als Augenzeugen sprechen konnten, von den wirklichen Vorgängen Kunde erhalten. Ich möchte demnach annehmen, dass der König nicht unmittelbar vor dem Burgthor, sondern zu Füssen des Burgfelsens das Ergebnis seiner Verhandlungen mit dem Papste abgewartet hat 1). Allerdings wird er dann nach Abschluss der Verhandlungen wiederum als Büssender, also in dem gleichen Aufzug, wie er sich während der letzten drei Tage den Augen der Unterhändler dargestellt haben mag, vor dem Papste selbst erschienen sein 2). Es war nicht eigentlich eine Busse, wie H.-E. meint, sondern vielmehr eine nicht eben ungewöhnliche Demüthigung. Bei dieser Gelegenheit mag dann der unglückliche König die bittere Kälte des Winters 1076/77 besonders hart empfunden haben. Diese meine Auffassung, die von derjenigen Holder-Eggers zunächst nur inbezug auf die Frage nach dem Aufenthaltsort des Königs abweicht, finde ich nun bestätigt durch den Bericht Donizos 3). Drei Tage lang hat man vergebens über eine Aussöhnung des Königs mit dem Papste verhandelt, und der König denkt bereits daran, wieder abzuziehen. Da begiebt er sich nach der Kapelle des hl. Nicolaus, woselbst er Hugo und Mathilde antrifft. Er bittet Hugo, sich für ihn zu verbürgen, und da der Abt trotz der Bitten Mathildens sich weigert und den König an die letztere verweist, fällt der König vor der mächtigen Markgräfin auf die Kniee. Mathilde erhebt sich, verlässt die Kapelle, nachdem sie dem König Erfüllung seiner Bitte versprochen, und steigt hinauf zur Burg, während der König unten zurückbleibt. Ich stimme vollständig mit Meyer v. Kn. überein, wenn er die Kapelle des hl. Nicolaus nicht nach dem Vorgange Holder-Eggers mit der Burgkapelle identificiert, sondern sie unten in Canossa sucht. Dagegen vermag ich Meyer v. Kn. nicht zu folgen, wenn er weiter annimmt, Donizo habe die drei Tage zu früh hereingezogen, die Verhandlungen, von denen er berichte, gehörten einem früheren Stadium an. Ueber den Zeitpunkt, mit welchem diese Verhandlungen einsetzen, sind wir doch ganz genau unterrichtet. Nachdem Heinrich schon wiederholt Boten an den Papst gesandt und Genugthuung angeboten, liess er nach seiner Ankunft in Reggio den Abt Hugo und die Markgräfin Mathilde bitten, ihm entgegenzukommen. Sie trafen ihn zwischen Reggio und Canossa 1). Damit beginnen doch erst die Verhandlungen. Fortgesetzt aber wurden sie in Canossa selbst. Denn nachdem Abt Hugo und die Markgräfin Mathilde in Begleitung der Markgräfin Adelheid den König verlassen hatten und nach Canossa zurückgekehrt waren, folgte ihnen der König auf dem Fusse. 1) Der Ausdruck: ante portam castri darf eben nicht im allerengsten Sinne aufgefasst werden. 2) Vgl. Arnulf Gesta ep. Med. 3) Vita Mathildis (MGSS XII). Es will mir aber auch scheinen, als ob der Bericht Donizos an andere Berichte anklänge. Der Annalist erzählt uns, Gregor habe anfangs das Begehren gestellt, dass Heinrich die ihm auferlegten Bedingungen entweder selbst beschwöre, oder (?) durch bestimmte Zeugen beschwören lasse, indem er sich den Unterhändlern gegenüber für deren Eid verbürge. Schliesslich habe man doch bei Gregor durchgesetzt, dass der König nicht selbst zu schwören brauche 2). In diesen Zusammenhang scheint mir das von Donizo Erzählte hineingezugehören. Nur hat er einen zweifellos historischen Vorgang in seiner Weise motiviert. Während Heinrich in Wirklichkeit die eingegangenen