Slike stranica
PDF
ePub

suchen es zu erklären, was ihnen gewöhnlich durch zwei Mittel gelingt: entweder halten sie aufrecht, dass Dante in Brutus und Cassius nicht die Mörder Caesars, sondern die Verletzer der kaiserlichen Gewalt und Majestät in der Person ihres Begründers verdammen wollte"), oder sie stellen die Sache so hin, als ob Dante nur einem rein poetischen allegorischen Gedanken verfolgt habes). Coluccio wählt weder den einen noch den anderen dieser Wege, sondern will der Frage auf den Grund kommen, und versucht zu patria et che Bruto et Cassio giustamente l'amazarono. . . . - Für die Rechtsmässigkeit der Regierung Caesar's scheinen nur die sogenannten Chiose anonime alla prima Cantica, herausgg. von Selmi. Torino 1865. 8. 205 ff.: per questo malvagio e scuro tradimento fu morto il magnifico Cesare, il quale per sua virtù senno cortesia ed ardire conquistò il mondo . . .", und der Comment. d'Anonimo fiorentino, herausg. von Fanfa ni, Bologna 1866. I. s. 711 ff. einzutreten: derselbe Comment. d'An onimo aber folgt der allgemeinen Ansicht in einer Erklärung zum VI. Gesange des Paradiso: III. s. 120: La justicia di Dio che non compatia Cesare in quella sedia mise in cuore ai Senatori di douerlo uccidere..." Auch Pontano, De oboedientia, in Opera. Basileae 1566. I. 123. betrachtet Caesar als einen Tyrannen.

[ocr errors]

99...

[ocr errors]

.

[ocr errors]

33) Vgl. Comment. d'Anon. fiorent. s. 711: . . .,,Cesare fu il principio degli Imperadori sotto la cui Signoria volle Cristo essere crocifisso...“ Christ. Landino, Comment. cit. s. 160:,,Era conveniente cosa che, come Lucifero tormentava Giuda traditore dell'Imperatore divino, cosi anco punisse chi avesse tradito lo Imperatore et Monarcha humano. Et perchè di comune consenso del nome Christiano è istituito che il Romano Imperatore sia capo di tutta l'amministrazione temporale di tutta la Christiana Republica . . pone Cesare primo non per Cesare... ma per l'Impero; et Bruto et Cassio... per chi uccide il vero Monarca . . ."; Giannotti, Dé giorni etc. . . . „,seguitando l'opinione cristiana vuole che per speciale providentia di Dio l'Impero del mondo fosse ridotto in podestà dei Romani e poi degli Imperadori, gli pare che chiunque tradisce la maestà dell'Imperatore romano debba essere punito in quel medesimo luogo et con quelle pene istesse con chi tradisce la Maestà divina . . .“ etc: sehr lakonisch, Stef. Talice da Ricaldone, Comment. s. 209: tamen non debebat occidi ab istis, nec est verum quod ipsum occiderunt propter liberare patriam . . .‘

[ocr errors]

84) So ist die Meinung Niccoli's nach Bruni, Ad Petr. Histr. 8. 77: Non ignoravit haec Dantes, sed legitimum principem et mundanarum rerum iustissimum monarcham in Caesare finxit, in Bruto autem seditiosum turbolentum ac nefarium hominem

66

etc.

beweisen, dass Brutus und Cassius gerecht von Dante verurteilt worden sind, nicht etwa, weil sie den römischen Kaiser getötet hätten, oder weil sie als Symbol des verbrecherischen Aufruhres bestraft werden müssten, sondern weil sie wirklich denjenigen getötet hatten, den man als rechtmässigen und gerechten Fürsten nicht töten dürfte. Flüchtig nur bringt Coluccio Caesars kaiserliche Würde in Anschlag: 35) seinem Gesichtspunte nach, ist Caesar gar nicht der erste römische Kaiser, sondern nur der Alleinherrscher von Rom, der von den zahlreichen Alleinherrschern, welche Coluccio täglich in den benachbarten und entfernten italienischen Städten auftauchen sah, nur wenig verschieden war. Auf die juristische Folgen einer solchen Anschauungsweise werden wir demnächst zurückkommen: jetzt wollen wir nur bemerken, dass aus dieser Anschauungsweise, schon vom rein literarischen Gesichtspunkte aus, sich eine ganz besondere neue Richtung und persönliche Eigenart der Beweisführung ergeben hat. Die Tatbestandsfrage, welche für die meisten Erklärer Dantes nur in zweiter Reihe kam, wird für unseren Verfasser zur Hauptsache: alles hängt, seiner Meinung nach, von der Feststellung der Tatsache ab, ob wirklich Caesar ein Tyrann gewesen sei, oder nicht. So sieht er sich gezwungen, die auf dem Wege der Überlieferung in seiner Zeit ganz allgemein aufgenommene Meinung, welche in Caesar einen Tyrannen sah, nämlich einem mit Gewalt und gegen das Gesetz zur Macht gelangten Herrscher, energisch zu bekämpfen. Natürlich benutzt er für seine Darlegung die Waffen, welche ihm gerade in die Hände kommen: nämlich die ihm bekannten klassischen Schriftsteller. Es handelte sich gewiss nicht um einen vollständigen und sicheren historischen Stoff, und die ganze Darlegung besteht aus einer oft ganz

