachgeschichte nutzbar machen will, muss alle bösen Fall 1) Procentzahlen lassen sich nicht angeben: schon wegen der massenhaften -huf und dann wegen der sicher dem Copisten Johannes zugehörigen -en. 1 stricke, die Möglichkeit von Zwischenhandschriften, Nachträgen, Einschaltungen aus dem Wege räumen, und das habe ich hier mit unserem gewöhnlichen Handwerkszeug gethan. Nun will ich den Verfasser des Registers II, ehe ich ihn verlasse, nur noch von dem Verdachte befreien, als sei er ein sprachlicher Corrector, der uns bloss seine eigene Sprache und Orthographie hinterlassen, die wechselnde Lautgebung seiner Vorlagen völlig normalisiert habe. Seine Thätigkeit in dieser Hinsicht war eine sehr beschränkte: für gewisse, häufig wiederkehrende Namen hat er allerdings eine Normalform, so eben bei Thiad-, Adal-, -marus, und diese führt er in seine knappen Regesten gewiss auch da ein, wo die Vorlage sich anders verhielt. Aber man darf sich diese Eingriffe nicht zu radical vorstellen: der Zeitraum, den er umspannte, war weder gross genug, noch für die Sprachgeschichte so ereignisreich, dass er bei seinem Material etwa, wie wir es bald beim Register I sehen werden, auf eine ganze Stufenleiter von Wandlungen des gleichen Lautes zu stossen brauchte. Dagegen drängten sich allerdings überall dialectische Erscheinungen vor, und diese hat er mit grosser Zurückhaltung behandelt, in der Mehrzahl einfach unangetastet gelassen. Es ist hier nicht der Platz, darauf näher einzugehen: ich will nur ein paar Proben geben. Die Tradition § 22a ist von Asdehc pro coniuge sua Hathuburh 1) gestiftet, die zweitfolgende § 23 von Osdach comes et coniux eius Hadeburg. Weder Dürre noch Förstemann haben gesehen, dass das dasselbe Paar ist: die doppelte dialectische Abweichung in Asdehc gegenüber Osdach ist gerade in diesem Register vielfach bezeugt, vgl. z. Bô > â in Astereshuf 24; Vinclaan 27. Aewerlan 219. Bocla 224; Rarbeke 35; Radenbeki 6; Radi 53; Hanbrunnen 55; Marungun 156; Adilger 39; und anderseits a > e in Nedeg 44. Herdeg 82. Werdeg 206. In einigen §§ häuft sich das dialectische förmlich; so in § 82, wo wir verschiedene Arten des Uebergangs von a > e in Herdeg und Mercsuit, zweimal die Assimilation ld > ll in Hillikesfelle haben; in § 78, wo der Uebergang des Umlauts-e in i durch Wyndele, Wyrinhardus, Bikihuf vertreten ist und daneben noch das durch An- und Auslaut bemerkenswerthe Enna (= Anno) begegnet; § 170, wo das erstere wieder in Silihem, ld > ll in Rotholleshus (d. i. Hrodoldes-) zu Tage tritt. Die Kenntnis und genaue Beobachtung dieser mundartlichen Erscheinungen ist für jeden nothwendig, der diese Traditionen für die niedersächsische Territorialgeschichte nutzbar machen will. Der sonst höchst werthvolle Commentar zu den Ortsnamen der Traditionen, den Dürre in der Westfäl. Zeitschrift Bd. 41 und 42 veröffentlicht hat, lässt das an mancher Stelle empfinden. 1) So die Hs., nicht -deht und -burch, wie bei Wigand steht; ich bemerke ein für allemal, dass meine Abweichungen von Wigand auf eine Collation begründet sind. Ich wende mich nun zum Register I, das uns, woran ich erinnern will, als Torso überliefert ist, während wir II vollständig besitzen. Auch dies Register ist aller Wahrscheinlichkeit nach das Werk eines Mannes, der sich darüber mitten in seiner Arbeit, in einer Note zu § 373 ausspricht. Er entschuldigt sich hier, wie kürzer schon vorher in §§ 329 und 354 (.. et alii XI [X] quos causa brevitatis hic obmitto), dass er nicht das ganze 65stellige Zeugenregister mittheile: presertim etiam quod in alio registro omnes nominatim et expresse habentur, ex