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zwischen Elbe, Bille, Trave Ostsee, Peene und Elde entspricht so ziemlich genau dem Bereich der Bisthümer Ratzeburg und Mecklenburg zusammengenommen 1).

Durch diese Ansprüche waren nicht nur die neuzufestigenden slavischen Bisthümer, sondern ebensosehr der Metropolit des deutschen Nordens getroffen. Die Erweiterung des Verdener Sprengels bedeutete zugleich eine Ausdehnung der Mainzer Kirchenprovinz und eine Beeinträchtigung der Bremer. Das ganze Vorgehen hatte gerade damals gewisse Aussicht auf Erfolg, da der Einspruch des Erzbischofs von Bremen nicht zu fürchten war und da man Heinrich den Löwen zu dieser neuen Feindseligkeit gegen Bremen unschwer gewinnen zu können hoffte.

Da erfolgte ein ganz plötzlicher Umschwung. Friedrich I. gelang es 1157, Heinrich d. L. und Erzbischof Hartwig zu versöhnen; in voller Eintracht schreiten die beiden im folgenden Jahre zur Neuordnung der Kirche im Ostelbischen Gebiet. Verden wird in der Gründungsurkunde Heinrichs d. L. für das Bisthum Ratzeburg vom Jahre 1158 mit einer geringfügigen Besitzerweiterung bedacht, seine viel weitergehenden Ansprüche erhalten eine ziemlich unwirsche Abfertigung 2): „sedem episcopatus ei suisque successoribus ex auctoritate imperatoria in perpetuum designamus et terminos eius circumquaque, sicut in antiquis annalibus vel privilegiis Hammenburgensis ecclesie reperiuntur olim fuisse designati, protendimus et ab omni querimonia Verdensis, collatis ei dignis recompensationibus, videlicet Gorgerswerder et Reinerswerder, terminos Raceburgenses liberos reddidimus; execrantes etiam stulta quorundam imprudentum obloquia, statuimus etc. ebenso später: terminos etiam Raceburgensis episcopatus usque ad locum, ubi Bilna Albim influat, designavimus, annuente nobis et operam dante domino Hartwigo sancte Hammenburgensis ecclesie archiepiscopo 1). Es ist genau die Grenzlinie, die Verden für sich beansprucht hatte!

1) Dehio 1. c. 1 krit. Ausführungen 63.

2) Mecklenburg. UB. 1, Nr. 65 S. 57. die Urkunde selbst ist mehrfach angezweifelt. Nachdem noch der Herausgeber des Mecklenburg. UB. gegenüber älteren Angriffen für volle Originalität und Echtheit der Urk. eingetreten war, hält sie neuerdings v. Buchwald, Bischofs- und Fürstenurkunden des 12. und 13. Jh. S. 182-183 für eine 1174-1189 entstandende Innovation, die im Punkte der Dotierung des Ratzeburger Bisthums gegenüber der urspünglichen Gründungsurkunde interpoliert sei. Die neuen Gründe, die v. B. für seine Behauptung ins Feld führt, sind keineswegs schlagend; insbesonders ist es ein überwundener Standpunkt, die subjective Wahrheit einer Urk. aus der objectiven Unwahrheit derselben zu bestreiten. Die beachtenswerthen Mittheilungen, die v. B. über die äusseren Merkmale der Urk machte, verdienten zum Zweck eines abschliessenden Urtheils weiter verfolgt zu werden. Auf die Bedeutung der Urk. für unsere Frage hat zuerst Wigger, 1. c. 130 und nach ihm v. Buchwald hingewiesen, der den unsere Frage berührenden Theil der Urk. vollkommen unangefochten lässt.

