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anders übrig geblieben als Meuchelmord oder eine geheime Verschwörung; was unter gewöhnlichen Umständen als Verbrechen gelte, müsse als eine patriotische That betrachtet werden 1) (vgl. II, 585). Durch diese und ähnliche Ideen baut sich der Verfasser die Brücke zur Rechtfertigung seines Helden. Churchills Desertion im Jahre 1688 hatte ihren Ursprung in der Zähigkeit, mit der er an dem Protestantismus hing, und dem Entschluß. die Staatsreligion aufrecht zu erhalten. Je sorgfältiger wir seinen Charakter studieren, desto mehr überzeugen wir uns, daß die Liebe zum Protestantismus sein Leitstern gewesen, dem er sogar seine Herrsch- und Habsucht unterordnete. Die Aufrichtigkeit seiner Ueberzeugung ist bewiesen durch den beharrlichen Widerstand, den er dem Wunsche Jakobs, er solle Katholik werden, entgegenseßte" (I, 51).

Für die Anhänglichkeit Churchills an den Protestantismus hat W. feine anderen Beweise, als die Aussage Churchills, und den Umstand, daß derselbe Jakob auf die Gefahren von seiten der Protestanten aufmerksam. gemacht hat. Churchill stand zu sehr unter dem Einfluß seiner skeptischen, alle religiösen Bekenntnisse verspottenden Gemahlin, als daß er je sich zum Fanatismus verstiegen hätte, und die Undankbarkeit gegen seinen Wohlthäter, Verrat au seinem Kriegsherrn als religiöse Pflicht betrachtet hätte. Churchill hat die Grundsätze der Puritaner nie geteilt, welche eine Unterordnung der weltlichen Obrigkeit unter die Herrschaft Christi, d. h. unter die von ihnen selbst gegebene Deutung der Gebote Gottes forderten; bei ihm waren deshalb die leitenden Beweggründe nicht Fanatismus, sondern Selbst- und Herrschsucht: er glaubte durch den Verrat, den er an seinem König beging, die besondere Gunst Wilhelms und die höchsten Ehrenstellen zu verdienen. W. wendet ein, daß Churchill durch die Revolution eher verloren als gewonnen und ein Beispiel der Uneigennüßigkeit gegeben habe. Tie Thatsachen, die er selbst beibringt, beweisen das Gegenteil. Churchill war einige Zeit die rechte Hand und der Hauptratgeber des Draniers, derselbe benutte das Ansehen und den Einfluß des bei den Truppen von früher her so beliebten Generals, um die englischen Regimenter mit ihrer neuen Stellung und ihrem neuen Kriegsherrn auszuföhnen; erst später gestaltete sich das Verhältnis zu Wilhelm minder günstig und artete in bittere Feindschaft aus.

Die Gründe für die Entfremdung und Feindschaft des Königs und der Königin gegen Churchill und seine Gemahlin werden von W. nur angedeutet, wir irren wohl kaum, wenn wir sie in dem Abschen gegen den von Churchill geübten Verrat, in der Doppelzüngigkeit und Liebe zur Intrigue von Lord und Lady Churchill, in den bissigen Bemerkungen über

1) Unverhüllter als es W. thut, kann man den Grundsay: der Zweck heiligt die Viittel, kaum predigen. Er steht hier nicht allein. Lord Acton in der Vorrede zu Macchiavellis I Principe zitiert einige namhafte deutsche Historiker, welche unverblümt dieselben Grundsäße vortragen.

