Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci

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F. Deuticke, 1919 - Broj stranica: 76
 

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Stranica 69 - Gefühlslebens von vornherein eine besondere Affektion entgegenbrachten. Sie geben sich dann einer Idealisierungsarbeit hin, die bestrebt ist, den großen Mann in die Reihe ihrer infantilen Vorbilder einzutragen, etwa die kindliche Vorstellung des Vaters in ihm neu zu beleben. Sie löschen diesem Wunsche zuliebe die individuellen Züge in seiner Physiognomie aus, glätten die Spuren seines Lebenskampfes mit inneren und äußeren Widerständen, dulden an ihm keinen Rest von menschlicher Schwäche...
Stranica 40 - Der Knabe verdrängt die Liebe zur Mutter, indem er sich selbst an deren Stelle setzt, sich mit der Mutter identifiziert und seine eigene Person zum Vorbild nimmt, in dessen Ähnlichkeit er seine neuen Liebesobjekte auswählt. Er ist so homosexuell geworden; eigentlich ist er in den Autoerotismus zurückgeglitten, da die Knaben, die der Heranwachsende jetzt liebt, doch nur Ersatzpersonen und Erneuerungen seiner eigenen kindlichen Person sind, die er so liebt, wie die Mutter ihn als Kind geliebt hat....
Stranica 8 - Wenn ein biographischer Versuch wirklich zum Verständnis des Seelenlebens seines Helden durchdringen will, darf er nicht, wie dies in den meisten Biographien aus Diskretion oder aus Prüderie geschieht, die sexuelle Betätigung, die geschlechtliche Eigenart des Untersuchten mit Stillschweigen übergehen.
Stranica 75 - Wir müssen hier einen Grad von Freiheit anerkennen, der psychoanalytisch nicht mehr aufzulösen ist. Ebensowenig darf man den Ausgang dieses Verdrängungsschubes als den einzig möglichen Ausgang hinstellen wollen. Einer anderen Person wäre es wahrscheinlich nicht geglückt, den Hauptanteil der Libido der Verdrängung durch die Sublimierung zur Wißbegierde zu entziehen; unter den gleichen Einwirkungen wie Leonardo hätte sie eine dauernde Beeinträchtigung der Denkarbeit oder eine nicht zu bewältigende...
Stranica 54 - Verrucht man an diesem Bilde die Figuren der Anna und der Maria voneinander abzugrenzen, so gelingt dies nicht ganz leicht. Man möchte sagen, beide sind so ineinander verschmolzen wie schlecht verdichtete Traumgestalten, so daß es an manchen Stellen schwer wird zu sagen, wo Anna aufhört und wo Maria anfängt.
Stranica 26 - Brustwarze, seiner Gestalt und Lage am Unterleib nach aber einem Penis gleichkommt, hat es die Vorstufe für die spätere Bildung jener anstößigen sexuellen Phantasie gewonnen. Wir verstehen jetzt, warum Leonardo die Erinnerung an das angebliche Erlebnis mit dem Geier in seine Säuglingszeit verlegt. Hinter dieser Phantasie verbirgt sich doch nichts anderes als eine Reminiszenz an das Saugen — oder Gesäugtwerden — an der Mutterbrust...
Stranica 20 - Die Sexualverdrängung tritt zwar auch hier ein, aber es gelingt ihr nicht, einen Partialtrieb der Sexuallust ins Unbewußte zu weisen, sondern die Libido entzieht sich dem Schicksal der Verdrängung, indem sie sich von Anfang an in Wißbegierde sublimiert und sich zu dem kräftigen Forschertrieb als VerStärkung schlägt. Auch hier wird das Forschen gewissermaßen zum Zwang und zum Ersatz der Sexualbetätigung, aber infolge der völligen Verschiedenheit der zugrunde liegenden psychischen Prozesse...
Stranica 65 - vögeln" lautet, das Glied des Mannes bei den Italienern direkt l'uccello (Vogel) heißt, so sind das nur kleine Bruchstücke aus einem großen Zusammenhange, der uns lehrt, daß der Wunsch, fliegen zu können, im Traume nichts anderes bedeutet als die Sehnsucht, geschlechtlicher Leistungen fähig zu sein.1 Es ist dies \ ein frühinfantiler Wunsch.
Stranica 30 - Leonardos stimmt zu seiner Geierphantasie; nur darum konnte er sich einem Geierkinde vergleichen. Aber wir haben als die nächste gesicherte Tatsache aus seiner Jugend erfahren, daß er im Alter von fünf Jahren in den Haushalt seines Vaters aufgenommen war; wann dies geschah, ob wenige Monate nach seiner Geburt, ob wenige Wochen vor der Aufnahme jenes Katasters, ist uns völlig unbekannt. Da tritt nun die Deutung der Geierphantasie ein und will uns belehren, daß Leonardo die entscheidenden ersten...
Stranica 35 - Es scheint mir unabweisbar anzunehmen, daß hier auch eine Wurzel des bei abendländischen Völkern so elementar auftretenden und sich so irrationell gebärdenden Judenhasses zu suchen ist. Die Beschneidung wird von den Menschen unbewußterweise der Kastration gleichgesetzt. Wenn wir uns getrauen, unsere Vermutungen in die Urzeit des Menschengeschlechts zu tragen, kann uns ahnen, daß die Beschneidung ursprünglich ein Milderungsersatz, eine Ablösung, der Kastration sein sollte. Glied des Weibes...

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