Bedingungen durch Abt Hugo verbürgen und durch die Markgräfinnen Mathilde und Adelheid beschwören liess, weil er es für unköniglich hielt, selbst zu schwören, zeigt sich Donizo von der Auffassung beherrscht, als ob der Eid des Königs nicht für ausreichend erachtet worden sei. Deshalb habe er nach einander Hugo und Mathilde um ihre Bürgschaft gebeten; den Worten Mathildens habe dann Gregor Glauben geschenkt 3). Es erscheint mir demnach unzweifelhaft, dass die drei Tage Donizos sich vollständig decken mit den drei Tagen der anderen Berichte. Wo bleibt da aber Raum für zeitweises Bussestehen vor dem Burgthor? Doch einem Einwand muss ich noch begegnen. Den Versen Donizos ist eine bildliche Darstellung beigegeben, die uns den Fussfall des Königs vor Mathilde vor Augen führt 4). Der König aber trägt kein Bussgewand und erscheint auch nicht ohne Schuhe. Darauf hat Meyer v. Kn. noch besonders hingewiesen. Indessen welches war wohl der Zweck dieser bildlichen Darstellung? Wollte sie einen denkwürdigen Vorgang getreu nach der Wirklichkeit vorführen, oder so, dass dadurch neue Glorie auf das Haupt der Markgräfin fiel? Wenn schon, dann meine ich, musste es doch ein wirklicher König sein, der da vor Mathilde das Knie beugte, ein König vom Scheitel bis zur Zehe, nicht ein König in Sack und Asche. 1) Zu vgl. Lampert und der Annalist. 2) Tandem vero, ne ipse iuraret, vix apud papam interventum est. 3) Sinceris dictis dominae venerabilis iste credidit antistes. 4) SS XII, Tafel III. Damit möge diesen Ausführungen ein Ziel gesetzt sein. Sie vermessen sich nicht, die aufgeworfenen Fragen endgiltig gelöst zu haben. Mögen sie nur wenigstens zu deren Lösung in etwas beitragen. Cassel. Heinrich Otto. 1 Maximilian II. an Ferdinand I. Linz 11. Mai (1562). Im Archive des k. k. Ministeriums des Innern (Signatur I. A 2 Boehmen, 1 ex 1562, Carton 3009) findet sich bei den die böhmische Königskrönung Maximilians II. betreffenden Acten das nachstehend mitgetheilte ganz eigenhändige Schreiben König Maximilians (II.) an seinen Vater, das mir einerseits als eine vertrauliche, von politischen Rücksichten nicht beeinflusste Aeusserung des Schreibers, anderseits auch besonders darum der Veröffentlichung wert erscheint, weil in demselben, namentlich aber in dem ganz im Sinne dankbarer Ergebenheit gehaltenen Schlusse, ein Ausdruck für die Wendung in dem zwei Jahre vorher noch recht unerquicklichen Verhältnisse beider zu einander gegeben ist. Ich bringe den Brief als Original ganz getreu zum Abdruck, nur schreibe ich die Eigennamen gross Maximilian schreibt alles, ausgenommen die Anfangsbuchstaben der (im Abdruck beibehaltenen) Absätze, klein - und ersetze einigemale u durch v; sonstige Aenderungen führe ich in Anmerkung an. Der Brief lautet folgendermassen : Allerdurchleuchtigister grosmechtigister kay(ser) allergnedigister geliebster herr und vatter, ich haw E. Kay. Mt. 2 schraiwen so sie mir mit aigner handt gethon sambt ainen andern aus der cantzlai, betrefend die frankfortische handlung, mit geburender reverentz empfangen, darauf ich dan E. Kay. Mt. auch gehorsamist beantwort und umb furderlichen beschad bitt, nachdem die zait so gar khurtz ist. So vil awer den hertzogen von Barn 1) betrift, halt ich noch für das besste, nachdem sain lieb2) zu eren khümen will, damit wier baide mit ainander gen Prag ankhamen und zum Tabor zusamen schtosen mochten, ich halt auch darfuer, es werde sainer lieb so vil ich gemerkht unbeschwarlich sain. 1) Jedenfalls ist Barn als Bairn (Baiern) aufzufassen. 