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Zum Schwank von der Rache eines betrogenen Ehemannes.

Johannes Bolte hat unter obigem Titel ein deutsches Gedicht aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts veröffentlicht, 1) das er auf einem Flugblatte der Berliner Bibliothek (Bd. 7853, 37) gefunden hatte und das er für die Quelle einer niederländischen Posse „Klucht von de Schoester, of gelijke monniken gelijke Kappen“ (Dordr. 1660) hält. Damit mag es seine Richtigkeit haben.

Diese Zeilen bezwecken auf eine ältere französische Farce des 16. Jahrhunderts hinzuweisen, die den gleichen Gegenstand behandelt. Sie ist abgedruckt in Viollet-Le-Duc's Ancien- Théâtre français Bd. I S. 250-270 unter dem Titel: Farce nouvelle tres bonne et fort joyeuse. A quatre personnaiges c'eft affavoir Le Gentilhomme, Lison, Naudet, la Damoyselle. Imprimé à Rouen par Jehan le Prest, demourant audict lieu.

Das von Bolte abgedruckte Gedicht erzählt, wie ein Schuster, von seinem Knecht aufmerksam gemacht, daß ein Edelmann mit seinem Weibe buhlt, sich stellt, als ob er verreise, heimlich aber zurückkehrt, das Paar überrascht, indes anstatt die Schlafenden zu töten, die schönen Kleider des Edelmannes anzieht, sich in dessen Wohnung begibt und bei der Edelfrau schweigend die Rolle ihres Mannes spielt. Des Morgens verläßt er sie heimlich, angetan mit des Junkers besten Kleidern und begegnet unterwegs dem Edelmann, der sich gezwungen gesehen hatte, des Schusters Kleider anzuziehen. Erschrocken fragt der Junker den Schuster, wohin er wolle, und dieser sagt: „Da jhr seid gesin da wolt ich hin... Wo jhr hin wolt da kom ich her". Auf die weitere Frage des Junkers; Warum hastu meine Kleider an?" antwortet der Schalk: „Es verkert sich jetzund alle ding". Der Dichter schließt: „Sie musten beyde lachen, dass sie einander also betrogen hatten. Mancher der wil Bulen viel Thut sich selber zu schanden machen."

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In der französischen Farce ist alles viel roher und schamloser gehalten als wie in dem deutschen Gedicht: Naudet, ein Tölpel, hat bemerkt, daß der Gentilhomme mit seiner Frau Lison buhlt und hält es ihr vor. Sie droht ihm mit der Rache des Edelmannes, wenn er

1) Zeitschr. für vergl. Literaturgeschichte. N. F. 15. S. 164-167.

nicht schweigt. Dieser kommt jetzt zu ihm zu Pferde, steigt ab, gibt das Tier Naudet und begrüßt Lison zärtlich. Naudet hatte inzwischen das Pferd bestiegen uud war von ihm abgeworfen worden. Auf Geheiß des Edelmanns führt er es in den Stall und geht fort, um Wein für den Edelmann im Wirtshaus zu holen. Als Naudet fort ist, schlägt Lison vor, den Tölpel unter irgend einem Vorwand fortzusenden, damit sie beide umso ungestörter sein können. Der Gentilhomme hat einen Einfall:

Ma femme ayme sur toute rien

A le veoir; tousjours la faict rire.
Une lettre luy voys escripre
Que vostre mary portera

Cependant prendrons nos esbatz.

Lison, damit einverstanden, ersucht ihn nur:

Doncques, pour éuiter desbatz
Deffendez-luy sur toutes riens
De dire que soyez ceans.

Er fordert dann Lison auf:

Ça m'amie allons parfournir

Nostre entreprinse, je vous prie

Lison begibt sich mit ihm ganz ungeniert „à la chambre de derrière" und Naudet läßt zunächst das Pferd des Junkers allein seinen Weg heim finden, dann sieht er „par ung treu" was Lison und der Edelmann tun, zuletzt erblickt er das prächtige Kleid, das letzterer abgelegt hatte, bevor er sich ins Hinterzimmer begeben hatte. Naudet zieht es an und geht fort.

