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An den Einfluss der Temperaturschwankungen hatte ich schon beim Beginn der Versuche im Sommer 1893 gedacht und dementsprechend einige Beobachtungen über den Gang der Temperatur in der Dunkelkiste an den gleichmässig warmen Tagen des August dieses Jahres angestellt. Ich setzte voraus, dass, wenn ein solcher Einfluss von Temperaturschwankungen auf die Bewegungen der Laubblätter existire, derselbe gewiss in derselben Weise sich geltend mache, wie bei den Blüthenblättern, da ja bezüglich der Wirkung von Lichtschwankungen Blüthen und Laubblätter sich als ganz gleichartig reizbar erwiesen haben. Ich nahm also an, dass die morgendliche Temperatursteigung das Oeffnen, der Abfall Nachmittags das Schliessen der Blätter bedingen könne. Das Ergebniss einiger Beobachtungen war folgendes:

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Diese Beobachtungen zeigen also durchaus eindeutig, dass das Schliessen der Blättchen bei steigender Temperatur, das Oeffnen bei ziemlich unveränderter Temperatur stattfindet. Da nun in anderen Versuchen nicht nur das Oeffnen sogar bei noch fallender Temperatur stattfand, sondern auch anscheinend überhaupt keine Beziehungen zwischen Temperatur und Blattbewegung zu finden waren, wurde einstweilen vom Einfluss der Temperaturschwankungen ganz abgesehen und auch in der Publication von 1895 nicht von demselben gesprochen.

Nach dem oben mitgetheilten Ausfall der Versuche des Sommers 1895 war aber von neuem eine ernsthafte Inangriffnahme der Temperaturfrage nöthig, zumal da auch ein eingehendes Litteraturstudium zeigte, dass schon einige Beobachtungen vorliegen, welche beweisen, dass die Laubblätter sich umgekehrt gegen Temperaturschwankungen verhalten wie die Blüthen.

Unter diesen Beobachtungen seien an erster Stelle diejenigen von J. Sachs (14) genannt, welcher bei starker und schneller Erwärmung der Mimosen, von ca. 20° C. auf 40 bis 50° die Blättchen auch bei Tageslicht in Nachtstellung übergehen sah. Da die Blätter bei diesen hohen Temperaturen bald in den unbeweglichen Zustand, die Wärmestarre übergehen, so wird man vielleicht die Schliessbewegungen der Blättchen als den Anfang der Wärmestarre betrachten müssen. Anders steht die Sache bei den Beobachtungen Millardet's (S). Dieser Forscher brachte Mimosen aus einer Temperatur von 18° plötzlich in eine Temperatur von 300 bis 33° C. Es traten Bewegungen ein, die bei jungen Blättern zum völligen Schluss der Blättchen führten, bei älteren wenigstens eine Annäherung der Blättchen bewirkten. Bei Constanz der hohen Temperatur oder bei geringer weiterer Steigerung erfolgte aber im Laufe von einer oder zwei Stunden wieder eine Oeffnungsbewegung. Niemand wird glauben, dass eine Temperatur von 30° irgendwie schädlich für die Pflanze sein könnte und dementsprechend der Blättchenschluss als Starreerscheinung gedeutet werden könnte, wissen wir doch, vgl. Haberlandt (6), dass die Mimose z. B. in Java überall als Unkraut prächtig gedeiht, obwohl sie täglich in den ersten Nachmittagsstunden einer Temperatur von 30 bis 31° C. ausgesetzt ist. Die gleiche Beobachtung kann man auch in unseren Gewächshäusern machen. Wenn also nicht die

absolute Höhe der von Millardet angewandten Temperatur den Blättchenschluss herbeiführte, so muss es die Temperatursteigerung gethan haben. Es könnte nach Millardet's Angaben scheinen, als ob auch ein plötzlicher Temperatura bfall ähnlichen Effect hätte (1. c. S. 74); bei näherer Betrachtung der betreffenden Versuche zeigt sich jedoch, dass die Pflanzen durch das Begiessen mit kaltem Wasser nicht unschwer geschädigt wurden.