2) or (immer): 1. E. May. Mt. vermelden auch gnedigist, das sie mier aus der behaimischen kantzlai schraiwen, so fil die behamisch cronung 1) betrift, welliches mier bissher noch nit zuekhumen ist. Ich haw auch dem doctor Gienger E. Kay. Mt. resolucion angezaigt betreffend die erlassung der taglichen ratt, des thuet er sich gehorsamist bedankhen mit dem gehorsamen vermelden, er hette sich glaich wol versehen, E. Kay. Mt. sollten ine des bischoflichen amts erlassen hawen, derzue er sich fur gar untaugelich eracht 2). Ich will auch E. Kay. Mt. genedigisten befelch nach mit dem ehisten zu mainer khinder schtat 3) graifen und als dan den selben 4) derselben gehorsamist uberschikhen; E. Kay. Mt. hawen mier auch ain sondere gnad erzaigt, das dem Spinola 5) das schtalmaister ambt gnadigist bewilliget hawn. Ordinem coronationis in Bohemia haw ich empfangen, des ich mich zum unterthanigisten bedankhen thue; so fil auch die kladung darzu betrift, die will ich machen lassen, alan 6) bitt ich diemuetigist, sie wellen mich gnadigist berichten, ob solliche kladung mier alsdan belaiben oder awer aliquo officiali zueschtendig saind. Das auch E. Kay. Mt. die sachen zwischen mainen briedern auf ainen so gueten weg gericht 7), das thue ich mich zum unterthanigisten bedankhen, halts auch fur ain nottorft, das main herr bruder Carl etzlich tag vor mainen verrukhen hieher khume, damit sein lieb moge bericht werden aller handlungen 8), bitt auch dieselb wellen mich gnadigist berichten, auf was tag sein lieb herkhumen werden. So fil auch den von Hernschtain 9) und von Fels 10) betrift, lass ich mier dieselwen zu raten zu gebrauchen unterthanigist wolgefallen; E. Kay. Mt. werden mainem herr 1) bruder auch wissen ordnung zu gewen, in was raten sie werden zu gebrauchen sain; und nachdem E. Kay. Mt. gnadigist wissen, wan man den ungerischen rat halt, das nuer Ungern derbai saind, nachdem sie awer seltzam und main herr brueder der handlung nit khindig und erforn, so schtele ich zu E. Kay Mt. gnadigistn bedenkhen, ow nit guet war, das der Bihler 2) und noch aner auch in den ungerischen rat mochten gezogen werden, dan consciencia Ungarorum est valde ampla, so raten sie zu zaiten hinain es gehe glaich wie es welle; E. Kay. Mt. welle auch gnadigiste ordnung gewen, ow der Bihler sainem dienst wie bisher solle auswartn oder nit, wiewol ichs fur ain grosse notorft hielt, insonderhait derweil er umb alle sachen wais und gueten bericht thuen khan, und nachdem die kriegsrat fast im gebrauch hawen, das sie offt anhaims ziehen, so wierts ain grose notorft sain, damit inen E. Kay. Mt. gnadigist und ernstlich auferlegen, damit sie schtatz bai mainem herr brueder verharen und ierem dienst auswarten; wan E. Kay. Mt. auch des Taifls 3) geraten khunt in ierer hofcamer, so hielt ich derfier, das er in die hieigen camer und Kriegsratn gar nutzlich 4) bai mainem herr brueder ware, dan er gueter lait wol bedarf und nachdem E. Kay. Mt. wissen, wie es umb das kriegswesen geschaffen ist, wie auch die Ungern so gar bald klainmietig werden und nit gern wait von dem vatterland khumen, so gedunkt mich das allem wesen zu guet schier besser sain sold, das main herr brueder zu Wienn sain residentiam hawn mochte, dan gott low so ist es numer der schterblaif also geschafn, das sain lieb an alle gefar wol dortn sain mögen. 