Die Verdener Fälschung auf den Namen Karls d. Gr. ist demnach lediglich eine Quelle für die Geschichte des 12. Jahrhunderts, auch die eingehende Grenzbeschreibung ist nur für diese Zeit zu verwerten, und zwar gibt sie nur für das Gebiet westlich der Elbe die wirkliche, für das östlich des Stroms eine nur erstrebte, niemals erreichte Grenzlinie 2). Die Fälschung arbeitet ausschliesslich mit erborgten jüngeren Quellen; nirgends lässt sich nachweisen, dass ältere, echte Verdener Quellen mitbenützt sind 3). Dies zeigt sich deutlich darin, dass der Fälscher in dem einzigen Fall, in dem er genöthigt war, selbstständig von der Bremer Urkunde eine Nachricht in sein Machwerk einzuflechten, gründlich entgleiste. Während B Willehad als ersten Bischof von Bremen vollkommen richtig anzugeben weiss, nennt Vals solchen von Verden den bereits 713 verstorbenen Friesenmissionär Swidbert, der die Gegend von Verden wohl überhaupt kaum je betreten haben dürfte 1). Als thatsächlich erster Bischof von Verden ist uns der Ire Patto, Abt von Amorbach, leidlich gut bezeugt. Sein Todesjahr 788 gibt uns auch den einzigen Anhaltspunkt, seine Erhebung mit der am 13. Juli 787 erfolgten Weihe Willehads zum Bischof von Bremen ziemlich gleichzeitig anzusetzen 2). Dabei ist es noch immer wahrscheinlich, dass es sich zunächst lediglich um eine persönliche Auszeichnung für den als Missionär bereits verdienten Abt handelte, wobei ihm ein Sprengel zugewiesen wurde, der sich mit der späteren Verdener Diocese annähernd decken mochte. Die fortlaufende Reihe der Bischöfe von Verden beginnt erst mit etwa 830. Von einer genauen Diöcesanabgrenzung kann für diese frühe Zeit gar keine Rede sein, am wenigsten in der in unserer Fälschung dargelegten Weise.

1) Dass Hartwig von Bremen dabei seine Hand entscheidend im Spiel hatte, ersieht man aus beiden Stellen sehr bestimmt. v. Buchwald schiesst auch hier in ganz wunderlicher Weise über das Ziel, wenn er S. 120-121 Hartwig v. Bremen zur Entlarvung der Verdener Fälschung eigens eine Studienreise nach Korvey unternehmen lässt, um sich über Erfordernisse und Eigenschaften echter Karolinger Urkunden zu informieren, und den ganzen Fall als Beispiel für Regung von diplomatischer Kritik im Mittelalter anführt. Ich sehe keinen Grund, das ausdrückliche Zeugnis der Urk., dass die Zurückweisung Verdens auf Grund der entgegenstehenden Zeugnisse der Kirche von Bremen-Hamburg erfolgte, irgend anzuzweifeln. Dass letztere in ihrem Werth um keinen Deut besser bestellt waren als die Verdener, brauchte Erzbischof Hartwig nicht zu wissen und noch weniger zu verrathen. Den Gradmesser für die Werthschätzung beider lieferte einzig die Politik.

2) Die Logik des Schlusses von Böttger (Hodenberg, Verdener GQ. 2, 204), dass die Grenzen für 786 stimmen, weil sie für die Zeit um 1100 zutreffen, ist mir unfassbar.

3) Daher sind die Versuche von Böttger 1. c. und Koppmann, die ältesten Urk. des Erzbisthums Hamburg-Bremen, Göttinger Diss. Hamburg 1866, S. 53, den Kern der Urkunde für Karolingerzeit zu retten, mit Dehio 1, Krit. Ausf. 62 zurückzuweisen. Das Chronicon episcoporum Verdensium aus d. 14. Jh. (Leibnitz, SS. Brunswic. 2, 211) geht für diese ältere Partie auf keine selbständige echte Quelle zurück, sondern schreibt lediglich sehr gründlich unsere Fälschung aus: Anno inc. d. DCCLXXXVI. indict. XII. fundata et instituta est sedes huius ecclesiae Verdensis a glorioso domino Karolo Magno rege anno regni eius XIX, presidente sanctae Romanae ecclesiae domino Adriano papa primo et confirmante sanctae Moguntinae sedis Lullone archiepiscopo, quo interveniente ipsius ecclesiae metropolitanae est subiecta et commissa est beato Swiberto immortalis memoriae et sanctae conversationis viro apud deum et homines cum suis terminis sic distinctis: videlicet in longitudine a Wirraha flumine usque quo perveniatur ubi Pena fluvius currit in mare barbarum; in latitudine a Luya quae absorbetur ab Albya usque in ortum Orae et Kalevorde et diversis paludibus aquarumque decursibus plenius designatis. Acta sunt haec Moguntiae III. id. iulii domino Karolo rege, Lullone archiepiscopo eiusdem loci, Amelhario Treverensi archiepiscopo,

Nun zur Fälschung für Bremen: Adam von Bremen bietet für sie allerdings einen sicheren terminus ad quem; allein er ist nur Sammler und Benützer, die Fälschung kann viel älteren Datums sein. Wenn man sie bisher selbst auch dem 11. Jahrh. zuwies, so hängt dies wohl damit zusammen, dass man lange gewohnt war, in Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen in Bausch und Bogen den Sündenbock für die zahlreichen Hamburger Fälschungen zu sehen. Diese Ansicht ist durch die sorgsamen Untersuchungen Koppmanns 3) und W. Schröders 4), die Adalbert auf Kosten seiner Vorgänger und zum Theil auch Nachfolger entlasteten, längst widerlegt.

