Die gemietheten Horden, an ihrer Spise die von der Gemeinde besoldeten Marseiller, hinter ihnen her die ganze Masse neugieriger und raubsüchtiger Vorstädter stürmten den königlichen Palast, und der König war von 7 Uhr Morgens bis 9 Uhr in steter Todesangst. Wie immer zeigte auch jest Ludwig nur leidenden Muth, nicht die geringste Kraft, Würde, Besonnenheit, Ueberlegung, oder auch nur festen Entschluß, dem Tode ins Auge zu sehen, vielweniger ihn an der Spiße der Schweizer und treuen Nationalgarden zu suchen. Kein Gedanke an das alte Wort, daß Ehre verloren Alles verloren sey, hielt ihn ab, dem, vielleicht gar im Einverständniß mit den Urhebern der Gräuel, gegebenen Rath Röderers zu folgen, und sich mit seiner Familie in die Nationalversammlung zu begeben w), wo er in einem Stübchen, das dem sogenannten Logotachygraphen x) bestimmt war, von 9 bis 2 Uhr Nachts blieb, und alles Schmähliche,

2 Uhr Nachts waren sie in hinreichender Anzahl versammelt, um zu berathschlagen; ihr erster Act war, Pethion, den die Nationalgarden in den Tuillerien als Geißel halten wollten, kommen zu lassen und frey zu machen.

w) Nicht blos in späterer Zeit, sondern gleich nach dem Sturz Robespierres, im Jahre 1795, wurde dies Nöderer laut und öffentlich vorgeworfen. Richer-Serisy im Accusateur public No. V. läßt ein Gespräch zwischen ihm und Merlin halten, da heißt es pag. 31.: Mais toi, Conseiller du parlement de Metz, toi ex-Constituant, toi du clubb de 89, toi procureur-syndic royal du departement de Paris, ne crains-tu pas qu'il ne t'accuse aussi de Royalisme? Roederer. Ah! c'est où je t'attends je n'ai qu'un mot à lui dire, tu m'entends Ego sum qui tradidit eum.

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x) Nicht dem Fournal des Logographen, diese Logotachygraphie war eine der vielen Erfindungen, die in der Ge burt erstickt sind.

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was man über ihn beschloß, anhörte. Daf bey einer verständigen Leitung und fester Entschlossenheit des Königs, ehe man die groben Canonier der Nationalgarde einlief und sich in die engen Höfe einsperrte, Widerstand möglich gewesen wäre und eine Aussicht der Rettung, das bewiesen dem schwachen Könige die Schweizer, die, bis er ihnen zu ihrem Verderben befehlen ließ, nicht weiter zu feuern, das Gesindel tüchtig bekämpften. Der Widerstand der Schweizer und die dadurch veranlaßte Mordscene, daß das Volk die Wehrlosen würgte, kostete einigen tausend Menschen das Leben, doch blieben die Haupturheber hinter der Scene und ließen einen Danton y), Legendre, Santerre, Panis, Chaumette, Chabot die Ehre der ersten Rolle. Noch wütheten in der Nähe der Nationalversammlung Mord und Gräuel, Plünderung und Brand, noch dauerte die Herrschaft des Frevels und der Marseiller fort, als die beredeten und hochherzigen Enthusiasten für Nom und Griechenland auf die Bühne traten, doch freylich in der lästigen Gesellschaft derer, die nur Mord und Raub und ihren eignen Vortheil suchten, und ihnen bald dasselbe Spiel spielten, das sie selbst den Constitutionellen gespielt hatten. Vergniaud und Guadet nämlich, in der üblen Gesellschaft eines Jean Debry, brachten über die Suspension des Königs (suspension provisoire) z) die Einrichtung einer interi

y) Danton leitete Alles im Innern von Paris; Chabot belebte durch seine Kapuziner - Beredsamkeit, die für den gemeinen Haufen paste, die Antons - Vorstadt; doch traute man Pethion von Seiten der Facobiner nicht; auch war es iekt mit seiner Bürgermeisterschaft vorbey.

z) Es sind 12 Artikel und 7 Considérants.

mistischen Verwaltung und die Art, wie man über die völlige Vernichtung der Monarchie im Staat das Volk befragen wolle, in der schrecklichen Nacht vom 10ten bis zum 11ten in Gegenwart des Königs Decrete vor, die unmöglich in Eile konnten entworfen seyn a). Ein Nationalconvent sollte berufen, mit der ganzen Volksgewalt bekleidet, eine neue Constitution verfaßt werden, zugleich ward eine allgemeine Gleichheit proclamirt und der König auf eine unwürdige Weise erst als geringer Privatmann, gleich darauf im Thurm des Tempels als Gefangener behandelt. Das leste geschah am 13ten, und die verhaften Feinde der unglücklichen Maria Antoinette, der Maire Pethion und der Gemeinde. Procurator Manuel, sonst keine der gemeinen Seelen, hatten die Grausamkeit, sich der königlichen Familie als Begleiter ins Gefängniß auszudringen. Von diesem Augenblicke an by stand Frankreich völlig unter der Pariser

