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Brunetis Hand selbst zeigt. Beide Codices fassen die Zeit vom 8. Februar 1432 bis zum 6. December 1436. Der Schluss, der noch bis in den Anfang des Jahres 1438 gereicht haben muss, ist leider verloren. Was demnach Brunetis Manuale bietet, sind Protokolle1) über die Verhandlungen im Plenum und der Deputatio pro communibus negotiis: hie und da allerdings auch noch ein Stück von Concilsacten ausserhalb dieser Versammlungen, ein Protokoll über Verhandlungen der französischen Nation u. s. w. Die Aufzeichnungen Brunetis dürften, wie H. darlegt, im Ganzen und Grossen vollständig und dabei zuverlässig sein. Einige Sicherheit hierüber gewährt der Umstand, dass eben jenes zweite Manuale im Cod. Reginae 1017 in einer freilich sehr fehlerhaften Abschrift von Protokollen über die Verhandlungen von 1431-1434 vorliegt. Dieser Codex enthält auch Aufzeichnungen über die bei Bruneti fehlende Zeit bis zum 8. Februar 1432: eine knappe von einer Anzahl von Urkunden unterbrochene Erörterung über die Vorgänge vom März bis October 1431, eine Compilation, die auf chronologischen Notizen ruht. Wo Bruneti beginnt, kann man beide Texte vergleichen: man findet im Anfang starke Abweichungen, die im weiteren Verlauf schwächer werden und endlich formeller Natur sind. An eine Ableitung des Cod. Reg. etwa von dem Brunetis ist nicht zu denken, dafür sind die Verschiedenheiten doch zu erheblich. Da mehrere Notare am Concil thätig waren, deren jeder ein Manuale führte, hat H. die Aufzeichnungen, die sich im Cod. Regin, finden, auf ein solches, wie bemerkt des Radulphus Sapientis, zurückgeführt.

Der vorliegenden Edition liegt das Manuale um bei Hallers bezeichnung zu bleiben Brunetis zu Grunde. Der Text wird mit möglichster Treue wiedergeben; der Cod. Reg. bietet manche Verbesserungen wie denn auch im Anhang auch 5 Actenstücke mitgetheilt werden, die bisher unbekannt gewesen sind.

Die Ausgabe selbst ist, so weit man urtheilen darf, ohne in die Handschriften selbst Einblick genommen zu haben, eine vortreffliche. Ihre Einrichtung und Gestaltung befriedigt im hohen Mase. Auf jedem einzelnen Blatt macht oben an der Spitze ein P., R. oder R. P. ersichtlich, ob das Stück aus Bruneti, dem Cod. Regin. genommen oder beiden gemeinsam ist. P. tritt S. 27 ein. Wie wichtig aber R. als Ergänzung ist, wird auf derselben Seite ersichtlich: die Ankunft der savoyischen Legaten ist nämlich nur in R. vermerkt. Ueber den einzelnen Seiten findet sich Monatsund Tagesdatum wir hätten auch das Jahr noch beigefügt. Sachliche Erläuterungen sind nicht gegeben, weil ein vollständiger Commentar den Umfang des Buches allzusehr hätte anschwellen lassen. In den Beilagen finden sich: 1. die Instruction für Johannes Pulchripatris, Gesandten des Concils, an den Papst, 2. eine wiederholte und peremptorische Einberufung des Bischofs und Clerus von Utrecht, 3. die Instruction für Jacob von Sirk und Thomas von Fiene, Gesandte des Concils an der Curie, 4. die Instruction für den Bischof von Lausanne und Decan von Utrecht, und 5. die Antwort des Erzbischofs von Rheims und La Tremoilles an das Concil. Beiden Bänden ist ein sorgfältig ausgearbeitetes Register beigegeben. Graz im März 1897. J. Loserth.

1) Dagegen Beer, dessen Einwendungen nicht ohne Belang sind. L. c. S. 12.

Die Konstanzer Geschichtschreibung bis zum 18. Jahrhundert. Von Theodor Ludwig. Strassburg 1894. VI. und 271 SS.

Die humanistische Geschichtschreibung in Deutschland. Von Paul Joachimsohn. Heft 1. Die Anfänge. Sigismund Meisterlin. Bonn 1895. 333 SS.

