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als eigentliche Schlussfehler. Zu den von Aristoteles bezeichneten Fehlern bringt er selbst Beispiele in seiner Schrift περὶ σοφιστικών Elévyov bei; auch mag Plato's (oder eines Platonikers) Dialog Euthydemus verglichen werden. Alte und moderne Beispiele, doch meist gemachte, giebt Fries (System der Logik, § 109). Eine ausführliche und genaue Erörterung von Schlussfehlern findet sich bei Mill, Log., übers. von Schiel, 2. (u. 3.) Aufl., II, S. 398-432. Im Hinblick auf den nebulosen und verschwommenen Charakter so mancher neueren Speculationen und auf die zahllosen Schlussfehler, mittelst deren oft für die unlösbare Aufgabe einer Ableitung des Vollen aus dem Leeren der Anschein einer Lösung erzielt worden ist, sagt Trendelenburg (Erl. zu den Elem. der Arist. Log. 1842, S. 69) mit Recht: »Es würde an der Zeit sein, Aristoteles Schrift von den sophistischen Ueberführungen ins Moderne zu übersetzen. Diese Aufgabe ist durch den Antibarbarus logicus von Cajus, 1851; 2. Aufl., 1. Heft, 1853 (s. o. zu § 29, S. 47) doch nur in einseitiger Weise gelöst worden, wiewohl der Verfasser nicht ohne Geschick gewisse policeiliche Functionen auf dem Gebiete des philosophischen Denkens zu üben weiss.

§ 127. Die Induction (inductio, aywy) ist der Schluss vom Einzelnen oder Besonderen auf das Allgemeine. Die Form derselben ist folgende:

Sowohl M1, als M2, als M. . . . . ist P.

Sowohl M1, als M2, als M

Jedes S ist P.

....

ist S.

Dieser Schluss geht von dem Einzelnen oder Besonderen (M), welches sich durch successive Erweiterung dem Allgemeinen (S) nähert, auf das Allgemeine (S). Der Inductionsschluss ist. seiner äusseren Form nach mit einem conjunctiven Syllogismus der dritten Figur verwandt, unterscheidet sich aber von demselben wesentlich durch die erstrebte Allgemeinheit des Schlusssatzes.

Der Ausdruck Induction wird im eigentlichsten und strengsten Sinne dann gebraucht, wenn von dem Einzelnen, das sich durch Beobachtung feststellen lässt, auf das Allgemeine geschlossen wird; doch ist die logische Form auch dann die gleiche, wenn von kleineren Gruppen auf das dieselben umfassende Allgemeine geschlossen wird, wesshalb auch dieser Schluss als ein inductiver anerkannt werden muss.

Nicht nur das Subject, sondern auch das Prädicat des Untersatzes kann bei dem Inductionsschlusse ein mehrfaches sein. Wäre bloss das Prädicat ein mehrfaches, so würde sich die Form ergeben:

M ist P

Mist sowohl 0,, als 6, als ძვ

Alles, was sowohl σ,, also, als g

ist, ist P. Z. B. die Erde hat jetzt Bewohner; die Erde ist ein Planet von mittlerer Grösse, mittlerer Entfernung von der Sonne, umgeben von einer Atmosphäre mit regelmässig wiederkehrenden meteorologischen Processen; jeder Planet gleicher Art hat wohl auch jetzt Bewohner.

Dieser Schluss würde von dem Einzelnen oder Besonderen (M) auf ein Allgemeines (6) gehen, welches sich durch successive Beschränkung ihm (dem M) annähert. Aber den eigentlich inductiven Charakter trägt diese Form doch nicht, sofern das Alles, was sowohl 1, als 0% ist, nicht einen wahrhaft einheitlichen allgemeinen Begriff ergiebt, und das Gleiche würde von der combinirten Form gelten: Sowohl M,, als M. . . . ist P.

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Alle diese Formen können auch bei hypothetischen Schlüssen vorkommen.

Als Beispiel zu der Induction mag hier der Schluss dienen: der Planet Mars bewegt sich (wie Keppler nachgewiesen hat) in einer elliptischen Bahn um die Sonne. Der Planet Jupiter desgleichen, etc. Also ist anzunehmen, dass sich die Planeten überhaupt in elliptischer Bahn um die Sonne bewegen. Andere Beispiele werden die nächsten Paragraphen enthalten.

