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Strenge Consequenz ist überhaupt in der Anlage des Buches nicht überall zu entdecken. Wenn z. B. der Hr. Herausgeber Hinweise auf verbreitete Grammatiken im Ganzen auffallend verschmäht und nur ganz ausnahmsweise Schultz citiert (zu 27, 1), so wollen wir darüber mit ihm nicht rechten, da über diesen Gebrauch in Schulausgaben die Ansichten auseinander gehen können (obwol dann im negativen Falle wenigstens hinreichende grammatische Bemerkungen vom Commentar selbst verlangt werden), aber auffallend bleibt es dann, wie er trotzdem dazu gekommen, die Schüler wiederholt auf Kūhnasts livian. Syntax zu verweisen (z. B. zu 10, 10; 24, 5), welches Specialwerk er denn doch wol in den Händen von Gymnasiasten schwerlich voraussetzen konnte. Wo der Verf. eine allgemeine grammatische Bemerkung anstatt der im Ganzen vorwiegenden Uebersetzung gibt, ist sie nicht immer ganz treffend z. B. 34, 10 zu Egone has indignitates diutius patiar „ego wird mit Vorliebe an die Spitze eines Satzes gestellt" womit zu vgl. Z. §. 352 Sch. §. 232.

Schliesslich müssen wir nun doch auch ein paar Worte über die Textesgestaltung anfügen. Der Hr. Herausgeber hat keine bestimmte Ausgabe zu Grunde gelegt, sondern ein eklektisches Verfahren beobachtet mit dem offenbaren Bestreben, den Schülern einen möglichst leicht lesbaren Text in die Hände zu geben. Auskunft hierüber bietet eine am Schlusse beigegebene Uebersicht über „abweichende Lesearten", wobei Drakenborch, Frey, Hertz, Madvig und Weissenborn berücksichtigt sind, aber die Einrichtung jedesfalls auch etwas eigenthümlich ist. Es findet sich nämlich da kein leitender Ausgangspunct bei der Anordnung, sondern eine blosse Aneinanderreihung von Lesearten der genannten Herausgeber, ohne die in der vorliegenden Ausgabe bevorzugte durch Stellung oder sonst irgendwie kenntlich zu machen oder etwa für die angegebenen Herausgeber überall Vollständigkeit zu bezwecken. (Bei Weissenborn z. B. findet sich keine Scheidung zwischen der Text- und Weidmann'schen Ausgabe 51,4 hat das von Gronov herrührende proxima pugna nicht nur M. gebilligt, sondern auch W. und F.; hinzuzufügen wäre dann, wenn vorgegangen würde, wie an anderen Stellen, proximam pugnae H. u. dgl.). Ausser den genannten Gelehrten wurde auch Weidner ein paarmal berücksichtigt und das alienati st. alieni 2, 3 in den Text aufgenommen.

Nicht billigen kann es Ref. bei dem ausgesprochenen Zwecke der Ausgabe (um andere Einzelheiten in der Textesgestaltung, mit denen er nicht recht einverstanden ist, die aber für den Schulzweck gleichgiltiger sind, zu übergehen), wenn an der mehrbesprochenen Stelle 3, 6 alii alia mit Einklammerung des ersten Wortes in den Text gestellt ist, ohne dem Schüler nur den geringsten Wink zu geben über diese Klammer und über den Unterschied der Bedeutung, der durch Wegnahme oder Hinzufügung des alii entsteht. Weissenborn meint bekanntlich (praef. zur Teubnerschen Ausg. p. VIII), das längst als an dieser Stelle unpassend erkannte alii sei durch Doppelschrei