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Auf die Beobachtungen Millardet's folgten im Jahre 1873 solche von Pfeffer (9) an Oxalis acetosella. Er fand, dass die Blätter bei einer plötzlichen, oder im Laufe einer Stunde eintretenden Temperatursteigerung von ca. 18° C. auf ca. 30° C. sich senken, mehr oder minder vollständig in Nachtstellung übergehen, besonders wenn der Versuch am Nachmittag ausgeführt wird. Die Senkung erfolgt wie bei der nächtlichen Senkung unter Vermehrung des Expansionsstrebens der comprimirten Seite. Die Senkung soll ferner nur innerhalb gewisser Temperaturgrenzen stattfinden, bei weiterer Erwärmung zwischen 30 und 36o beginnen die Blättchen sich wieder zu heben. Im Jahre 1875 constatirt dann Pfeffer für Hedysarum gyrans ähnliche Verhältnisse und knüpft (10 II, S. 135) an diese Beobachtungen die Bemerkung: Nach den mitgetheilten Versuchen gestaltet sich die Relation der Expansionskraft mit steigender Temperatur zu Gunsten derjenigen Gelenkhälfte, welche am schnellsten auf Verdunkelung reagirt (in einer Anmerkung wird auf das von Millardet festgestellte gleichsinnige Verhalten der Mimosa hingewiesen), während die entsprechende antagonistische Hälfte bei den Blüthen von Compositen und Crocus gerade umgekehrt mit abnehmender Temperatur verhältnissmässig schneller wächst.. Wie sich nun diese Verhältnisse bei anderen Blattorganen gestalten und in welcher Weise auf Temperaturschwankungen paratonische Bewegungen ausgeführt werden, muss ich dahingestellt sein lassen. Jedenfalls sind aber die paratonischen Temperaturwirkungen bei den untersuchten Pflanzen von Phaseolus, Trifolium, Acacia, Siegesbeckia, Impatiens und Chenopodium sehr gering.«<

Auch in Darwin's grossem Werk (3, 283) ist eine Pflanze erwähnt, die auf Temperatursteigerung mit Senkung, auf Abkühlung mit Erhebung der Blättchen antwortet; es ist die Oxalidee Averrhoa bilimbi.

Aus dem Vorstehenden erhellt, dass die Litteratur über die Frage nach dem Einfluss von Temperaturschwankungen nicht sehr ausgedehnt ist, die Sache selbst durchaus weiterer Klärung bedarf.

Es wurden daher noch im September und October 1895 Versuche mit Mimosa angestellt, und zwar, da der vorgeschrittenen Jahreszeit wegen etiolirte Blätter nicht mehr zu erzielen waren, mit grünen Blättern. Die Pflanzen wurden gewöhnlich aus einer Temperatur von 18 bis 20° C. in eine von 30 bis 38° C. gebracht, oder rasch auf diese Temperatur erwärmt. Es trat, entsprechend den Millardet'schen Versuchen, schnell Schluss der Blättchen ein. Wurden die Versuche Nachmittags angestellt, so blieben die Blättchen geschlossen; wurden sie Vormittags ausgeführt, so trat im diffusen Tageslicht bei gleichbleibender hoher Temperatur wieder Oeffnung der Blättchen ein. Offenbar siegt die paratonische Wirkung des Lichtes allmählich über die Wärmewirkung, oder es hatten sich die Blättchen an die höhere Temperatur accommodirt. Versuche bei Lichtabschluss, speciell mit etiolirten Blättern, wurden dann auf den Sommer 1896 verschoben. In der Zwischenzeit erschien eine interessante Arbeit von Correns (2), welche in den Ranken ein neues Object kennen lehrte, das Temperaturveränderung als Reiz empfindet. So wie aber Correns bei seinen Untersuchungen den Mangel an Einrichtungen zur Constanthaltung der Temperatur für längere Zeit schmerzlich empfand, so ging es mir im verflossenen Sommer. Nach einigen Versuchen primitiver Art

