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mer seyn mochten, wurden in schimpflicher Knechtschaft gehalten, die bedeutendsten Familien, besonders in den Provinzen, zeigten schon seit der Mitte des Jahrhunderts in den Streitigkeiten mit dem Parlamente und bey Finanzbedrückungen, oder sobald ihnen irgend ein andrer Anlaß gegeben ward, ihren festen Willen, sich dem militärischen Despotismus entgegenzusehen, und selbst das Volk von Paris gab seine Unzufriedenheit und seine Verachtung so deutlich zu erkennen, daß Ludwig XV. endlich einen thörichten Unwillen gegen die Pariser faßte b). Alle Auflagen lasteten damals besonders auf den untern Classen, die man leicht und ohne Widerspruch besteuern konnte; sie waren vielfach und oft unerschwinglich; die liegenden Güter waren theils in den Händen der privilegirten Stände, des Adels und der Geistlichkeit, theils wegen der für neue Steuern erforderlichen Registratur des Parlaments schwer zu besteuern. Unglücklicher Weise für den Hof ließ er sich immer mit dem Parlament in Streit ein, und führte in dem ganzen Laufe der zweyten Hälfte des Jahrhunderts, bis auf die Revolution, einen ganz offnen Krieg mit denselben, zuerst über die

b) Man führt dies gewöhnlich auf das Jahr 1750 zurück. In diesem Jahr trieber der Polizeylieutnant und seine Agenten ihre Willkührlichkeiten gegen die Leute, die ste sans aveu nannten, so weit, und benußten das Polizeywesen so sehr zu Erpressungen, daß ein förmlicher Aufstand ausbrach. Das Haus des Polizeylieutnants ward gestürmt, er flüchtete zum Parlamentspräsidenten, der das Volk beruhigte. Die grausamsten Hinrichtungen rächten diesen Ausbruch des VolksUnwillens, Ludwig affectirte die Stadt zu meiden, und als eine Straße über St. Denis angelegt wurde, damit der König von Compiegne nach Versailles nicht über Paris zu-gehen brauche, nannte man sie, le chemin de la revolte.

Jansenisten, dann über die Auflagen. Die Streitigkei. keit über den Jansenismus brach im Jahr 1752 wieder aus, als der Pfarrer von St. Stephan, dem Herzoge von Orleans c) die Sacramente versagte, das Parlament im April förmlich erklärte, daß die Bulle gegen den Jansenismus (Unigenitus) kein Glaubensartikel sey, und der königliche Staatsrath dies Edict cassirte. Weil Clerus und Parlamente damals das einzige Gegengewicht der Willkühr des jedesmaligen Ministers waren, so wollte der Hof und das Ministerium diese gute Gelegenheit ergreifen, um entweder die Geistlichkeit durch die Parlamente niederzudrücken, oder den Parlamenten einen Stof zu geben, ohne dadurch das Volk aufzubringen: für das Erste war der Finanzminister Machault, zu dem Andern neigte sich der Siegelbewahrer d'Argenson. Der Streit zwischen dem streng römischen oder jesuitischen Theil der höhern Geistlichkeit und den Parlamenten nahm zu, je mehr sich der Hof hineinmischte, das Parlament berief endlich die Pairs in seine Versammlung, der König verbot diesen, sich einzufinden, sie murrten, und der Prinz von Conti machte sogar seinen Widerspruch öffentlich bekannt. Nun griff das Parlament auch das Ministerium an, sprach von usurpirter Gewalt desselben, wollte sein Recht, Siegelbriefe (lettres de cachet) oder unbedingte Verhaftbefehle, deren sich die Minister und Höflinge damals oft bedienten, vom Könige ausfertigen zu lassen, untersuchen, und in den Reden der Gegner des Hofs im Parlament wurde die Pompadour und ihr Treiben laut

c) Dem Großvater des durch die Revolution berüchtig ten Herzog von Orleans.

und bitter angegriffen, dies war genug, um die heftigsten Maßregeln hervorzurufen. Die Minister gebrauchten die gewöhnlichen Mittel, d. h. sie verfuhren militärisch; vier Parlamentsräthe wurden auf Festungen gebracht, die Räthe aller übrigen Kammern, nur die der großen nicht d), verwiesen, und auch die leste sollte neu eingerichtet werden; sobald aber von neuer Einrichtung die Rede war, widersekte sich auch die große Kammer allen Befehlen. Wie man sie vergeblich zum Nachgeben zu bringen gesucht hatte, ward sie nach Pontoise verwiesen, gab auch im Exil nicht nach, und das Ministerium mußte nach langem Streit im July 1754 die nöthigen Schritte zur Aussöhnung thun. Das Parlament feyerte einen glänzenden Sieg, Machault mußte aus dem Finanzministerium weichen, und der Hof bediente sich des Parlaments in seinem Streit mit dem Clerus als eines Verbündeten. Der Friede dauerte indessen nicht lange, und schon zwey Jahre darauf war wieder offne Fehde. In dieser neuen Fehde fiel es dem Pariser Parlament ein, nicht blos die Prinzen und Pairs, sondern alle Parlamente des Reichs mit sich zu vereinigen und deshalb den übrigen Parlamenten den Namen der Classen des einen Reichsparlaments, dessen Mittelpunct Paris sey, zu ertheilen. Vergebens suchte man durch das königliche Ansehn in zwey feyerlichen Sizungen (Sept. und Decbr. 1756) den Widerspruch niederzuschlagene), der Krieg