-

auf.

Nun tritt la Damoyselle die Frau des Edelmannes Sie hat sich gewundert, daß das Pferd ihres Gatten ohne ihn heimgekommen ist. Da erscheint Naudet. Durch den Anzug getäuscht, hält sie ihn für ihren Mann und redet ihn Monsieur an. Naudet sagt zwar: „Je suis Monsieur, ma Damoyselle", die Edelfrau erkennt aber den Tölpel sofort. Er gibt den Brief ab und sie befragt ihn nach ihrem Manne und will wissen, warum er dessen Kleid anhabe. Der närrische Kerl sagt ihr den Grund, sagt ihr sogar, was der Gentilhomme zur Zeit treibe. Damoyselle wird neugierig, sie möchte genau wissen worin die Beschäftigung von Monsieur und Lison bestand. Naudet erbietet sich, es ihr zu zeigen, denn mit Sagen „Je gasterois tout le mistere". Und die Edelfrau, lüstern durch seine Aufschneidereien, widerstrebt nicht und beide ziehen sich zurück.

Wir werden wieder zum Gentilhomme und zu Lison zurückversetzt, die sich das lange Ausbleiben Naudets nicht erklären können. Jener bedauert den Tölpel zu seiner Frau geschickt zu haben und will schleunigst heim. Er kann aber „sa robe" nicht finden und ist daher gezwungen, ohne diese fortzugehen.

Damoyselle, zu der wir jetzt wieder geführt werden, lobt Naudet, der ihr gezeigt hat comment monsieur faict à ma femme." Sie wünscht seufzend, Naudet wäre Monsieur, und Monsieur wäre Naudet. Sie empfiehlt ihm Schweigen, verspricht ihm einen neuen Anzug und ermahnt ihn, quand tu verras entrer

Monsieur de nuict en ta maison,
Accourt icy tost me monstrer
Tout cela qu'il faict a Lison.

Da kommt schon Monsieur en pourpoinct." Es kommt zur Aussprache, zu Vorwürfen zwischen den beiden Ehegatten, wobei Naudet in seiner schlauen Naivität zum Verräter an beiden wird. Naudet, der zwischen Lison und Damoyselle keinen Unterschied finden kann, will dem Gentilhomme die Wahl zwischen beiden lassen:

Prenez la plus doulce ou plus belle

De Lison ou ma Damoyselle,

Monsieur, grausam für sein unsittliches Treiben gestraft meint, in sich gehend: Tenir me veulx à la maison,

Puisqu'on vient à ma Damoyselle

Pendant que suis à Lison.

Und Naudet, der das letzte Wort behält, sagt zu ihm:

Ne venez plus naudetiser,

Je n'iray plus segneuriser.

und schließt mit der Moral:

A trompeur trompeur et demi.

Diese Farce gehört einer äußerst seltenen Sammlung von einzeln gedruckten Possen aus der Zeit um die Mitte des 16. Jahrhunderts an, die sich gegenwärtig im Britischen Museum zu London befindet. Unser Stück ist jedenfalls viel älter als der Druck und geht allem Anscheine nach auf ein altes Fablel zurück. Einem ähnlichen Schwank bin ich einmal in der französischen Fazetienliteratur begegnet, kann mich aber im Augenblick nicht mehr erinnern wo.

Der Stoff gehört jedenfalls in den Kreis von Erzählungen, zu denen man Boccaccio Decamerone VIII 8, Masuccio 36 und Paraboscos Diporti 5 rechnet.

Die Fabel weicht in der Farce nicht unwesentlich von dem deutschen Gedichte ab. In der französischen Dichtung ist der Ehemann ein Bauer, der als Tölpel gilt, so daß sich seine Frau und ihr Galan gar nicht mehr vor ihm in Acht nehmen und ihren Liebeshandel ganz offen betreiben. Im deutschen Gedicht dagegen ist der Betrogene ein Schuster, der erst durch seinen Knecht auf die verdächtig vielen Besuche des Edelmanns hingewiesen und über deren Zweck aufgeklärt wird.