musste ich mich entschliessen, zunächst einen Apparat herzustellen, der sowohl constante, wie auch stetig wechselnde Temperaturen in den nothwendigen Grenzen zu erzielen geDie Herstellung dieses Apparates nahm mehr Zeit und Arbeit in Anspruch, als ich gedacht hatte, und erst am Ende des Sommers konnten die eigentlichen Versuche beginnen, die denn auch bei weitem nicht auf alle die Fragen sich erstrecken konnten, deren Lösung beabsichtigt war. Indem ich mir diese für künftige Sommer vorbehalte, möchte ich in den folgenden Zeilen nur den Beweis liefern, dass die im Dunkeln stattfindenden Bewegungen der Mimosenblätter wirklich durch Temperaturschwankungen verursacht sind.

vor.

Auf eine Beschreibung des verwendeten Apparates verzichte ich hier, da ich sie an anderem Orte ausführlich geben werde, nur die Grundprincipien desselben hebe ich herVor nicht langer Zeit hat Pfeffer (12) die von ihm getroffene Einrichtung des Zimmers mit constanten Temperaturen im Leipziger botanischen Institut geschildert. Ein solches hätte ich mir in kleinem Maassstabe wohl einrichten können, wenn es meinen Zwecken gedient hätte. Aus zwei Gründen aber war das nicht der Fall, einmal ist es ein Dunkelzimmer, sodann giebt es nur Temperaturen, die über der Lufttemperatur liegen. In meinen Versuchen aber handelte es sich darum, Mimosen unter möglichst günstigen Beleuchtungsverhältnissen zu cultiviren, nur ihre Gipfel in den dunkeln Raum von bestimmter Temperatur einzuführen. Das Haus, in dem die Mimosen standen, erwärmte sich bei Tag unter dem Einfluss der Sonnenstrahlen nicht unbeträchtlich und kühlte Nachts ev. stark ab; der dunkle Kasten, der die Gipfel enthielt, musste also unter Umständen unter die Temperatur der Umgebung abgekühlt, bei Nacht dagegen erwärmt werden. Eine selbstthätige Regulation der Kastentemperatur wurde nun dadurch erzielt, dass unter dem Kasten eine Gasflamme von ungefähr constanter Grösse, also unregulirbar, brannte, während durch die hohle Wand des Kastens, wenn nöthig, zur Abkühlung Wasserströme geschickt werden konnten. Als Dunkelkammer kam demnach ein Blechkasten zur Verwendung, dessen Boden, Decke, Vorder- und Seitenwände doppelt waren, während die Rückseite von einer ausziehbaren Glasscheibe gebildet war, die durch einen Blechdeckel mit übergreifendem Rand verdunkelt wurde. In der dem Licht zugekehrten Vorderwand befinden sich nahe dem Boden einige Oeffnungen, durch welche die Gipfel der Mimosen durchgeführt werden und in welchen sie mit Hülfe von halbirten Korken und schwarzem Wachs lichtdicht befestigt werden. Erwärmte sich das im Hohlraum der Wand befindliche Wasser über eine gewünschte Temperatur, so wurde durch Ausdehnung von Alkohol oder auch durch vermehrte Dampfspannung leichtsiedender Flüssigkeiten ein Quecksilberniveau gehoben, und ein auf diesem befindlicher Schwimmer stellte den Contact in einem electrischen Stromkreis her. Durch den Strom trat ein Electromagnet in Thätigkeit. Zieht dieser seinen Anker an, so öffnet sich ein Ventil und ein Wasserstrom, der zuvor an dem Apparat vorbeifloss, durchfliesst nun die Wand des Kastens. Ist die Temperatur genügend gesunken, so wird ein anderer Stromkreis geschlossen und das Wasser geht wieder seinen früheren Weg, am Apparat vorbei. Es ist klar, dass auf diese Weise immer eine langsame Erwärmung des in der Kastenwand befindlichen Wassers mit einer plötzlichen Abkühlung abwechselt; wenn man aber die Wand innen mit einem schlechten Wärmeleiter, z. B. mit Holzpappe auskleidet, so machen sich diese Wärmeschwankungen in dem Luftraum des Apparates, auf den es ja allein ankommt, nicht bemerkbar. Thatsache ist jedenfalls, dass die Regulirung der Temperatur weit genauer ist, als die Versuche sie verlangt hätten. Handelt es sich nicht um constante, sondern um stetig steigende oder fallende. Botanische Zeitung. 1897. Heft II.