Bei unserer Urkunde ist bisher übersehen, dass sie bereits citiert wird in der Urkunde Arnolfs vom 9. Juni 888 (Mühlbacher 1744), durch die Bremen mit Privilegienbestätigung, Münzrecht, Markt und Zoll bedacht wurde 5). Zwar theilt auch letztere Urkunde das Schicksal

Hildebaldo Coloniensi archiepiscopo praesentibus et in omnium qui ibi aderant praesentia sanctorum pontificum et sacerdotum feliciter amen.

1) Vgl. über ihn Hauck, Kirchengesch. Deutschlands, 1, 399 A. 1 und 2, 334. 2) Hauck 1. c. 2, 353 A. 4. irrig zum 15. Juli; in id. des Chron. Moiss. ist natürlich das III. id. der Vita Willehadi.

3) Die ältesten Urk. d. Erzbisthums Hamburg-Bremen; derselbe: Die mittelalterlichen GQ. in Bezug auf Hamburg; derselbe: Die falschen Urk. d. Erzstiftes Hamburg-Bremen, Jahrbücher f. d. Landeskunde der Herzogthümer SchleswigHolstein und Lauenburg 10, 305 ff. 4) Ebenda 10, 287 ff.

5) Lappenberg, Hamburg, UB. 1, 32 Nr. 22: Allata sunt coram nobis plura Mittheilungen XVIII.

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der meisten älteren des nordischen Erzbisthums; sie ist gefälscht, liegt aber in derzeit im Staatsarchiv Hannover befindlicher Nachzeichnung vor, die eine echte Vorlage gewandt nachzuahmen versteht und sicher noch dem 10. Jahrh. angehört.

Wir werden daher die Entstehung von B wohl in die Zeit verlegen dürfen, die Koppmann als die erste Fälschungsperiode bezeichnet, in die Regierung Erzbischofs Adaldag von Hamburg-Bremen. Für diese Zeit erklärt sich auch die Recognition unserer Fälschung durch Erzb. Hildebold von Köln am besten; es ist der Brauch, den man gerade zur Zeit des Kaiserbruders Brun von Köln ganz vorübergehend als den kanzleigemässen kannte 1). Die Freude, die Adaldag durch die Begründung der ersten Suffraganbisthümer Schleswig, Ripen und Aarhus widerfuhr, ward ihm vergällt durch die Ansprüche des Erzbischofs Brun von Köln, der nunmehr die Heimfallspflicht Bremens an Köln geltend machte 2). In dem darob entbrannten Streit hat Adaldag schliesslich gesiegt, aber mit keineswegs durchaus lauteren Mitteln 3). Zu den damals entstandenen Fälschungen zähle ich auch unser B.

Echte Bestandtheile aus der Zeit Karls d. Gr. enthält es so wenig wie V; aber seine Quellen reichen doch viel weiter zurück als die von V. Die Invocation weist auf ein Diplom Ludwigs d. Fr. hin, wohl auf das von 834, das auch die Vorlage für die gefälschte Gründungsurkunde für Hamburg bot. (Mühlbacher 899). Sonst ist die vita Willehadi benützt, auf die sich insbesondere die Datirung von B. stützt. Der Satz: et quia casus preteritorum nos cautos faciunt in futurum" findet sich gleichlautend in dem gefälschten Diplom Ludwigs d. Fr. für Hamburg und der unechten Bulle Nikolaus I. vom 1. Juni 864 (Bestätigung des Besitzes des Klosters Ramesloh an Hamburg) 4), einer glorisorum principum precepta, abavi scilicet nostri Caroli magni imperatoris nec non et proavi nostri Hluthuici cesaris atque Hluthuici regis avi nostri sed et proximi ante nos in regno decessoris patrui utique nostri Caroli. Fälschung, die nach Koppmann vor 1012 entstanden ist, also wohl ebenfalls zur Reihe der Fälschungen Adaldags gehören dürfte.

