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gedacht haben, weil sonst seine doppelte Repräsentation lächerlich gewesen wäre. Die Grundsäße, die den dritten Stand leiteten, sind in der Schrift des Abbé Sieyes angegeben, und der ganze Gang der Versammlung findet sich fast bey ihm, war also von ihm und seinem Freunde Mirabeau vorher berechnet und bestimmt, obgleich er feltner auftrat und den Ruhm der Redekunst Andern überlief. Der Streit über die gemeinsame oder nicht gemeinsame Prüfung der Vollmachten, den die beiden ersten Stände anfingen, und der den ganzen Monat hindurch geführt ward k), brachte übrigens die Ohnmacht der Regierung und der gesammten Aristocratie und Hierarchie völlig ans Licht, und gab zugleich dem erbitterten Mirabeau Gelegenheit, seine Kenntniß der Leute, mit denen man es zu thun hatte, durch die hinreifende Manier seiner Beredsamkeit der Versammlung mitzutheilen. Alle Unterhandlungen zwischen den Ständen über ihre Vereinigung waren übrigens fruchtlos, schon am 19ten brach der dritte Stand sie ganz ab, nahm sie zwar aus Achtung für den König wieder auf, erklärte aber schon am 10. Juny peremtorisch, daß er sich allein constituiren werde, und nahm endlich in der merkwürdigen Sikung vom 17. Juny den Titel National - Versammlung für

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sich allein in Anspruch. Was diefer Name andeutete, kann man aus Sicyes Schrift über den dritten Stand lernen, obgleich nicht er, sondern ein sonst weniger be

k) Sm Point du jour muß man das Einzelne der Tage bis zum 17. Suny suchen, und zwar füllt es den ganzen ersten Band, die Deputirten theilten dem Verfasser (Barère) ihre Neden mit. Den 17ten Funias, d. h. Neden und Motionen sehe man bey Mirabeau lettre X. à ses commettans.

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kannter Deputirter von Berry, Legrand, den Ausdruck angab. Die Spaltung im Clerus, die bedeutende Minorität des Adels machte übrigens den Schritt sehr leicht 1). Um sich der gesekgebenden Macht sicher zu bemächtigen, fügte der dritte Stand seinem Beschluß die Erklärung hinzu, daß alle Abgaben, die gegenwärtig erhoben würden, geseswidrig seyen und nur so lange erhoben werden könnten, bis die gegenwärtige Versammlung, aus welchem Grunde es immer seyn möchte, entlassen worden. Auch die zahlreichen Rentenirer zog man schlau in das Interesse des dritten Standes durch die Erklärung, daß die Versammlung, sobald die Regeneration des Staats vollendet sey, dafür sorgen wolle, daß kein Staatsbankerott erfolge. Dieser leste Schritt war zu bedeutend, der Hof zu sehr gereizt, als daß nicht die ganze Aristocratie aufmerksam geworden wäre, ja selbst Necker gerieth in Besorgniß, und man beschloß, wie es zu spät war, eine Constitution von obenher zu ertheilen. Schon war das Ansehen des Hofs verloren, das Ruder den Händen

1) Mit diesem Tage (17. Suny) beginnt die Sammlung, die d'Allemand seit 1818 bey Eymery und Corréard herausgibt: Choix de rapports, opinions et discours prononcés à la tribune nationale depuis 1789 jusqu'à ce jour Tom. I. Ich bezweifle aber aus guten Gründen von vielen Stücken die Authenticität, auch ist die Einrichtung auf einseitige Ansichten des Liberalismus gegründet. Ueber die Stimmung in der Adelskammer, Prüdhomme I. p. 65. Dans la chambre de la noblesse les apôtres de la réunion avoient toujours été plus nombreux et plus puissans. Le duc d'Orleans étoit a leur tête et son nom faisoit déja un grand poids dans la balance; mais le duc de la Rochefoucauld et quelques autres noms estimés, et illustres montroient plus de zéle encore, causoient moins d'enthousiasme et méritoient plus d'estime.

derer, die es schlecht geführt hatten, entschlüpft, die Soldaten der französischen Regimenter zu Patrioten geworden, weil ihre Offiziers Adeliche waren, der Pöbel aufgeregt, und eine ganz neue Gewalt in Paris errichtet, ohne daß das betäubte Cabinet Mafregeln dagegen getroffen hätte m): bedenkt man diese Umstände, so erklärt man die Ballhaussikung leicht. Schon am 20. Juny nämlich trokte die Versammlung der Deputirten der Gemeinen dem königlichen Befehl, daß sie ihre Berathschlagungen wegen der Anstalten zu jener königlichen Sikung, in der Necker eine Art von Constitution wollte ertheilen lassen, vertagen sollte, und legte in dem Ballhause (jeu de paume) in Versailles, wohin sie sich troßend begab, den Eid ab, sich nicht eher zu trennen, bis sie selbst dem Vaterlande eine Constitution gegeben