quo videlicet registro hec collecta et hic in unum conscripta sunt; dieser Hinweis wiederholt sich § 437: ut patet in alio registro. Offenbar erhielt er den Auftrag, die mehrbändigen Chartularien zu einem übersichtlichen Auszug zu verarbeiten, der natürlich diese selbst nicht überflüssig machte. Aber während der Autor von II, dem ein ähnlicher Auftrag das spätere Material zuwies, dabei nach ganz bestimmten Principien verfahren ist, die er vorher festgelegt hatte, hat I im Laufe der Arbeit seine Grundsätze wiederholt gewechselt. Das wesentliche will ich hier anführen: Auf den § 225, der nur die Ueberschrift für den ersten, am Schlusse leider nicht markierten Abschnitt (Traditionen unter Adalhard) bietet, folgen zunächst 3 Schenkungen (§ 226abc), in denen alle Zeugen genannt und zum Schlusse noch einmal ihre Gesammtzahl angegeben ist: numero XII u. ä. Schon in § 227 bleibt die letztere als überflüssig fort, aber bis § 308 werden die Zeugenlisten vollständig gegeben. §§ 309-311 wird zuerst ein abgekürztes Verfahren probiert: auf den Anfang der Zeugenliste (es sind jedesmal 4 genannt) folgt ein etc. omnes numero XV (resp. XXII. XXIII). § 312 hat nur 4 Zeugen, die voll genannt sind. Von § 313 bis § 450 herrscht dann das Princip, kleine Listen von 2-6 Zengen unverkürzt zu geben, bei allen grössern aber nur die ersten 4, 5, 6 zu nennen und dann mit et alii quinque u. ä. zu schliessen 1). In diese Partie fallen alle oben aufgeführten Entschuldigungen und Verweise. Von § 451 bis zum Schluss unserer Ueberlieferung sind die Zeugen wieder vollständig gegeben. 4) Man könnte diesen Abschnitt auch erst mit § 452 schliessen, da es sich in 451 nur um 3, in 452 nur um 4 Zeugen handelt, wo also Vollständigkeit unter allen Umständen gegeben war. Auffällig ist eigentlich nur diese Rückkehr zur Vollständigkeit, und ich habe mir darum die Frage vorgelegt, ob nicht am Ende hier doch ein anderer Bearbeiter eingetreten sei. Aber ich habe weder im lateinischen Ausdruck noch in der sprachlichen Behandlung der deutschen Wörter irgend einen Anhaltspunct gefunden. Es war offenbar ein recht unselbständiger Herr, der sich bei der Kürzung der Zeugenreihe nicht recht wohl fühlte und, nachdem er wiederholt durch Entschuldigungen und Verweise auf das „alium registrum" sein Gewissen zu beschwichtigen gesucht hatte, schliesslich wieder bei getreulicher Nennung aller Namen Ruhe suchte. Dieser Unsicherheit entspricht, für den Philologen sehr werthvoll, seine durchgehende Nachgiebigkeit gegen alle orthographischen Schwankungen der Vorlage. Von Ansätzen zur sprachlichen Regelung ist bei ihm nichts zu spüren, wir lernen alle Wandlungen der Orthographie und allerlei Schreiberindividualitäten so getreu kennen, wie sie die Chartulare bewahrt hatten. Und dass solche Chartulare des 9. Jhs. ihrerseits sehr gewissenhaft die Originalurkunden wiedergaben, das wissen wir aus Fulda und Freising. Was also in seinem Register fehlt, das hat er gewiss auch nicht im Chartular gefunden. denn Ich will aus dem sehr reichen Beobachtungsmaterial Register I enthält wohl viermal so viele Namen als II nur einiges herausgreifen, um mein obiges Urtheil zu bestätigen und den von Dürre gelieferten Nachweis der chronologischen Anordnung auch dieses Registers zu vervollständigen. Beginnen will ich mit einer Beobachtung, an die sich ein weitergehendes Interesse heftet. Im ersten Drittel etwa des Registers I finden sich eine Reihe von Formen mit ch, die auf den ersten Blick halbhochdeutsch scheinen: Willibechi 229. Haslbechi 255. Astenbechi 277. Rimbechi 316. Billurbechi 319; weiter Ambrichi 257. Aluchi 281b. Dem Copisten Johannes können sie schon aus dem Grunde nicht gehören, weil er als guter Niedersachse vielmehr eine starke Abneigung gegen das obliquum ideoma' des Hochdeutschen 1) zeigt: er hat auch in der That ausser bei Ambrichi stets die ihm geläufige Form mit k an den Rand geschrieben: Willibeke, Hasselbeke, Aluke usw. Also sind sie alt und stammen mindestens aus dem Chartular. In die gleiche Kategorie gehören noch: die Ortsnamen Chirsenbrucge 266 und Bochinafeld 239 und der Personenname Gichi 246. 