Der Hauptzweck der erstgenannten umfangreichen und eingehenden Untersuchung der Quellen zur Konstanzer Stadt- und Bisthumsgeschichte ist, was der Titel zunächst nicht vermuthen lässt, die bereits von W. Arndt (N. A. IV. 199 ff.) hypothetisch angenommene Existenz einer verlorenen Konstanzer Chronik nachzuweisen, welche seit dem 15. Jahrh. vielfach ausgeschrieben und von Compilatoren benützt worden ist. Da dieser Nachweis jedoch schon 1891 von dem Herausgeber der Chroniken der Stadt Konstanz, Ph. Ruppert erbracht worden ist, so bestehen die Resultate dieser Arbeit im wesentlichen aus allerdings zahlreichen Ergänzungen und Berichtigungen sowie einer scharfen Kritik der Ausgabe selbst, welche als eine theilweise willkürliche Zusammenstellung chronikalischer Bruchstücke bei keineswegs genauer Wiedergabe der Vorlagen allerdings nicht allen billigen Anforderungen Genüge leistet; übrigens enthält beispielsweise die Wiedergabe des Ruppertschen Druckes bei L. S. 265 f. in 22 Halbzeilen ebenfalls 3 Ungenauigkeiten.

Rupperts Ausgabe gibt, wie L. S. 242 richtig bemerkt, nicht „ein Bild der einzelnen Chroniken", sie „behielt vielmehr lediglich deren Inhalt im Auge und näherte sich so in gewisser Hinsicht dem Wesen einer Darstellung". Im Gegensatze hiezu spielt in L's. Auseinandersetzungen der Inhalt der Quellen, der doch eigentlich das wichtigere ist, den verschiedenen Ueberlieferungsformen gegenüber eine vollständig untergeordnete Rolle. Wäre es nicht zweckentsprechender gewesen auf Grundlage der eingehenden Untersuchungen anstatt einer zweiten so umfangreichen » Darstellung der Chroniken den Rupperts Ausgabe ergänzenden Theil dieser selbst zu bieten?

Das wertvollste Stück der Arbeit stellt der Versuch dar, jene verlorene Chronik, welche mit Sicherheit dem urkundlich 1386-99 nachweisbaren Säckelmeister der Stadt Konstanz, Johann Stetter zugeschrieben wird, zu reconstruieren. War hiebei zu vollständig sicheren Resultaten nicht zu gelangen, so lassen sich Inhalt, Umfang und Quellen dieser wichtigen Aufzeichnungen immerhin mit einiger Deutlichkeit erkennen.

Die Erörterungen der übrigen Konstanzer Geschichtsquellen, von welchen von vorneherein die noch erhaltenen vor dem 15. Jahrh. entstandenen ausgeschlossen sind, und die aus dem 17. und 18. Jahrh. stammenden eine recht summarische Behandlung erfahren, enthalten ohne übrigens » Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, auch einige Angaben über bisher noch unbenützte Handschriften des General-Landesarchivs zu Karlsruhe, 5 grössere Auszüge und Bruchstücke deutscher Chroniken des 15.-18. Jahrh. enthaltend, deren Umfang und geringe Bedeutung unter NN. 2, 3, 17, 23 und 24 der Uebersicht der von L. besprochenen Geschichtswerke dargelegt werden. In einem Excurse bietet L. schliesslich

einige Berichtigungen und Nachträge zu Mone's Ausgabe der Konstanzer
Chronik in der Quellensammlung zur badischen Landesgeschichte, I, 309 ff.

In mehrfacher Beziehung als ein Gegenstück zu dieser Untersuchung
ist die an zweiter Stelle genannte Arbeit Joachimsohns zu betrachten,
welche durch Beleuchtung der stofflichen Neuerungen in der Geschicht-
schreibung des 15. Jahrh. weitere Ausblicke auf deren Entwicklung in
Deutschland gewährt und die locale Beschränkung als ein für Quellen-
untersuchungen nicht günstiges Princip erscheinen lässt. Auf Grundlage
der Darstellung der ersten humanistischen Regungen in Süd-Deutschland,
insbesondere in Augsburg und Nürnberg bietet J. eine eingehende Be-
schreibung des Lebens und der schriftstellerischen Wirksamkeit des Sigis-
mund Meisterlin (auch Münsterlin genannt), welchen er als den bedeu-
tendsten Vertreter des deutschen Frühhumanismus betrachtet.

Zeit und Ort der Geburt und des Todes Meisterlins festzustellen, ist
zwar J. nicht gelungen, doch steht fest, dass derselbe seit seinem 15. Jahre
dem Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg angehörte; nach einem
mehrjährigen Aufenthalte in Italien verbrachte er einige Jahre in St. Gallen
und dem elsässischen Kloster Marbach, wurde Secretär des Grafen Ulrich
von Oettingen (1469), gehörte später dem Benedictiner-Priorat St. Valentin
in Ruffach bei Murbach an und wirkte von 1476 an als Prediger in
Würzburg und bald darauf an der Sebalduskirche zu Nürnberg. Die letzte
übrigens auch unsichere zeitliche Angabe über Meisterlins Leben fällt in
das Jahr 1491.