Wilhelms Regierung und seine militärische Unfähigkeit suchen Es ist bekannt, daß die Königin Mary von Gewissensbissen gefoltert wurde, daß sie die, welche ihren Vater verraten hatten, haßte. Anhänglichkeit an den Vater und Liebe zu ihrem Gemahl stritten sich in dem Herzen dieser unglücklichen Königin, die nach Burnet sich häufig den Tod wünschte als Erlösung von der höchst traurigen Lage, in der sie sich befand. Ihr Zerwürfnis mit der eigenen Schwester Anna erhöhte nur noch ihre Schwermut und die Abneigung gegen die Churchills, deren Einfluß sie die Halsstarrigkeit ihrer Schwester zuschrieb. Die unnatürlichen Töchter, welche den zärtlichsten und liebevollsten der Bäter aufs schnödeste betrogen und gekränkt hatten, verfolgten sich nun mit dem bittersten Hasse. Mary machte ihrer Schwester vor dem ganzen Hof die bittersten Vorwürfe, weil sie Lord Churchill einen Jahresgehalt von 1000 Pfund ausgeworfen, und forderte barsch die Entfernung von Lord und Lady Churchill; Anna blieb seit. Späterhin, als Anna ein Kind gebar, das nach einigen Stunden starb, fam Mary ihre Schwester zu besuchen. Sie begrüßte sie mit den Worten: Ich habe den ersten Schritt zur Aussöhnung gethan; aber jetzt verlange ich auch, daß du die Churchills verabschiedest. Als Anna dies verweigerte, verlicß sie das Zimmer, die beiden Schwestern sahen sich nie wieder (vgl. II, 256).

Es wäre wohl interessant zu erfahren, ob Wilhelm auch hier seine Gemahlin vorgeschoben und sie förmlich gezwungen habe, Streit mit ihrer Schwester anzufangen und die Entlassung Churchills zu fordern. Wohl keine Gattin hat ihrem Gatten in demselben Maße wie Mary ihre Ehre und ihr Gewissen zum Opfer gebracht; aber auch keine wurde mit schnöderem Undank gelohnt. W. bemerkt hierüber: Ihr Loos war in der That traurig. Verbunden mit einem Manne, den sie nach der Heirat zu lieben angefangen, an den sie alle die Zärtlichkeit und Wärme ihrer Natur verschwendete. erhielt sie von ihm als Gegengabe nichts als Vernachlässigung und Grauiamfeit, und mußte sehen, daß der ihr gebührende Play in seiner Liebe von einer Maitresse (Elisabeth Villiers) eingenommen wurde. Obgleich schön. jung und lebenslustig, wurde sie durch die Vernachlässigung ihres Gatten, wie sie selbst in einem ihrer Briefe schreibt, 10 Jahre lang das Leben einer Nonne zu führen gezwungen" (II, 291).

Da Macaulay gerade Churchill zum Sündenbock gemacht, so mußte sein Biograph zeigen, daß viele andere englische Staatsmänner und Offiziere sich derselben Verräterei schuldig gemacht hätten, daß Churchill eigentlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt, daß den Auftraggeber Wilhelm seine Töchter Mary und Anna weit größere Schuld treffe. Die Beweist, welche W. gegeben, hätten sich in einzelnen Fällen noch verstärken lassen. jedenfalls verdient die Offenheit des Verfassers unsere Anerkennung. Wer die eigenen Gesinnungsgenossen nicht schont, darf auch die Fehler der Gegner bloßlegen, leider ist W. vielfach zu weit gegangen. Wir sind durch Hallam, Macaulay, daran gewöhnt, die Politik Karls II und Jakobs II in Baws

und Bogen zu verurteilen, die Herrscher des Verrates am Vaterlande, des Preisgebens der europäischen Interessen zu zeihen, und übersehen dabei, daß dem Parlament und Volk wenig an der Erhaltung des europäischen Gleichgewichts lag. Keiner hat dies mehr an sich erfahren und mehr an sich gefühlt als Wilhelm III, der von 1689-97, von seinem Regierungsantritt bis zum Frieden von Ryswick, die nationale Sache und die Interessen Europas gegen das Uebergewicht Frankreichs verteidigt hat. Das Parlament würdigte seine Verdienste so wenig, daß es die Armee auflösen und nicht einmal das Geld zur Zahlung der Rückstände bewilligen wollte. Das englische Volt hätte, wenn Ludwig durch Anerkennung des Prätendenten den öffentlichen Unmut nicht hervorgerufen hätte, die Besißnahme des großen spanischen Erbes durch einen französischen Prinzen ruhig geschehen lassen. Wie unter Wilhelm III, so bestand auch unter Karl II und Jakob II eine mächtige Partei, welche den Frieden dem Kriege gegen Frankreich vorzog Selbst die Partei, welche Kart II seine Abhängigkeit von Frankreich zum Vorwurf gemacht, ließ sich, als Kart II mit dem Kriege gegen Frankreich Ernst machte, von Ludwig XIV bestechen und verhinderte den Krieg. Nicht England wollte den Krieg mit Frankreich), sondern eine rührige Partei, welche die Macht der Krone schwächen, und womöglich die bestehende Dynastie zu stürzen suchte. Es war eine Schmach für England, daß der König zu einem Pensionär der französischen Krone herabsank, es war dies jedoch gerade so gut die Schuld des Parlamentes, das kein Geld bewilligen wollte, als die des Königs, der die vom französischen König gebotenen Summen annahm. Es ist billig, Lob und Tadel nach Verdienst zu verteilen; Karl löste in den letzten Jahren seiner Regierung die Parlamente auf, weil dieselben den Geist der Verfassung verlegten, und nicht länger die öffentliche Meinung darstellten. Karl hat als konstitutioneller Monarch regiert, so lange es möglich war. W. hätte dies nicht bestreiten sollen. Jakob, der so lange Zeit in Frankreich zugebracht und die schlimmen Folgen der Nachgiebigkeit seines Bruders an sich selber erfahren mußte, zog ein unbeschränktes Königtum der englischen Verfassung