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bung des alia entstanden, mir aber kam hier immer unwillkürlich die Vermuthung, es könnte ursprünglich ein callidi dahinter stecken. Ich lege auf die Vermuthung keinen Werth; aber passend schiene mir das interim legati callidi alia moliri auch mit Rücksicht auf den ganzen Ton der Stelle, da auch das folgende struere, wie richtig von Weissenborn in seiner erklärenden Ausgabe bemerkt wird, den Begriff der Hinterlist hervorhebt. (Vgl. den Gebrauch des callidus auch in einer die Tarquiniergeschichte betreffenden Stelle bei Ov. Fast. 2, 700.) Um an diese Vermuthung bei dieser Gelegenheit gleich noch eine andere zu knüpfen, die meines Wissens auch noch nie geäussert wurde und die ich ebenso bescheiden ausspreche, meine ich in dem ebenso unhaltbaren hs. maiore bellum 17, 4, welche Stelle gewöhnlich durch die nicht sehr passende Conjectur belli (ira maiore belli Pometiae arma inlata) oder durch Auslassung von bellum (wie auch in unserer Ausgabe) geheilt wird, vielleicht nicht unpassend ein Verderbnis aus bellantium zu sehen, woraus zumal bei dem unmittelbar nachfolgenden tum nicht unschwer unsere Verschreibung bellum entstehen konnte. Da bellum bei Liv. bekanntlich nicht selten in dem Sinne von „Kampf“ vorkommt (Vgl. Fabri-H. zu 21, 8), bellare also bei ihm gar wol auch in der dann bei den Dichtern geläufigen Bedeutung ,,kämpfen, fechten" stehen kann, würden wir so durch eine nicht schwere Conjectur einen in den Zusammenhang recht wol passenden Begriff erhalten. Man kehrte nach Rom zurück, heisst es im Vorhergehenden, nach missglückter Unternehmung und mit vielen Verwundeten; dann aber wurden interiecto haud magno spatio, quod vulneribus curandis supplendoque exercitui satis esset, arma Pometiae inlata cum ira maiore bellantium tum viribus etiam auctis, wobei die maior ira bellantium sich recht gut auf die nun meist von ihren Wunden genesenen Kämpfer (vgl. vulneribus curandis), die nach Revanche trachteten, beziehen, in viribus auctis eine auf die in der Zwischenzeit hinzugekommene Ergänzung des Heeres gewissermassen zurückweisende Bestimmung liegen könnte (vgl. supplendo exercitui wodurch ja die vires für die neue Unternehmung auctae wurden).

An einer Stelle muss aber Ref. dem Hrn. Herausgeber jedesfalls entweder eine Aenderung im Texte oder im Commentare dringend empfehlen. Wenn derselbe nämlich 9, 6 die hs. Leseart omni sumptu (die auch Weissenborn in der Textausgabe bietet, während er in der von T. sonst meist berücksichtigten Weidmann'schen omne sumptum hat, was demnach in den abweichenden Lesearten zu bemerken wäre) den Schülern im Texte vorführt, so genügt denselben im Commentare die einfache Bemerkung „zu omni sumptu ist etwa recepto zu ergänzen" gewiss nicht; wie sollte dem Schüler klar sein, wie oder nach welcher Regel er hier etwa" zur Ergänzung eines solchen Partic. kommen solle? Ganz anders F., der, obwol er für seinen Text omne sumptum gewählt, nach der Bemerkung Weissenborns in der Teubnerschen Ausgabe (praef. p. VIII) den Schülern sagt: „in

dessen dürfte die Vermuthung den Vorzug verdienen, dass nach omni sumptu ein Particip, etwa recepto ausgefallen sei".

Den Druck fand Ref., was besonders bei einer Schulausgabe lobend erwähnt zu werden verdient, meist correct, einige kaum nennenswerthe Kleinigkeiten abgerechnet wie z. B. vertissa st. vertisse im Commentar zu 3, 3, oder das Citat Verg. 11, 500 st. 501 ebendort zu 20, 3.

Einen Fortschritt in der Liviuserklärung für die Schule speciell in dieser Partie bezeichnet demnach vorliegende Ausgabe in dieser Form wol nicht, wodurch aber nicht gesagt werden soll, dass durch passende Ueberarbeitung von Seite des rastlos thätigen Herausgebers, der nur in seinen rasch auf einander folgenden Publicationen dieser Art etwas zu eilig zu Werke zu gehen scheint, daraus nicht noch ein brauchbares Buch werden könnte.

Innsbruck.

Anton Zingerle.

Sprachwissenschaftliche Einleitung in das Griechische und Lateinische für obere Gymnasialclassen von Ferd. Baur, Dr. ph., Prof. in Maulbronn. Tübingen 1874. XV, 110 S.