m) Die Wähler von Paris gaben schon am 8. May einen Beschluß gegen ein arrêt du conseil du roi, dieses arrêt du conseil ist gegen Mirabeaus Journal états généraux No. 1. gerichtet. Dies heißt hier: un ecrit aussi condamnable au fonds qu'il est repréhensible dans la forme. Dagege. heißt es im Beschlusse der Wähler: l'assemblée du tiers état de la ville de Paris réclame unanimement contre l'acte du conseil du 7. May. Am Juny erklärten sie sich permanent und vertagten sich auf den 7ten, ohne daß sich jemand darum bekümmerte. Der Moniteur (d. h. die sogenannte Introduction au Moniteur) No. 2, du 6. au 14. May enthält zugleich das Actenstück des Arrêt und extrait d'une lettre de Mr, le comte de Mirabeau à ses commettans. Er schließt: Je continue le journal des états généraux dont les deux premières séances sont peintes, quoique avec trop peu de detail dans les deux premièrs numéros qui viennent d'être supprimés et que je vous fais passer. Man sieht, daß die königliche Gewalt ihm schon nicht mehr galt.

hätte n). Durch diese Sizung und in derselben war jekt gewissermaßen öffentlich erklärt o), daß dem Volke ohne den König eine Constitution sollte gegeben werden, und jekt mußte der König als Vermittler zwischen dem Alten und Morschen und dem Neuen und Brausenden Cauftreten, oder er konnte es nie mehr. So dachte Necker, der überdem eine Tendenz zur Vernichtung alles Alten bey solchen Leuten ahndete, die sich der tollen Reden

n) Sie begab sich hernach in die Ludwigskirche, wo sich ein Theil des Clerus mit ihr vereinigte.

o) Mehrere Deputirten machten die Verhandlungen bekannt, weil die Zeitungen es noch nicht wagten. So entstand das point du jour und auch Mirabeaus états généraux, die er als No. 1. verboten war, lettres à ses commettans, spä ter Courier de Provence nannte. Den lestern ließ er, wie er Organ der Versammlung war, von Andern verfassen. In dem Exemplar, das ich der Güte des Grafen von Schlaberndorf in Paris verdankte, bildeten die lettres à ses commettans, den ersten Theil des Courier de Provence fehlte der erste Brief, an dessen Statt waren einige kleine Schriften gegen Mirabeau und für ihn, eingebunden. Wie sticht er dagegen hervor! Wie traurig, daß Talent und Sitten so selten beysammen sind! Da ich indessen nicht auf der Höhe der Politik bin, so will ich doch denen, die es seyn wollen, nicht vorenthalten, daß die vornehme Welt und die Liberalen ganz einstimmig erklären, nur ein Pinsel denke an Moral. Dümourier sagt in seinen Memoires edit. 1822. Tom. II. p. 100. von Mirabeau: supérieur à toute l'assemblée en scéleratesse et en talens. Dazu machen die neuen Herausgeber, die zu den wüthenden Liberalen durchaus nicht gehören, folgende Bemerkung: il nous semble que cette expression employée pour qualifier Mirabeau manque de mesure et de convenance. Dans la haute politique, les choses prennent un nom plus noble. Wie man es anfangen muß, um Mirabeau zu rechtfertigen, findet man bey Bailleul examen critique de l'ouvrage posthume de Madame de Staël. 1818. tom. I. pag. 239-275, wo sein ganzes Leben kurz analysirt wird.

der Schreyer des Palais Royal, unter denen der Halbnarr St. Huruge damals eine große Rolle spielte, so geschickt bedienten. Necker errieth damals ganz richtig Einfluß und Absicht Mirabeaus, die dieser übrigens deutlich in seinen Reden und besonders in seinem Fournal über die Verhandlungen der Nationalversammlung aussprach, und wollte, daß der König das Billige gewähre, um der Forderung des Unbilligen zu begegnen; der König billigte den Rath. Eine Constitution oder königliche Declaration ward entworfen, der König sollte sie am 23ten bekannt machen lassen, auf einmal nahm man auf Veranlassung der Königin, die sich auf eine höchst unglückliche Weise in die Geschäfte mischte p), eine solche Veränderung damit vor, daß sie Necker nicht mehr für seine Arbeit erkannte. Von welcher Art diese Veränderungen waren, wird man leicht beurtheilen, wenn man Bertrand de Molleville einen der unverschämtesten Vertheidiger alles Alten darüber berichten hört q).

p) Daß die Königin einen Antheil hatte, geht aus den merkwürdigen Protocoll ihres Verhörs im Blutgerichte hervor, aus dem man beyläufig lernt, wie gemeine Seelen, wie thre Nichter, auch wenn sie im Besik der Macht sind, vor dem Adel und der Bildung eines wohlerzogenen Gemüths im Schatten stehen. Moniteur No. XXVI. An. II. p. 104. Votre mari, fragt der Präsident, ne vous a-t-il pas lu le discours une demi-heure avant d'entrer dans la salle des représentans du peuple, et ne l'avez vous pas engagé à le prononcer avec fermeté. L'accusée. Mon mari avoit beaucoup de confiance en moi, et c'est ce qui l'avoit engagé à m'en faire lecture, freylich seht sie hinzu: mais je ne me suis permis aucunes observations.

q) Bertrand de Molleville I. p. 197, nachdem er Nechenschaft von der Ballhaus - Sikung gegeben hat, tadelt

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