Man kann dies beklagen, aber keineswegs zum Verbrechen stempeln, im Gegenteil lag es nur zu nahe, das Parlament Karls II mit dem revolutionären Parlamente Karls I zusammen zu werfen, denn beide be= schränkten sich nicht auf ihre verfassungsmäßigen Rechte, sondern suchten alle Gewalt an sich zu reißen. Die Bemühungen des Parlaments, Jakob von der Thronfolge auszuschließen, die Ausnahmegesetze gegen die Katholiken zu verschärfen, waren eine ebenso thörichte als grundverkehrte Maßregel. Jakob würde nie mit derselben Energie auf Abschaffung dieser Geseze gedrungen haben, wenn dieselben nicht seinetwegen und gegen ihn erlassen worden wären. Diese und manch andere Gesichtspunkte, welche uns die Handlungsweise Karls II und Jakobs II in ganz anderm Lichte erscheinen lassen, sind von 2. gar nicht berücksichtigt. Manche Bemerkungen sind durchaus unrichtig. Der Jesuit, der Jakob bekehrte, heißt nicht Simons,

848 Zimmermann. Wolseley, the life of John Churchill.

sondern Emmanuel Lobb sein angenommener Name ist Simeon. Jakob wurde nicht vor der Restauration befehrt, sondern wie er selbst angibt, im Jahre 1669. Jakob behauptet, während seines Aufenthaltes in Frankreich habe ihu niemand aufgefordert, katholisch zu werden. W. bestreitet dies auf ganz allgemeine Gründe hin; ebenso behauptet er fühn, Jakob sei es mit der Gewissensfreiheit und Duldung der Konfessionen nie Ernst gewesen. Er konnte doch wissen, daß Jakob die 1685 aus Frankreich vertriebenen Hugenotten mit Geldmitteln unterstüßte. Bei W. tritt nicht hervor, daß Jakob erst dann gegen die Staatskirche auftrat, als dieselbe sich weigerte, das Loos der Katholiken zu erleichtern. Manche Charafteristiken W.s sind zutreffend, bisweilen jedoch sind die Farben zu grell, die Striche zu grob. Wer würde in folgender Fraße ein Charakterbild Karls II erkennen: Ein Sensualist, Faulenzer und Cyniker spottete er über die Religion und glaubte weder an die Ehre von Männern noch an die Tugend von Frauen. Zu dem Jagen nach Genuß gab es für ihn keine Versuchung, der er widerstanden, kein Laster und keine Niederträchtigfeit, vor der er zurückgeschreckt wäre" (I, 45). Jakob fährt bei W. noch schlechter als sein Bruder, manche der Anklagen, die er gegen denselben erhebt, sind indes schwach begründet. Z. B. daß er seine Augen an den Foltern der Covenanters in Schottland geweidet, daß er den Oberrichter Jeffries wegen seiner Grausamkeit gegen die Anhänger Monmouths belobt habe. Die Königin Maria Beatrice, die Marlborough und seiner Frau von jeher befreundet, hätte eine Charakteristik verdient, sie war eine der edelsten Frauen, die je einen Thron geziert haben.