255. 264; ferner die Schreibung sch in Tuischinun 284 und in Scherua 272a. 272b. 300. Diesem 11maligen ch, 4maligen sch vor i (e) steht nun innerhalb des Abschnitts von § 225-§ 320 gegenüber 9mal k vor i (e) und 3mal se (Scerua 265, -sced zweimal 310). Die k vor hellem Vokal finden sich 4mal in beke: Waritbeke 235. Saltbeke 252. Swenabeke 258. Lianbeke 297; diese Formen, wie sie dastehen, sind aber sicher Eigenthum des Johannes, der sich durch Abneigung gegen die fremdartigen Wortbilder doch zuweilen verleiten liess, seine eigenen einzuführen: in seiner Vorlage könnte er ausser -bechi nur -beki gefunden haben, wie er dann später 351 und 362 auch richtig Billurbeki schreibt. Ebenso sind die drei Giki (Ghikin) 236. 293. 314 gegenüber den 3 Gichi, um die sie sich gruppieren, verdächtig. Es bleiben noch die Zeugen Keto 1) 233 und Kedi 269. Von 320 ab dagegen ist das ch vor Palatalvocal wie weggeblasen: k herscht durchaus, und das eine Bechina 399 bedarf einer besondern Beurtheilung, wie Bech § 38, Bechi und Bechinun Heberolle § 6 u. § 40 darthun. Das Register II kennt chi überhaupt nicht. 1) S. bei Wigand a. a. O. S. 57 n. **. Ich glaube also, dass die 12 (+4) gut bezeugten ch (sch) gegenüber den mehr oder weniger verdächtigen 9 (+3) k (sc) es wahrscheinlich machen, dass man in Corvey bis ungefähr zur Tradition 320 hinab zur Bezeichnung des k-Lautes vor hellem Vocal nur die Verbindung ch kannte; vor dunkelem Vocal, ferner vor r, l, n wurde c angewendet. Das k-Zeichen war also allem Anschein nach der altcorveyischen Orthographie noch fremd 2)! Es war ihr fremd noch in den dreissiger Jahren, in welche wir die Traditionen um 300 herum unbedingt setzen müssen, vielleicht sogar bis gegen das Jahr 840 hin. Das ist ein neues, recht gewichtiges Bedenken gegen die Hypothese von der Entstehung des Heliand in Corvey, welche neuerdings von Kauffmann Germania 37, 369 ff. mit jugendlichem Feuereifer vertheidigt worden ist 3). 1) Offenbar derselbe Name wie bei Dronke Nr. 246 (ao. 809) Ceto und im Catalogus abbatum et fratrum Corb. unter Warinus (verlesen) Celo. 2) Kauffmann in seinem schon durch den Gegenstand verdienstlichen Aufsatz über die älteste Schreibung des k-Lauts Germ. 37, 243 ff. hat Niederdeutschland nicht berücksichtigt. 3) Ich bin lange ein stiller Liebhaber der gleichen Vorstellung gewesen und möchte den Anhängern der corveyischen Hypothese, indem ich mich jetzt von ihnen verabschiede, doch auch ein Schutzmittel aus den Traditionen hervorholen. Jostes hat in seinen einschneidenden Untersuchungen über die Heimat unserer altsächsischen Denkmäler (Zeitschrift f. d. Alt. 40) auch mit grosser Bestimmtheit ausgesprochen, dass eine Aussprache des anlautenden g, welche den im Heliand üblichen Stabreim auf j erkläre, in Westfalen heute und erst recht für die alte Zeit undenkbar sei. Nun, für die Oberwesergegend trifft das im 9. und 10. Jh. jedesfalls nicht zu: die Tradd. Corb. bieten § 52 Jerberth und sogar (in ihren beiden Theilen!) für Gericu und Geroldus die überraschende Schreibung Hierica 231 und Hieroldus 187. Woher diese stammt, ist klar: |