1) Die böhmische Krönung Maximilians fand erst am 20. September 1562 in Prag statt. Beschreibung der kgl. böhm. Krönung Max II. und seiner Gemahlin Maria zu Prag im Archive des k. k. Minist. d. Innern. I A 2. Böhmen 3 ex 1562. Carton 3009. Actenstücke betreffend den Landtag 1562 in Böhm. Landtagsverhandlungen. III 93-158. Maximiliam verliess Linz am 31. August und kam am 6. September bei Prag an, wohin ihm die Erzherzoge Ferdinand und Karl, seine Brüder von Prag aus entgegenritten. 2) Nach der Ernennung des bisherigen Bischofs von Wien Anton Brus von Müglitz zum Erzbischof von Prag (vgl. darüber Wiedemann, Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Lande u. d. Enns II 97) kam der geheime Rath und frühere Hofvicekanzler Dr. Georg Gienger, vgl. Sickel Th., Zur Geschichte des Concils von Trient Wien 1870) als Candidat für das Wiener Bisthum in Betracht (freundliche Mittheilung des Herrn Dr. S. Steinherz). 3) Kindespflicht. 4) Nämlich Dr. Gienger. 5) Welcher Spinola gemeint ist, kann ich nicht feststellen; der Name kommt häufig vor (Wiedemann II 661 IV 309; Turba, Venez. Depeschen vom Kaiserhofe III 261, 440); in den Hofstaatsverzeichnissen dieser Jahre finde ich ihn nicht. 6) allein. 7) Gemeint dürften Verfügungen und Ausgleichungen sein, die Theilungs frage betreffend. 8), damit sein handlungen am Rande nachgetragen. 9) Ein Haus Christof von Hornstein ist 1593 geheimer Rath und Hofmarschall (Wiedemann II 459); ob dieser gemeint ist freilich fraglich; die Hofstaatsverzeichnisse enthalten den Namen nicht. 10) Gemeint scheint Anselm von Fels zu sein, der 1559-1576 als Hofkammerrath in den Hofstaatsverzeichnissen erscheint (Staatsarchiv Hofstaatenfascikel). Und damit awer E. Kay. Mt., wan sie ow gott wil widerumen ins land khumen werden, ain bist 5) hawen mögen, so hielt ich fur guet, das E. Kay. Mt. mainem herr brueder auferlegten, das sain liebden der gejader so nahend umb Wienn verschonet, dan sain lieb gott low so schtark saind, das sie wol die waiter gelegnen gejader jagn mogen, dan auch sonst nit fil ubrigs vorhanden und wurde sich auch die auen khaum ain wenig mit hierschn besetzen, doch werden E. Kay. Mt. in allen denselwen gnadigisten gefallen nach wissen ordnung zu gewen. Lestlich allergnedigister herr und vatter, bedankh ich mich zum unterthanigisten der gantz vatterliche und getraien auch gnadigisten bemieung, so E. Kay. Mt. von mainentwegen auf sich laden, was auch das es unmuglich ist solliche grose erzagt woltatn zuverdienen; was ich awer nit khan verdienen, will ich gott troilich bitten, damit er mier sain gnad verlaich, damit ich mich gegen E. Kay. Mt. nit undankbar erzag, das er auch das so ich nit ver 1) or.; gemeint ist Erzherzog Carl, der als zukünftiger Herr Innerösterreichs an dem Schutze der Grenze gegen die Türken besonders interessiert ist und 1578 auch die Leitung der Vertheidigung derselben übernahm. Vgl. Huber, Geschichte Oesterreichs. IV. 367-369. 2) Der Name Bihler (Pichler, Püchler?) kommt in den Hofverzeichnissen nicht vor und ist mir auch sonst nicht begegnet. 3) Georg Teufel, 1557/8 Hofkammerrath, 1559-1576 geheimer Hofkriegsrath (gleichwohl auch in der Hofkammer beschäftigt), allem Anschein nach 1576 gestorben (Staatsarchiv Hofstaatenfascikel). 4) or. nutzli = ch. 5) Wild. |