Von den grösseren historischen Arbeiten Meisterlins verdanken das
Chronicon ecclesiasticum Augustanum, der Index monasterii SS. Ulrici et
Afrae und die Vita S. Sebaldi ihre Entstehung lediglich der kirchlichen
Stellung desselben, während die Chronographia Augustensium und das
Chronicon Norenbergense aus allgemeinem geschichtlichen Interesse und
auf Anregung der humanistischen Kreise dieser beiden Städte entstanden
sind. Die 1456 vollendete Augsburger Chronik weist den bemerkens-
werten Versuch auf, deutsche Verhältnisse auch der ältesten Zeiten in
genetischer Entwicklung darzustellen, wobei der Polemik ein weiter Spiel-
raum gewährt wird. Meisterlin zerstört die allgemein verbreitete troja-
nische Legende von der Gründung Augsburgs und setzt an ihre Stelle die
Amazonen-Theorie, welche lange Zeit in Geltung geblieben ist. Es ist als
eine Schattenseite der humanistischen Bestrebungen zu betrachten, dass
die Theorien des grauesten Alterthums das zeitgeschichtliche Interesse oft
allzusehr in den Hintergrund drängten.

Als Hauptquellen der Chronik, deren weitere Benützung und Fort-
setzung ebenfalls angegeben sind, weist J. Otto von Freising und Sueton
nach, sowie auch Boccaccios historische Verwertung dargestellt wird.
Einen grossen Fortschritt gegenüber dieser Chronik, welche als erster
Berührungspunkt zwischen Humanismus und Geschichtschreibung in
Deutschland bezeichnet wird, weist die ungefähr 30 Jahre später ent-
standene Nürnberger Chronik auf, welche den ausserordentlich grossen
Einfluss der historischen Schriften des Aeneas Sylvius Piccolomini bereits
deutlich erkennen lässt. Meisterlin bekämpft mit grossem Eifer die
Quaternionen-Theorie und sucht die Geschichte der Gründung Nürnbergs
nach Kräften aufzuhellen. Kirchliche und patricisch-humanistische Ten-

denzen werden neben einander verfolgt. Bezüglich der etlich Geschicht <<
genannten Fortsetzung der Chronik (1488-91) ist die Autorschaft Meister-
lins wohl sehr zweifelhaft. Von beiden Chroniken besorgte Meisterlin
selbst eine deutsche Uebersetzung oder freie Uebertragung.

Im Anhange bringt J. einige Briefe zum Abdruck, sowie die Wid-
mung der Augsburger Chronik, die Vorrede zur zweiten Fassung und
mehrere Stücke der deutschen Ausgabe derselben, die Desriptio Sueviae
aus dem erwähnten Index monasterii, einige Abschnitte der Nürnberger
Chronik und endlich die bisher unbekannte Vita S. Sebaldi. Durch zu
grosse Berücksichtigung graphischer Eigenthümlichkeiten und unmotivierte
Auslassungen wird die Benützung der abgedruckten Stücke erschwert.
Die Citate sind vielfach ungenau, der Mangel eines Registers macht sich bei
der wenig übersichtlichen Anordnung der Arbeit oftmals unangenehm geltend.
Wien.
V. v. Hofmann-Wellenhof.

Arnold Luschin v. Ebengreuth, Oesterreichische Reichs-
geschichte. II. Theil nebst Vorwort und Register. Bamberg,
Buchner 1896.

Die an dieser Stelle bei Anzeige des I. Theiles dieser Werkes aus-
gesprochene Befürchtung, dass der neuzeitlichen Periode eine wesentlich
kürzere Behandlung zu Theil werden könnte, hat sich als unbegründet
erwiesen, von den 578 Seiten des ganzen Buches entfallen 254 auf diesen
II. Theil, und insbesondere der Zeitraum von 1526 bis 1740 ist mit
derselben eingehenden Sorgfalt und Gründlichkeit behandelt wie das Mittel-
alter; hiefür werden dem Autor alle Pfleger unseres jüngsten rechtsge-
schichtlichen Lehrfaches Dank wissen.

Eingeleitet wird der II. Theil, der in eine IV. und eine V. Periode
zerfällt, durch zwei sehr übersichtlich zusammengestellte Stammtafeln,
welche namentlich den Studierenden gute Dienste leisten werden: die
Haupttafel zeigt die 13 Geschlechterfolgen von Max I. herab bis auf Franz
Josef I. und macht zugleich die Hauptphasen der territorialen Entwick-
lung ersichtlich; die kleinere Nebentafel bringt die unter den Nachkommen
Herzog Albrechts II. († 1358) vorgenommenen Ländertheilungen, sowie
die endliche Wiedervereinigung des Besitzes in der Hand K. Max I. zur
Anschauung.