35) Nur am Ende des Traktates: Trakt. c. 5. § 7:,,Verum cum auctor iste doctissimus christianus videret ex rerum effectibus, qui divine voluntatis verissimi testes sunt, deum decrevisse res hominum sub una Romanorum redigi monarchia, nonne debuit eos, qui conati sunt huic ordinationi qua ratione potuerunt obsistere, velut dispositioni Dei contrarios, inter damnatos et reprobos deputare? . . ."

[ocr errors]

rhetorischen Widerlegung einiger geschichtlich erklärbaren Gegensätze Ciceros :") aber die Bedeutung des Traktates liegt gewiss nicht in dem kritischen Werte der Darstellung, vielmehr, wie schon gesagt, in seiner Eigenart, und, wie ich noch sagen möchte, in der eigentümlichen Lage, in welcher sich Coluccio allen anderen Erklärern des Gedankens Dantes gegenüber befindet, und in der Tatsache, dass er deswegen eine neue Auslegung darüber heranziehen muss. Freilich werden wir nicht sagen können, dass seine Auslegung sehr überzeugend sei. Denn, ohne Zweifel, wenn er Brutus und Cassius nur als die Mörder eines gerechten und rechtmässigen Fürsten betrachtet, weicht er von dem Begriffe und der Absicht des Dichters ab. Denn, obwohl Dante Caesar anscheinend nicht als einen Tyrannen betrachten wollte, dachte der Dichter doch zweifellos nicht an die Rechtmässigkeit und Legitimität der Regierung Caesars, als er die Mörder Caesars mit Judas Luzifer in die Rachen steckte: er dachte wohl nur an Caesars Würde als Kaiser, und zwar als ersten römischen Kaiser, angesichts welcher, seiner Meinung nach, die Frage über die Art, mit der Caesar die Macht gewann und ausübte, eben sehr geringe Bedeutung hatte, aus dem Grunde, dass die kaiserliche Rechtmässigkeit vor allem in göttlichen Willen begründet war. 7) Wenn aber Salutati den Gedanken Dantes nicht vollständig verstanden zu haben scheint, so gab er doch einer wissenschaftlichen und politischen Neigung seiner Zeit nach, und seine Anschauungsweise der Frage scheint uns darum im subjektiven Sinne ganz logisch und natürlich.

5. Bevor wir aber auf diese Neigung näher eingehen, welche mehr die juristische als die literarische Bedeutung des Traktates betrifft, müssen wir auf einem anderen Punkt zu sprechen kommen, der gleichfalls die Bedeutung des Traktates für die Literaturgeschichte rechtfertigt. Es handelt sich hier

36) Vgl. De Tyrann. c. 4 u. 5.

37) Ich verweise hier den Leser auf alle Erklärer des politischen Gedankens Dantes: vgl. besonders das dritte Buch der Monarchia.

bei immer noch um Dante und zwar um den letzten Gesang des Inferno. Salutati gibt, im Laufe seiner Rede, eine allegorische Auslegung der drei berühmten Gesichter Luzifers und der drei betreffenden Farben,38) die mir wohl ganz originell zu sein scheint.") Denn, so viel ich weiss, bedeuten die drei Gesichter Luzifers, der Meinung aller ihm vorhergehenden Erklärer nach, die grundlegenden Laster des menschlichen Lebens: und es gibt Meinungsverschiedenheit bloss fiber die Feststellung und die Verteilung dieser drei Laster, welche, je nach den verschiedenen Auslegungen, Unwissenheit, Hass und Kraftlosigkeit"), oder Geiz, Neid und Unwissenheit"), oder Zorn, Geiz und Neid"), oder endlich Zorn, Kraftlosigkeit und Unwissenheit) bedeuten. Salutati aber denkt gar nicht an diese drei Laster: er sagt dagegen, dass die Farben der drei Gesichter mit den Wirkungen in Zusammenhang stehen, die die Sünde in der Seele des Sünders hervorruft: der Gewissensbiss, die Furcht vor Strafe und der Makel des Gewissens.") Dies gehe daraus hervor, dass Judas, in das rote den Ge