Aristoteles führt auf Sokrates den ersten methodischen Gebrauch der Induction zurück (s. o. § 12). Bemerkenswerth ist der Gebrauch des Ausdrucks navéyav bei Xenophon Memorab. IV, 6, 13 und 14, wo von Sokrates gesagt wird, falls ihm jemand ohne Anführung von Gründen widersprochen habe, so sei er jedesmal auf die Voraussetzungen zurückgegangen, wie z. B. wenn in Frage kam, welcher Bürger der bessere sei, so habe Sokrates zuerst untersucht, was das Werk des guten Bürgers in der Staatsverwaltung, im Kriege, bei Gesandtschaften etc. sei, ἐπὶ τὴν ὑπόθεσιν ἐπανῆγεν ἂν πάντα τὸν λόγον· ... οὕτω τῶν λόγων ἐπαναγομένων καὶ τοῖς ἀντιλέγουσιν αὐτοῖς φανερὸν ἐγίγνετο ταληθές. Es ist dies ein Zurückgehen auf das Allgemeine, aber nicht, um es selbst, sondern um aus ihm Anderes zu erschliessen. In ähnlicher Art lässt Plato im Dialog Phaedo p. 101 E den Sokrates das Zurückgehen von einem streitigen Satze auf allgemeinere und sicherere Voraussetzungen fordern. Die Sokratische Induction im aristotelischen Sinne liegt nicht in diesem Verfahren, sondern in der Zusammenfassung einzelner gleichartiger Thatsachen zu einem allgemei nen Satze, der durch jene gewiss wird, z. B. der sachverständige Steuermann ist der tüchtigste, der sachverständige Arzt ist der tüchtigste etc.; also wird überhaupt auf allen Gebieten der Sachverständige der Tüchtigste sein. Plato stellt, wie Sokrates, das Zusammenfassen des Einzelnen zum Allgemeinen in den Dienst der Begriffsbestimmung.