Dort sendet der Edelmann den Betrogenen,

um ihn aus dem Wege zu haben, selbst ins Schloß zur Gemahlin und ebnet ihm dadurch den Weg zur Rache, die ihm mit Wissen und Willen der Edelfrau, die sich selber rächen will, zu teil wird. Hier lockt der Schuster das Ehebrecherpaar in die Falle, überrascht es, aber anstatt die Schlafenden zu töten, benutzt er die Kleider des Edelmannes, um sich ins Schloß zn schleichen, und dort gleich dem Stallknecht König Astulfs im Decamerone III, 2 zu verfahren. Dort geht der Edelmann ohne ,,sa robe" nach Hause, findet seine Frau noch im Gespräch mit dem Tölpel, durch dessen Indiskretion alles an den Tag kommt; hier zieht der Edelmann des Schusters Kleider an und trifft mit ihm unterwegs zusammen, bei welcher Gelegenheit die Aussprache erfolgt.

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Welche Version haben wir nun als die ältere anzusehen? Mit Sicherheit läßt sich dies, so lange keine älteren Versionen aufgefunden werden, wohl nicht sagen: ich vermute aber, daß die französische Dichtung eine ältere Gestalt des Schwanks darstellt und daß das deutsche Gedicht erst durch Verschmelzung mit älteren ähnlichen bzw. verwandten Schwänken seine gegenwärtige Form gewonnen hat. In der Tat findet man oft genug in der älteren Schwankliteratur, daß ein Knecht erst den Meister auf die Vergehungen der Ehefrau aufmerksam macht; ebenso häufig ist die Idee, daß man die untreue Frau überführt, indem man eine Reise vorschützt und heimlich zurückkehrt. Und was die Rache des Schusters anbelangt, so ist das Verfahren des Schusters so ähnlich dem des Stallknechts in Decamerone III, 2, daß man glauben möchte, es sei daraus entlehnt.

Andererseits ist es indess auch denkbar, daß die deutsche Darstellung die ältere ist und daß die dramatische Form Aenderungen der Fabel veranlaßte. Auffallend ist es jedenfalls, daß das Mitnehmen der,,robe" seitens Naudets in der Farce eigentlich zwecklos ist, nachdem dieser ja doch gleich erkannt wird und offen zu Werke geht. Man kommt also über ein „non liquet" nicht hinaus.

Vielleicht darf man mit der französischen Farce und dem deutschen Gedichte noch eine kurze, äußerst rohe lateinische Anekdote in Verbindung bringen,, die sich in den Facezien des Poggio Bracciolini findet. Es ist die in der Londoner Ausgabe von 1798 unter der Überschrift Talio (S. 164) gedruckte Anekdote, die ich. damit der Leser besser urteilen kann, hier wiedergebe, aber nach der Straßburger 1513 gedruckten Ausgabe der Opera Poggios, weil die Londoner Ausgabe der Facetiae nicht einmal den bescheidensten Anforderungen entspricht

De Medico qui uxorem futoris infirmam fubegit.

Sutor quispiã Florentie ad uxore no recte valentě | medicù sibi notum rogauit adire. Ille abseute viro domu profectus | uxorem eius licet reluctantem compressit in lectulo. Vir rediens cum medicũ abeunte (qui se recte muliere curafse dixit) uxorem lachrymantem capite dissoluto inuenit. medici perfidia cognita | rem diffimulauit. Et post dies

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... vanrscheinlichsten af m men die Erwagung, las 2

Rocken Pichtungen sich seine Stoffe Liza Da se ugestaltet und vergrobert

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rucn darbietet. Wie im deutschen Tea a achende Ehemann an Senuster, vie en Tersu esqu, gesient or die Ruche nachher lem Detentzer ein. Shist Bauster ermunming ingezcenen Leder 3gen Madrassen; te hacen renbar lem aceter

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1. I. STIEFEL.

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