39) De Tyrann. c. 5. §. 2 ff: vgl. Dante, I n f. c. XXXIV. 37-45. 39) Vgl. die Rand bemerkung des Cod. Sesso r. 1443 zu dieser Stelle des Traktates Coluccio's (Trakt. c. 5. § 3)

40) So: Chiose anonime, herausgg. von Selmi, s. 203; Benven, da Imola, Comment, supra Dantis Aligh. Comoediam, herausg. von Lacaita, Firenze 1887 s. 554; Petr. Aligh., Ipsius genitoris Comoediae Commentar., herausg. von Nannucci. Firenze 1845. I. 8. 279; Ottimo Comm. alla Div. Commed. herausg. von Torri. Pisa 1827 8. 581.

41) So: Comment. d'a non. fiorent. cit. s. 707 f.

42) So: Franc. Buti, Comment. alla Div. Commed. herausg. von Giannini. Pisa 1825s. 853: auch Christ., Landino, C om men t. cit. s. 159ff.; Bern. Daniello da Lucca, Esposizione di Dante. Venezia 1868 8. 150 f. 4) So: Jacopo della Lana, Comment. alla Div. Commed. Milano 1865. 8. 155; Jacopo Aligher., Chiose alla cantica dell'Inferno attribuite a Jacopo Alig h., herausg. von Vernon, Firenze. 1848. s. 262.

[ocr errors]

44) DeTyranno, c. 5. § 3: .. Et colores quidem trium capitum referri possunt ad tres effectus, qui gignuntur in mentibus peccatorum: primus est rubor ex morsu conscientie, secundus est pallor ex metu pene, tertius est nigredo, qui color est nota ex macula culpe..."

wissensbiss bedeutende Gesicht gesteckt worden ist, weil er von dem Gewissensbisse getrieben, sein Verbrechen zu beichten, gezwungen worden sei, bevor er sich entleibte;") Cassius in das blaue die Furcht bedeutende Gesicht, weil er sich aus übermässiger Furcht, obgleich er schon beinahe gesiegt hatte, töten wollte; ") Brutus, in das schwarze, die macula culpae bedeutende Gesicht, als derjenige, dessen Verbrechen deshalb das schwerste und abscheulichste war, weil er nicht nur seinen eigenen Herrscher, sondern auch seinen Vater und Wohltäter zu ermörden wagte.") Wir wollen jetzt nicht über die Wahrscheinlichkeit und Begründung dieser Auslegung diskutieren: es schien uns aber der Mühe wert, auf sie aufmerksam zu machen: mögen nun die Danteforscher die Bedeutung, die sie verdient, gebührend würdigen.

99...

45) De Tyranno c. 5. § 3: . . Judas enim in rubeo capite quod primum est immersus caput Luciferi faucibus penam luit: Juda quidem, ut ex libro Philonis probat Jeronimus, hebraice scriptum Laudatio sive Confessio latine dicitur et interpretatur, Judas autem confitens sive glorificans: hic enim penitentia ductus referens triginta argenteos inquit: peccavi tradens sanguinem iustum. Vox quidem confitentis est peccavi: glorificans autem sive laudantis vox fuit: sanguinem iustum. Is ergo qui penitens laqueo se suspendit, primo rubeoque capite punitur immersus . . .

66

46) DeTyrann oc. 5. § 3: ...,,Cassius de quo legitur quod cogitans Brutum esse devictum et ob id metuens in manus hostium devenire uni de proximis caput prebuit abscidendum: historia quidem habet quod illa pugna Brutus exercitui occurrit Octavij, quem repulsum atque confectum castris exuit. Vidente tamen C. Cassio equites ad capienda castra cum impetu recurrentes, cum fugisse crederet, actum de Bruto ratus, in tumulum se redegit et exploratore tardim redeunte, metu se contulit ad mortem subeundam. Qua consideratione fuit a Dante capiti pallido deputatus. . ."

66

47) De Tyranno c. 5. § 3: ,,... Brutus vero licet Octavij victor cum superatum videret Cassium et licet sero sciret eadem die maritimo bello se fuisse victorem, omnia tamen languescere cernens et Cassium mortuum, scelere et impietate cause victus, hauriendum latus uni sociorum exhibuit. Et quoniam nota criminis maior eidem iniusta fuit, eo quod Caesaris filius putaretur, ipsum nigro capiti Dantes, ut cernitur, assignavit . . .

[ocr errors]
« PrethodnaNastavi »