Julius Jolly hat in seiner viele anregende Gedanken enthaltenden kleinen Schrift Schulgrammatik und Sprachwissenschaft' (München 1874) S. 87 ff. die Forderung aufgestellt, in der höchsten Classe der Gymnasien zwei wöchentliche Lehrstunden für eine ex professo gegebene Anleitung in den Principien der griechischen und lateinischen Etymologie und vergleichenden Grammatik anzusetzen. Es scheint ihm dabei noch unbekannt gewesen zu sein, dass ein solcher Unterricht ausser in Karlsruhe, was S. 89 erwähnt wird, auch in Maulbronn von dem Verfasser der obigen Schrift mit Genehmigung der vorgesetzten Behörde ertheilt wird. Aus diesem Unterrichte hervor hat Baur im Jahre 1871 ein Programm erscheinen lassen, von dem die eben genannte Schrift eine Erweiterung ist. Sie ist demnach eine Erfüllung des Wunsches von Jolly, dass auch in Deutschland für diesen Zweck bald ein ähnliches Buch erscheinen möge, wie es die Engländer an dem (mir nie vor die Augen gekommenen) Werke des Cambridger Sanskritisten Pils bereits besitzen.

Es ist nicht meine Absicht die Frage nach der Berechtigung oder Nichtberechtigung dieses Wunsches hier ausführlich zu discutieren. Thatsächlich dürften die Vorbedingungen für einen derartigen Unterricht in Oesterreich noch günstiger liegen als in Deutschland, da bei uns die Grammatik von Curtius durchweg eingeführt ist, und ausserdem in einigen Theilen der Monarchie der Sprachstoff sich noch durch gelegentliche Ausblicke auf das Slavische erweitern lässt. Indessen bin ich der Ueberzeugung, dass eine Ausführung dieses Planes hier wie in Deutschland vorläufig unmöglich ist, wegen des Mangels an dafür geeigneten Lehrkräften. Nicht jeder Studierende ist in der Lage sich auf der Universität die hierfür nöthigen Kenntnisse anzu

eignen, und wo die Gelegenheit dazu vorhanden ist, wird sie leider von noch allzu vielen versäumt. Und einigermassen aus dem Vollen müsste der Lehrer hiefür doch schöpfen, eine nothdürftige Kenntnis der allgemeinsten Resultate genügt nicht. Ich muss aber ferner gestehen, dass ich mich mit dem Gedanken eines förmlichen sprachwissenschaftlichen Cursus für die oberste oder die oberen Gymnasialclassen (bei uns etwa in Septima und Octava) nicht besonders zu befreunden vermag. Ich persönlich würde ihn nach meinen eigenen individuellen Neigungen ja sehr gern ertheilen, und mancher andere gewiss auch; aber trotzdem halte ich ihn nicht für nothwendig. Es will fast so aussehen, als ob die Sprachforschung mit dieser Forderung in den Kreis der Gymnasialdisciplinen aufgenommen zu werden sich den letzten Abschluss ihrer Anerkennung in der Reihe der Wissenschaften erringen wollte. Und das hat sie doch nicht mehr nöthig. Wir sind berechtigt zu fordern, dass die Grammatik der griechischen, lateinischen, deutschen und französischen Sprache auf unsern höheren Schulen auf Grund der Resultate der Sprachwissenschaft gelehrt wird; aber ich glaube, wir können damit vorläufig zufrieden sein. Ich habe bei meinem Unterrichte im Griechischen in den oberen Classen ausser gelegentlichen etymologischen und grammatischen Bemerkungen meine Schüler auch über wichtigere allgemeinere Fragen, wie Gliederung des indogermanischen Sprachstammes, den Begriff von Wurzel, Stamm und Suffix, die Lautverschiebung und dgl. zu orientieren gesucht und habe dafür bei der Mehrzahl grosses Interesse gefunden. Vielleicht lässt sich, wo die geeignete Persönlichkeit dazu vorhanden ist, es realisieren, dass solchen Schülern, die für die Sache Interesse haben, privatim von dem Lehrer eine einigermassen zusammenfassende Einführung in das Ganze gegeben wird. Ein früherer College von mir hat an dem Gymnasium einer kleinen Stadt einem Theil der Schüler der obersten Classe in ähnlicher Weise eine Einführung in die Archäologie gegeben, natürlich ebenfalls aus persönlicher Neigung für den Gegenstand, und zwar, wie er behauptete, nicht ohne Erfolg. Trotzdem darf man schwerlich die Einfügung eines archäologischen Cursus in den Gymnasialunterricht befürworten. Ich meine, die Sache liegt bei der Sprachwissenschaft nicht anders.