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Selbstverständlich sind die militärischen Operationen trefflich beschrieben. 3. B. die Schlacht bei Sedgemoor, die Feldzüge in Irland. Militärische Begabung wird Wilhelm III abgestritten, Turenne habe es verstanden, mit wenigen Truppen den Krieg im großen Maßstab zu führen, Wilhelm das gegen habe troß seiner großen Armeen Krieg im kleinen Maßstab geführt. Jakob I wird als einer der klarsten und durchsichtigsten Militärschriftsteller gerühmt, so urteilte schon Wellington. Jakob, sagt W. an einer andern Stelle, war kein Feigling; aber der höchste Grad des Mutes fehlte ihm, er konnte ein Spiel, das verloren schien, nicht spielen, und zeigte weder Festigkeit noch Energie, der schnöde Undank seiner Kinder beraubte Jakob aller Fassung, er glaubte, auf niemand sich verlassen zu können und entfloh, da er von seinem Schwiegersohn das schlimmste fürchtete. Eine Fortsetzung dieser Biographie wird über die Feldzüge Marlboroughs und über die Regierung Annas Licht verbreiten, möge der Verfasser hierfür die nötige Muße finden.

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Ath. Bimmermann, S. J.

Beitschriftenschau.

1] Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde.

Bd. XX. H. 1. Bericht über die 20. Plenarversammlung der Bentraldirektion der Mon. Germ. S. 1-8. — F. Kurze, über die karolingischen Reichsannalen von 741-829 und ihre Ueberarbeitung II. Quellen und Verfasser des ersten Teiles. Vf. hält es für notwendig, bei der Untersuchung der karolingischen Reichsannalen und ihrer Quellen das Gebiet der gesamten karolingischen Annalistik kritisch zu würdigen, und deshalb behandelt er im ersten Abschnitte „die karolingischen Annalen bis zum Erscheinen der Laurissenses." Die gehaltreiche Untersuchung ermittelt für die frühere Zeit drei nicht unmittelbar erhaltene Quellen, die der Annales S. Amandi (bis 772), die Jahrbücher von Gorze (bis 777) und die Murbacher Annalen, jedoch kommen für die Frage nach dem ersten Anfange der karolingischen Annalistik nur die beiden ersten Quellen in betracht. Der zweite Abschnitt behandelt den ersten Teil der Ann. Laurissenses. Zunächst wird die Abfassungszeit festgestellt und im Anschlußz an Giesebrecht behauptet, daß das ganze Werk bis 788 in einem Zuge geschrieben worden ist. Eingehend werden die Quellen besprochen und weiter der Vf. in Hofkreisen vermutet. In dem Streit der Gelehrten, ob der lettere ein Germane oder Romane gewesen sei, nimmt Vf. keine bestimmte Stellung. Aus romanischen oder germanischen Redewendungen in den Annalen Schlüsse auf die Nationalität des Vf. zu ziehen, geht nicht an, da es bei der Mischung germanischer und romanischer Elemente am fränkischen Hofe ebenso leicht erklärlich war, wenn ein Germane einige romanische Ausdrücke gebrauchte, wie das Umgekehrte. E. Bernheim, die fagenhafte Kaiserchronik aus dem 12. Jahrhundert S 51 123. Vf. sezt sich die Aufgabe, „die von Waiz gezogenen Umrisse“ über vorliegende Materie „zu bestätigen, im einzelnen schärfer zu ziehen, auszufüllen.“ Ein Ueberblick über die uns überkommenen Nachrichten aus der jagenhaften Koiserchronik in den Ann. Pal. und den Ann. Sax. lassen erkennen, daß erstere eine fortlaufende Kaisergeschichte war. Dieselbe wird in scharfer Analyse dargestellt und das Ergebnis der Analyse ist, daß das Werk ohne jede Anlehnung an annalistische exakt historische Quellen verfaßt ist. Im weiteren Verlaufe der Untersuchung sucht Vf. Ausschluß über Herkunft, Entstehungszeit und Tendenz zu gewinnen. Die Ansicht von Waiz, daß die Chronik zur Zeit Lothars III entstanden sei, wird mit neuen Gründen unterstüßt und als Abfassungsort Gandersheim angegeben. In einem zweiten Teile analysiert Vf. die einzelnen Erzählungen - eine Analyse, die für Historisches Jahrbuch. 1894.

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