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Temperaturen, so wird die Contactvorrichtung, auf welche der Schimmer einwirkt, durch ein Uhrwerk mit beliebiger Geschwindigkeit gehoben oder gesenkt.

Versuche mit bestimmten Temperaturen für einige Stunden bis zu einigen Tagen sind mit solchen Apparaten ohne alle Schwierigkeiten durchzuführen. Mit der Dauer der Versuche nehmen natürlich die Schwierigkeiten ganz bedeutend zu und es ist mir bis jetzt nur selten geglückt, bestimmte Temperaturen einige Wochen lang zu erhalten. Zahllose Störungen, theils an der Construction des Apparates liegend, wie das Versagen des electrischen Contactes, theils auf unvorhergesehenen äusseren Einflüssen beruhend, wie z. B. das Ausbleiben des Wasserstromes infolge von Reparaturen im Leitungssystem der Stadt setzten nicht selten die Geduld des Experimentators auf eine harte Probe.

Die erste Frage, der ich mich zuwandte, war natürlich die, ob es möglich ist, in meinen Dunkelkästen einzig und allein durch Temperaturschwankungen die periodischen Blattbewegungen zu erzielen. Die Vorfrage war nach dem Gang der Temperatur in den Holzkästen der früheren Versuche. Von einem bestimmten regelmässigen Gang der Temperatur kann nur an gleichmässig schönen Tagen die Rede sein, an welchen sich eine ganz charakteristische Curve ergiebt (vergl. Curve 1).

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Bei der Ermittelung der vorstehenden Curven leistete mir ein Richard'scher Thermograph die besten Dienste. Ich benutze diese Gelegenheit, Herrn Professor Grafen zu Solms-Laubach meinen besten Dank dafür auszusprechen, dass er, um meine Versuche zu fördern, ein solches Instrument für das botanische Institut beschaffte.

Bemerkenswerth ist der gleichmässige, schwankungslose Verlauf der Curven an allen schönen Tagen. Tag für Tag haben wir einen regelmässigen Wechsel zwischen steigender Temperatur (in den Morgen- und Mittagsstunden) und fallender Temperatur (in den späten Nachmittag- und Nachtstunden). Die höchste und die niederste Temperatur tritt zu auffallend bestimmten Tageszeiten ein, erstere im Allgemeinen um 4 Uhr Nachmittags; letztere um 6 Uhr Morgens. Die Differenz zwischen diesen beiden Extremen beträgt an hellen Tagen bis zu 20 Grad Celsius. An gleichmässig trüben Tagen dagegen ist die Differenz sehr viel unbedeutender (29. April, 1. Mai), auch fallen dann die Extremtemperaturen nicht genau auf die angegebene Zeit. An Tagen mit schwankender Temperatur können natürlich auch ganz unregelmässig gestaltete Curven zu Stande kommen. Bei näherer Betrachtung der Art und Weise der Temperaturänderung ergiebt sich, dass das Ansteigen im Allgemeinen 3 Phasen zeigt; zunächst erfolgt sie sehr langsam, dann sehr schnell, schliesslich wieder langsam; und vom Fallen gilt Entsprechendes. Jedoch ist auf einen Unterschied zwischen dem Abfall und dem Steigen der Temperatur hinzuweisen ersterer vollzieht sich in ca. 14, letzteres in 10 Stunden. Dieser Unterschied ist bedingt durch die ganz ausserordentlich langsame Temperaturänderung während der 3. Phase des Temperaturabfalles in den Nachtstunden.

Wenngleich es keine Schwierigkeiten gemacht hätte, diesen natürlichen Gang der Temperatur künstlich genau nachzuahmen, so sah ich doch zunächst davon ab und liess (vgl. z. B. Curve 2)

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