Phaedr. 265 D: εἰς μίαν τε ἰδέαν συνορῶντα ἄγειν τὰ πολλαχῇ διεσπαρμένα, ἵνα ἕκαστον ὁριζόμενος δῆλον ποιῇ περὶ οὗ ἂν ἀεὶ διδάσκειν ἐθέλῃ. où Dies sei die eine Verfahrungsweise (tidos) des philosophischen Denkens, welche die naturgemässe Voraussetzung der entgegengesetzten, nämlich des Herabsteigens vom Allgemeinen zum Besonderen bilde. Der Weg der Abstraction, die zum allgemeinen Begriffe, und der Induction, die zum allgemeinen Satze führt, erscheint hier noch in ungesonderter Einheit. Aristoteles nennt die Abstraction àpaíoɛois (Anal. post. I, 18 u. öfter), die Induction aber лaywyn, und definirt die letztere (Top. 1, 12): ἐπαγωγὴ ἡ ἀπὸ τῶν καθ ̓ ἕκαστον ἐπὶ τὰ καθόλου ἔφοδος. Cf. Anal. post. I, 18: ἡ δ' ἐπαγωγὴ ἐκ τῶν κατὰ μέρος. Die Induction im strengeren Sinne ist bei Aristoteles der Abstraction coordinirt, indem sie zu dem allgemeinen Urtheil oder Satz, die Abstraction dagegen zu dem allgemeinen Begriff führt; doch gebraucht Aristoteles nicht ganz selten (so namentlich auch in der oben, § 12, angeführten Aussage Metaph. XIII, 4, dass Sokrates das inductive und das definitorische Verfahren begründet habe) Eлaywyǹ in einem weiteren Sinne, in welchem er die Abstraction mit darunter subsumirt. Der Name Enaywyn geht auf das successive Aufzählen der einzelnen Glieder (rationes inferre). Aristoteles lehrt (Anal. post. I, 18): ¿ðývatov dè tà zadólov θεωρῆσαι μὴ δι' ἐπαγωγῆς, ἐπεὶ καὶ τὰ ἐξ ἀφαιρέσεως λεγόμενα (d. h. insbesondere das Mathematische) ἔσται δι' ἐπαγωγῆς γνώριμα ποιεῖν. Doch hält er die Induction nur für eine mehr populäre, als streng wissenschaftliche Erkenntnissweise (Anal. pri. II, 23): quou μèv ovv πρότερος καὶ γνωριμώτερος ὁ διὰ τοῦ μέσου συλλογισμός, ἡμῖν δ' ἐναρ γέστερος ὁ διὰ τῆς ἐπαγωγῆς. Wohl um dieser Ansicht willen hat Aristoteles die Theorie der Induction weit weniger eingehend dargestellt, als die des Syllogismus. Als wissenschaftliche Induction gilt ihm nur die vollständige (vgl. unten § 128). Analyt. pri. II, 23: deì Sè νοεῖν τὸ Γ τὸ ἐξ ἁπάντων τῶν καθ ̓ ἕκαστον συγκείμενον· ἡ γὰρ ἐπαγωγὴ διὰ πάντων. Ueber das Verfahren bei unvollständiger Induction lehrt Aristoteles nur, dass die Verallgemeinerung vieler gleichartigen Erfahrungen dann zulässig sei, wenn kein Gegentheil vorliege. Top. VII, 8: πρὸς δὲ τὸ καθόλου πειρατέον ἔνστασιν φέρειν· τὸ γὰρ ἄνευ ἐνστάσεως, ἢ οὔσης ἢ δοκούσης, κωλύειν τὸν λόγον δυσχεραίνειν ἐστίν· εἰ οὖν ἐπὶ πολλῶν φαινομένων μὴ δίδωσι τὸ καθόλου μὴ ἔχων ἔνστασιν, φανερὸν ὅτι δυσκολαίνει. Im Anschluss an Aristoteles definirt Boëthius (de differentiis topicis, oper. ed. Basil. 1546, p. 864): »inductio est oratio, per quam fit a particularibus ad universalia progressio« (wogegen der Syllogismus ab universalibus in particularia herabsteige). - Die volle Bedeutung des inductiven Verfahrens in den Wissenschaften zu erkennen, blieb der neueren Zeit vorbehalten. Das Mittelalter wollte aus gegebenen Principien das Einzelne deduciren, und dazu diente ihm die syllogistische Form; die neuere Zeit aber suchte auch die Principien selbst auf wissenschaftliche Weise aufzufinden, und bedurfte zu diesem Zwecke der Induction: die neueren Naturforscher üben die inductive Methode neben der mathematischen Deduction, und Baco von

Verulam entwirft die Grundzüge zur Theorie derselben. Er verlangt ein methodischeres Verfahren, als die blosse Aufzählung einzelner Fälle, denen doch stets andere widerstreiten können. Baco sagt (Nov. Org. I, 105): Inductio quae procedit per enumerationem simplicem, res puerilis est et precario concludit et periculo exponitur ab instantia contradictoria et plerumque secundum pauciora quam par est et ex iis tantummodo quae praesto sunt pronunciat. At inductio quae ad inventionem et demonstrationem scientiarum et artium erit utilis, naturam separare debet per reiectiones et exclusiones debitas ac deinde post negativas tot quot sufficiunt super affirmativas concludere, quod adhuc factum non est nec tentatum certe nisi tantummodo a Platone, qui ad excutiendas definitiones et ideas hac certe forma inductionis aliquatenus utitur. Baco sucht dann (freilich in einer sehr unzulänglichen Weise) das richtige Verfahren näher zu bestimmen. Die dogmatistische Entwickelungsreihe der neueren Philosophie von Cartesius bis auf Leibniz und Wolff verschmäht nicht die Induction, führt aber auch nicht die Theorie derselben bedeutend über die Aristotelischen Lehren hinaus; ihr Interesse ist vorwiegend der Deduction zugewandt. Doch weist Wolff (Log. § 7068) mit Recht darauf hin, wie der Causalzusammenhang zur Bildung allgemeiner Urtheile von einzelnen Erfahrungen aus berechtige, wiewohl er diesem Verfahren den Namen der unvollständigen Induction (vgl. § 129), woran damals noch bei der äusserlichen Auffassung der inductiven Methode der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit haftete, nicht giebt, sondern es derselben als das bessere entgegensetzt. Die von Locke angebahnte empiristische Richtung bevorzugt die Induction, vermag aber, weil sie von den metaphysischen Beziehungen allzusehr absieht, die Theorie dieser Methode nicht wesentlich zu bereichern und zu vertiefen. Die neuesten Versuche, das, was Baco in seinem Novum Organum beabsichtigte, mit den wissenschaftlichen Mitteln unserer Zeit und in einer dem heutigen Standpuncte der positiven Wissenschaften entsprechenden Weise auszuführen, sind meist von philosophisch angeregten Vertretern naturwissenschaftlicher Disciplinen ausgegangen. Ausser den oben (zu §35) angeführten Werken von Whewell, J. Herschel, J. St. Mill und A. Comte ist hier besonders noch die auf den philosophischen Grundsätzen von Kant und Fries beruhende Schrift von Apelt zu erwähnen die Theorie der Induction, 1854. Vieles Schätzbare giebt auch, zunächst in Beziehung auf sein specielles Gebiet, Oesterlen, Medicinische Logik, 1852. Vgl. auch Liebig, Induction und Deduction (Rede, gehalten in der öffentl. Sitzung der Münchener Akad. d. Wiss. am 28. März 1865), der jedoch die logische Form der Induction zu wenig von der glücklichen Anticipation wissenschaftlicher Resultate durch die Einbildungskraft des geübten und mit seinem Gegenstande vertrauten Forschers sondert. Ueber die inductive Forschungsmethode (im weiteren Sinne dieses Ausdrucks) vgl. unten § 140.