1) Die Nachzeichnung von Mühlbacher Nr. 1744 ist so meisterhaft gelungen, dass selbst das geübte Auge die Nichtoriginalität nicht sofort zu erkennen vermag. Auch die Fähigkeit hiezu wäre Adaldag selbst am ehesten zuzumuthen, der unmittelbar vor seiner Erhebung zum Erzbischof Notar und Titularkanzler in der Kanzlei Ottos 1. gewesen war (Sickel, SB. der Wiener Akad. 93,717). Schriftgleichheit mit dem vielleicht eigenhändig von Adaldag recognoscierten DOI. Nr. 1, KUiA. I. 25 lässt sich nicht erweisen. Dies wäre bei dem geringen Vergleichsmaterial und dem doch beträchtlichen Zeitabstand von etwa 20 Jahren zwischen Ottonen-Original und Arnolffälschung auch misslich.

2) Vgl. Dehio 1, 127 f. Adami gesta II. 5.

3) Dehio 1. c. 128 und 1. Krit. Ausführ. 64.

4) Lappenberg, Hamburg. UB. 1, 25. Darauf hat bereits Koppmann, die ältesten Urk. etc. 51 hingewiesen. Auch diese Beobachtung stellt unsere Fälschungen als Bremer, nicht als Verdener Diktat sicher.

Auch in der Frage der Grenzbestimmung ist B entschieden besser bestellt als V. Wir besitzen ein Diplom Friedrichs I. für Hamburg vom 16. März 11581), das sich auf eine von Otto I. vorgenommené Grenzbestimmung beruft. Eine derartige Urkunde ist uns nicht erhalten; wohl aber ersehen wir aus den Gründungsurkunden für Havelberg und Brandenburg von 946 und 948 (D O I. 76, 105), dass damals Grenzbestimmungen in ähnlicher Fassung, wie sie B aufweist, vorgenommen, dass ferner damals die Linie Peene-Elde als Grenzscheide zwischen der Hamburger und Magdeburger (damals noch Mainzer) Kirchenprovinz ganz in der Weise festgestellt wurde, wie sie dann in der Gründungsurkunde für Ratzeburg wiederkehrt. Als Bremer Bisthumsgrenze für das 10. Jahrhundert oder, wie Dehio annimmt, von 848 an 2) mag sie verwertet werden; sie als Quelle für die Diöcesaneintheilung unter Karl d. Gr. zu benützen, ist so unzulässig wie bei der Verdener Fälschung. Wie die Bisthumsgründung und Begrenzung damals thatsächlich erfolgte, darüber gibt uns die vita Willehadi MG. SS. 2, 383 für Bremen eine verlässliche Nachricht und für andere Bisthumsgründungen einen lehrreichen Typus. Willehad erhält anlässlich seiner Bischofsweihe vier friesische und zwei sächsische Gaue als Missionsbisthum zugewiesen; es ist dann seine Aufgabe sich den Bischofsitz zu wählen und die Bischofskirche zu bauen.

Von bis ins kleinliche abgegrenzten Sprengeln und von vornherein festgelegten Bischofsitzen ist für diese frühe Zeit noch nicht die Rede. Darum halte ich auch die Nachricht der vita Rimberti c. 1 SS. 2, 765, dass bereits Karl d. Gr. sich mit der Absicht getragen habe, jenseits der Elbe ein Erzbisthum zu errichten, für unrichtig. Er, der erst am Ende seiner gewaltigen Erfolge nach fast 30jähriger Regierung Köln und Salzburg zu Erzbisthümern erhob, der noch später Triers alte Rechte wieder anerkannte, war sicher nicht der Mann, die Lösung dieser Fragen auf kaum dem Reich und dem Christenthum gewonnenen Boden zu überhasten 3).

Schwieriger gestaltet sich die Feststellung der dritten hiehergehörigen Fälschung, Mühlbacher 287, durch die Karl d. Gr. die gleichzeitige Gründung der Bisthümer Verden und Bremen bezeugt 4).

1) Hamburg. UB. 1, 190 Nr. 208.

2) 1, Krit. Ausführ. 50.

3) Vgl. über die ganz allmählige Organisation der Kirche im Sachsenlande Mühlbacher, Deutsche Geschichte unter den Karolingern 145-147 und Hauck 2, 328 ff.

4) Hamburg. UB. 1, 7 Nr. 4 undatiert.

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