Ueber das vorliegende Buch von Baur werden wenige Bemerkungen genügen. Bei seiner Beurtheilung muss natürlich die Berechtigung des Zweckes, dem es dienen soll, von vornherein zugestanden werden. Es ist ohne Zweifel eine tüchtige Arbeit, aber es enthält meiner Ansicht nach entschieden zu viel Stoff. Ein Schüler, selbst ein ungewöhnlich begabter, wird es ohne Anleitung eines Lehrers nicht mit Nutzen gebrauchen können; und ich fürchte, selbst mancher Lehrer wird vor der lapidarischen Kürze mancher Bemerkungen rathlos dastehen. Es wird zu viel blos angedeutet, zu viel vorausgesetzt. Indessen wird es doch dem Lehrer für den Zweck eigener Orientierung gute Dienste leisten; und ganz besonders, glaube ich, ist es brauchbar als Repetitorium für Studenten. Die Thatsachen sind, so weit ich sie

verfolgt habe, gut verbürgt; der Verfasser hat mit gutem Verständnis nach den besten Quellen gearbeitet. Dass im Einzelnen Citate fehlen, ist nur zu billigen. Es wird nach einigen einleitenden Bemerkungen nacheinander die Lautlehre, die Stammbildung und die Flexionslehre behandelt. In die erstere ist bei Besprechung des Consonantensystems ein Verzeichnis von Wurzeln mit ihren Ableitungen nach Art und auf Grund des ersten Theiles von Curtius Grundzügen eingeschoben. Die Stammbildungslehre ist etwas stiefmütterlich behandelt, wie übrigens bei allen ihren bisherigen Darstellungen; dagegen scheint mir in der Flexionslehre vor Allem zu viel des Details gehäuft. Ich wünsche übrigens dem Buche möglichst weite Verbreitung; es ist für alle, die nicht ex professo Sprachforscher sind und sich doch ab und zu genöthigt sehen eine einschlägige Frage zu erwägen, ein sehr guter Wegweiser.

Prag, am 16. November 1874.

Gustav Meyer.

Ludwig Allé, Grundriss der österreichischen Geschichte für Mittelschulen. Zweite, neu bearbeitete, bis auf die Gegenwart fortgeführte Ausgabe. Mit einer Karte: Das Wachsthum der österr. Monarchie. Brünn 1873. Druck und Verlag von Karl Winiker. SS. 44. 8o.

In knapper, fast dürftiger Weise sind hier die bedeutsamsten Daten aus der Geschichte Oesterreichs zusammengestellt. Da das Buch für den älteren Theil sich treu an Büdingers österr. Geschichte hält, für die folgenden Theile Pölitz österr. Geschichte (in der neueren Ausgabe von Lorenz) benützt, so kann von sachlichen Fehlern nicht gut die Rede sein. Wenn der Ref. dennoch einzelne Ausstellungen macht, so beziehen sich diese entweder auf die Vollständigkeit oder auf die Deutlichkeit in den Angaben. pag. 2 wird es lauten müssen: Baiern, den Nachkommen der Markomannen. pag. 6 ist nach Mailberg die Jahreszahl einzuschalten. pag. 7 ist der Ausdruck kleines Privilegium zu vermeiden, man müsste sonst die ganze Privilegienfrage in Erörterung ziehen, die Bezeichnung ist daher ganz allgemein zu halten. Für den Streit des letzten Babenbergers mit Bela IV. ist eine unrichtige Ursache angegeben. Statt des Ausdrucks: in der Schlacht am Marchfelde muss es lauten: in der Schlacht bei Dürnkrut; auch ist der Ausdruck: doch schon im nächsten Jahre...... zu verbessern. In den Verhältnissen Albrecht I. zu den Waldstädten ist eine grössere Deutlichkeit nothwendig, nicht alle drei Waldstädte sind damals im Besitze der Reichsunmittelbarkeit. Die Bezeichnung: er ist der Gründer des Stephansdomes, ist zu verbessern. Auch die Note auf pag. 33 bezüglich der Secundogenitur ist deutlicher zu fassen. Am Schlusse könnte eine chronologische Uebersicht der einzelnen Erwerbungen von Ländern angebracht werden. Eine gute Beigabe ist die Karte, die in sechs Abtheilungen das allmähliche Anwachsen der österreichischen Monarchie deutlich macht.

Wien.

J. Loserth.

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