a) Ueber Vergniauds Suspensions-Decret und dessen Considérants urtheilt ganz richtig die Hist. de la révolution par deux amis de la liberté tom. VIII. p. 191. On appercevoit dans ce décret la marche lente et mesurée des Girondins qui en étoient les auteurs. Croyant encore à la possibilité d'effectuer leur projet de regner sous le nom du prince Royal ils s'efforçoient d'étayer la constitution et n'avoient rien laissé échapper, qui pût inspirer l'idée de détruire la monarchie. Barbaroux sagt in seinen Mémoires ausdrücklich, was die andern errathen lassen, daß Alles vorher fertig war - doch gestehe ich, daß diese ganzen Mémoires mir verdächtig sind die Keckheit der Speculanten geht ieht darin sehr weit.

b) Neber vieles Einzelne vergleiche man im 9ten Theil von Bertrand de Molleville hist. de la revol. Française die pièces justificatives und Not. I. hinter dem Band, und ganz besonders die Stellen in den Mémoires de Barbaroux, wo Gemeinde-Verwaltung, die sich in der Nacht des 10. Augusts im Namen des Volks selbst eingerichtet und bestellt hatte. In dieser neuen Municipalität hatte Pethion durchaus keine Bedeutung mehr, obgleich er noch eine Zeitlang scheinbar an der Spike derselben stand. Auf dieselbe Weise wie die Enthusiasten, Redner und reinen Republikaner in der Gemeindeverwaltung nur Figuranten blieben, so waren sie es auch in den Ministerien, denn diese wurden zwar scheinbar mit der Mehrzahl von Girondisten oder Republikanern besest; im Grunde lachte aber Danton, der das Justizministerium erhielt, der pedantischen Enthusiasten, die sich einbildeten, auf einer Grundsäule von Verbrechen eine wahre und reine Democratie, die Verfassung der reinsten Tugend, wie selbst Montesquieu sie hätte lehren sollen, gründen zu können. Während die Gironde träumte, sorgte der Jacobiner Jean Debry, der bekanntlich die Freyheit so weit liebte, als sie ihm nüklich war, durch den Vorschlag, daß die Wahl der neuen constitutiven Versammlung, die über das Schicksal des Königs und des Reichs definitiv entscheiden sollte, allen Franzosen, ohne Ausnahme, nur Bettler und Vagabunden ausgenommen, sollte überlassen werden, hinreichend dafür, daß die Jacobiner und ihre Freunde aus

er so ganz unbefangen sich, Pétion, Noland, und die andern Tugendhaften wegen ihres Antheils rühmt. Bekanntlich ist des Poultier histoire du 10 Août ein ganzer Octavband; Vieles findet man in den Mémoires de Ferrières und den éclaircissements der neuen Herausgeber. In den Mémoires de Madame de Campan, tom. II. chap. XXI. pag. 228. éclairissements lett. K. ist eine Seite der Scene, bey dem temoin oculaire, dessen Bericht man in der Bran'schen Minerva überseht findet, eine andre.

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Ruder kämen; und um Uebertreibung in jede Verwal tung zu bringen, ward der heftigen Jugend der Zugang zu allen Stellen eröffnet c). Alle Statuen voriger Könige, alle Zeichen königlicher Gewalt wichen icht, nicht etwa der blinden Wuth der Schaaren, die man die Marseiller nannte, und des Pöbels, der den Kindern gleich am Zerstören seine Freude hat, sondern dem kaltblütig entworfenen Gesez des Thüriot, eines gemäßigten Republikaners. Kurz darauf wurden alle, die eine monarchische Constitution für Frankreich dem Schatten einer Republik vorzuziehen schienen, vor ein Tribunal gerufen, das blos zu ihrer Verdammung ernannt war. Vergebens würde man übrigens hier nur das Werk einer Faction suchen; nein, der Enthusiasmus eines freudeberauschten Volks und seine Wuth gegen eine Menschengattung, die alles, was nicht vornehm oder reich ist, so tief verachtet, wie die französische Aristocratie zu thun gewohnt war, zeigte sich vielmehr in allen Provinzen und besonders in der Hauptstadt gränzenlos. Eine lange gedrückte zum Theil von den Lastern derer, die sie gedrückt hatten, angesteckte Bevölkerung einer großen Stadt, bald des ganzen Landes, fühlte sich auf einmal frey von allen innern und äußern Fesseln; warf die Religion mit dem Pfaffenthum und den Gehorsam mit der Furcht vor dem Könige hinweg, und schien erst jekt zu empfinden, wie tief es Jahrhunderte lang herabgedrückt, und zum Lasttragen oder bloßem Genießen verdammt gewesen sey. Keine menschliche Macht hätte jest die Ausgelassenheit plöslich