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§ 128. Die vollständige Induction (inductio com

pleta) ist diejenige, bei welcher die Sphäre des Subjectes im Untersatze in ihrer Gesammtheit mit der Sphäre des Prädicates zusammenfällt. Dies geschieht in der Weise, dass durch vollständige Aufzählung alles Einzelnen oder Besonderen die ganze Sphäre des Allgemeinen (durch vollständige Aufzählung aller M1, M2, M3 . . . . die ganze Sphäre von S) erschöpft wird. Demgemäss kann der Untersatz hier auch durch Umkehrung auf die disjunctive Form gebracht werden:

Jedes S ist entweder M, oder M . . . . oder Mn, wodurch der Schluss in einen conjunctiv-disjunctiven Syllogismus der ersten Figur übergeht, dessen Beweis nach den allgemeinen Regeln des Syllogismus in dem Verhältniss der Sphären liegt. Jedes S fällt in eine Sphäre und die gesammte Sphäre aller S coincidirt mit einer Sphäre, welche ihrerseits in die Sphäre von P fällt; folglich ist jedes S P.

Eine vollständige Induction ist bei einer unendlichen Anzahl einzelner Glieder in zwei Fällen möglich: 1. wenn die Glieder sich räumlich zu einem Continuum zusammenschliessen, so dass eine Uebersicht über alle in einer endlichen (meist kurzen) Zeit möglich wird (was bei jedem geometrischen Beweis in der Erweiterung eines jeden zunächst auf die einzelne Figur bezüglichen Schlusses zur Allgemeingültigkeit für alle unter die gleiche Definition fallenden Figuren geschieht); 2. bei discreten Objecten dann, wenn sich syllogistisch beweisen lässt, dass, was für ein bestimmtes ntes Glied gilt, jedesmal auch für das (n + 1)te Glied gelten müsse. Doch ist diese letztere Methode (die besonders in der Arithmetik Anwendung findet) nicht mehr eine rein inductive.

Da bei der vollständigen Induction die Sphäre dessen, was nach dem gegebenen Obersatze das Prädicat P hat, mit der Sphäre dessen, dem dasselbe durch den Schlusssatz zuerkannt wird, coincidirt, so fällt dieselbe nur insofern noch unter die allgemeine Begriffsbestimmung der Induction, als sie als Grenzfall angesehen wird (in ähnlicher Weise, wie unter dem particularen Urtheil auch das universale als Grenzfall mitbegriffen ist). So lange in der Aufzählung der Individuen oder Arten M1, M, die Reihe noch nicht ganz geschlossen ist, ist noch die Sphäre des S weiter als die Sphäre von M,, M, . . und somit der Schluss auf ein Allgemeineres gerichtet; die angegebene successive Erweiterung der Subjects- (auch die Verengung der Prädicats-) Sphäre führt bis zur Gleichheit der Sphären, aber niemals

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