Die IV. Periode, in welcher die Geschichte des Gesammtstaates
vor Erlöschen des habsburgischen Manns-Stammes (1526-1740) zur Dar-
stellung kommt, ist in 4 Abschnitte eingetheilt, wobei dieselbe Anordnung
des Stoffes eingehalten wird, wie im I. Theil: auf einen geschichtlichen
Ueberblick folgen die Rechtsquellen und sodann die Geschichte des öffent-
lichen Rechts und der Verwaltung. Zu den wertvollsten Capiteln des
ganzen Werkes gehört meiner Ansicht nach der Abschnitt über die Ge-
schichte der Rechtsquellen, welche allein 47 Seiten umfasst; bei der Dürf-
tigkeit der Vorarbeiten war der Autor hier ganz besonders auf selbständige
Untersuchungen angewiesen. Der Aufschwung der Landesgesetzgebung
im 16. Jahrhundert, die Gründe, wodurch die Landesfürsten auf der einen,

die Landstände auf der anderen Seite zu einer lebhaften legislativen Thätigkeit gedrängt wurden, das Verhältnis dieser beiden Factoren zu einander rücksichtlich ihrer Theilnahme an der Gesetzgebung, das siegreiche Vordringen der Juristen und des Juristenrechts gegenüber den auf Erhaltung des nationalen Rechtsbestandes gerichteten Bestrebungen der Landstände, die Bemühungen der Habsburger, auf legislativem Wege eine Ausgleichung der Rechtsverschiedenheiten in den Erbländern herbeizuführen und die in dieser Richtung seit dem 17. Jahrhundert errungenen Erfolge, im Zusammenhange mit der schwindenden Antheilnahme und Regsamkeit der Stände auf dem Gebiete der Gesetzgebung: dies sind die Hauptpunkte welche in L.s lichtvoller Darstellung in den ersten drei Paragraphen dieses Abschnittes hervortreten. Der folgende Paragraph ist der Rechtsliteratur, ihren Richtungen und Vertretern gewidmet, im Schlussparagraphen findet man eine sehr willkommene Uebersicht der Rechtsquellen, nach den einzelnen Kronländern geordnet, weniger für Zwecke von Studierenden als für solche berechnet, die sich zu einer selbständigen Weiterforschung auf dem Boden der österr. Rechtsgeschichte angeregt fühlen sollten "; auf Vollständigkeit musste der V. dabei naturgemäss verzichten. Die Geschichte des öffentlichen Rechts und der Verwaltung in der in Rede stehenden Periode wird hauptsächlich durch folgende drei Gesichtspunkte charakterisiert: Ueberwindung des Feudalwesens, Entwicklung der absoluten Fürstengewalt auf Kosten der Stände und allmählige Unificierung der Erbländer; diese Hauptmomente bringt der Autor in seinen Ausführungen zu voller Geltung. Besonders anregend ist das Capitel über die Landstände, obwohl sich der V. bei dem fast vollständigen Mangel an Vorarbeiten für die einzelnen Kronländer damit bescheiden musste, gleichsam die Grundlinien zu einer künftigen zusammenhängenden Geschichte der österreichischen Landstände in der neueren Zeit vorzuzeichnen; insbesondere wird hier der Zusammenhang zwischen den Schicksalen der Landstände und des Protestantismus in Oesterreich hervorgehoben und ausgeführt, wie das ständische Princip durch die protestantische Bewegung gekräftigt, durch die Gegenreformation aber erdrückt wurde. Dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche widmet L. auch für diese Periode einen eigenen ziemlich ausführlichen Paragraphen, worin er den Nachweis führt, dass die Habsburger seit Ferdinand I., trotz ihres streng katholischen Standpunkts und trotz Gegenreformation stets und mit aller Energie auf Wahrung, ja Erweiterung ihrer Hoheitsrechte gegenüber der Kirche bedacht waren, sodass der sogenannte Josephinismus eigentlich von Ferdinand I. zurückzudatieren wäre.

Die Behördenorganisation mit der bunten Mannigfaltigkeit von landesfürstlichen, landschaftlichen, communalen und patrimonialen Aemtern, die eigentliche Verwaltung in den drei Zweigen: Rechtspflege, Heerwesen und Finanz, und endlich die wirtschaftlichen und socialen Zustände bilden den Inhalt des letzten Abschnittes. Von den wirtschaftlichen Schicksalen der österreichischen Länder, dem vorübergehenden Aufschwung von Handel und Gewerbe im 16. Jahrh., dem darauffolgenden tiefen Verfall aller wirtschaftlichen Kräfte in Folge der Gegenreformation, der Kipper- und Wipperzeit und des 30jährigen Krieges, von den Verdiensten einzelner Nationalökonomen und der Landesfürsten um Hebung des Wohlstandes,

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