d) Die chambre d'enquête und die chambre de requête bestanden mehrentheils aus jüngern Leuten, die grande chambre hatte ihre Hike in dieser Sache nicht gebilligt, da fie mehrentheils aus bejahrten Männern bestand.

e) Es ist von den lits de justice die Nede, sie sollten dauerte fort, und erst als Machault und d'Argenson völlig entfernt waren, wurden die Parlamente wieder in den alten Stand gesezt f). Dann blieb Friede so lange Bernis, Schmeichler der Pompadour, am Ruder war. Als Bernis, weil er im November 1758 gerathen hatte, dem schmählichen Kriege in Deutschland ein Ende zu machen g), das Ministerium aufgeben mußte and Choiseul die Hauptverwaltung erhielt, brach der Krieg aufs neue aus, und zwar über die Finanzen, deren traurige Geschichte bis auf Silhouettes Verwaltung wir in wenige Worte fassen können. Seit der Zeit, daß man die Stände der Nation nicht mehr über die Ausgaben befragte, und daß die Lüderlichkeiten des Hofes und des Geschmeißes, welches dieser fütterte, unermeßliche Summen verschlangen, war die Stelle des Finanzministers demjenigen preisgegeben, der neue Mittel, das Volk auszusaugen, erfinden konnte. Machault fiel, weil er mit dem Parlamente über die Auflagen nicht einig werden konnte; drey andere folgten h), und fanden es ebenfalls unmöglich, dem wachsenden Bedürfniß gleichmäßig verstärkte Hülfsquellen zu eröffnen; endlich schienen in Silhouettes Wahl zum ersten Mal das Volk und die Pompadour übereinzustimmen. Der Schein der Popularität des neuen Finanzministers verschwand schon in demselben Jahre, in welchem er ernannt war, als er mit seinem Subventions - Edict hervorkam, und das Parlament am 22. Septbr. 1759 zu einem sogenannten feyerlichen Gerichtstag nach Versailles berufen ward, damit man sei nem Widerspruch zuvorkäme. Das Parlament protestirte gegen alles, was bey der Gelegenheit geschehen war; kein Mensch wollte die neue Auflage pachten, der Credit war verloren, die öffentlichen Zahlungen wurden ein Jahr lang suspendirt, das Geld aus den Cassen genom. men, das königliche Silbergeschirr in die Münze geschickt. Seit dieser Zeit dauerte der Krieg der verschiedenen Generalcontrolleurs mit den Parlamenten unablässig fort, weil aber Choiseul mit der Pompadour ganz einig war, und die Parlamente gegen die Jesuiten gebrauchte, so beobachtete man so lange die Pompadour lebte von beiden Seiten eine Zeitlang eine gewisse Mäßigung. Nach dem Tode der alten Geliebten des Königs fand der Herzog von Choiseul, der an den unerhörten Schändlichkeiten des sogenannten Hirschgeheges (Parc aux cerfs) oder der schmählichsten Art eiues Harems, kein Vergerniß gefunden, und stets das Reich nach dem Willen der Pompadour regiert hatte, einen Anstoß daran, daß eine neue Hofgöttin aus einem Ort, wo man freylich sonst die Göttinnen nicht sucht, hervorgeholt ward, und verweigerte der dü Barry eine Huldigung, die ihr der König selbst bey der Heerschau und andern öffentlichen Gelegenheiten im Angesichte seines

ein Bild des alten Märzfeldes oder der cours plenieres seyn. Der König saß auf einem Sik von fünf Küssen, in der alten Sprache lectus. Ein Küssen als Sik, eins unter den Füßen, eins für den Rücken, zwey für die Arme. Man votirte leise, der Kanzler sammelte die Stimmen, wer konnte ihn Lügen strafen, wenn er log?

f) So wenig ich sonst den Schweizer von Cythere, wie man ihn nannte, über ernste Dinge citiren möchte; so indet man doch hier das Ausführliche ganz gut bey ihm, Mémoires de Bezenval tom. I. pag. 303 sqq.

g) Cum post longam adulationem tandem liberam vocem emisisset.

h) Moreau de Sechelles bis 1756, Moras bis 1757 im August; Boulogne bis 1759.

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