aus der kunktatorischen Methode allein nicht erklärlich, die nur hinhaltend, nicht entscheidend wirken kann; dazu verhalf ihm die von ihm in Berechnung gezogene Uneinigkeit der Schmalkaldner und ihre strategische Unfähigkeit, deur Krieg einen anderen Charakter und eine blutige Entscheidung zu geben. Ist es doch schon an sich kaum denkbar, dass eine kunktatorische Kriegführung im richtig verstandenen Interesse beider Parteien liegen kann; nur die eine wird dabei gewinnen1); die andere begeht damit, zumal wenn sie nicht gerade durch die überlegene Strategie des Gegners dazu gezwungen wird, einen grossen Fehler und arbeitet den Intentionen des Feindes in die Häude. Ein solcher Fehler wäre kaum denkbar, wenn sich zwei Feldherrn mit rein militärischer Stellung und Aufgabe gegenübergestanden hätten; er erklärt sich hier aus den kombinierten Allianzverhältnissen, aus dem Hineinspielen politischer und konfessioneller Fragen und aus der Ungleichheit der verfassungsmässigen, standesrechtlichen Stellung der Parteien, ja auch aus dem Gegensatz des konservativ legitimistischen Prinzips gegenüber den in allen Beziehungen noch unabgeklärten neuen Reformationsideen. Religiöse und verfassungsmässige Bedenken. Konfessionelle wie verfassungsmässige Bedenken veranlassten bei den protestantischen Ständen eine Unklarheit und Unentschiedenheit, die sie auch nach dem Entschluss zum Krieg nie ganz überwinden konnten, und die ihr Vorgehen überall lähmten, während jene Bedenken sogar in ihren eigenen Augen dem kaiserlichen Gegner ein höheres Recht einräumten. Nicht nur veranlassten sie einige protestantische Fürsten, sich auf seine Seite zu stellen, sondern machten auch die Fürsten des schmalkaldischen Bundes in allen möglichen Rechts- und Erbfolgefragen, ja sogar in moralisch-religiösen, von der kaiserlichen Entscheidung abhängig, den Landgrafen Philipp wegen seiner ärgerlichen Bigamie, die ihn zu beständigen, auch durch den Krieg nicht ganz unterbrochenen Verhandlungen mit dem Kaiser nötigte) und überhaupt sein Ansehen und seine Energie schwächte. Nicht minder waren die beiden sächsischen Linien und Kurbrandenburg vom Kaiser abhängig wegen der Rivalität um die geistlichen Fürstentümer Magde 1) So sagt auch Clausewitz I 228, es können nicht Beide zugleich das Interesse des Abwartens haben, und, aus gegenseitiger Verteidigungsabsicht kann kein Krieg entstehen; wenn er auch p. 230 die Möglichkeit zugibt, dass beide Teile zum Angriff zu schwach sind. 2) Ranke Deutsche Gesch. IV. 190, 209, 285. burg und Halberstadt) wie auch Merseburg und Naumburg); die beiden Wittelsbachischen Linien wegen der streitigen Pfalzgrafschaft Neuburg, welche der zum schmalkaldischen Bund gehörige Pfalzgraf Ott Heinrich 1544 wegen Schulden an die Landstände von Neuburg zur Verwaltung abgetreten hatte; diese gehörten trotz ihrer protestantischen Konfession nicht zum Bund, traten erst um den 20. August in denselben ein3) und nahmen dann schmalkaldische Besatzungen auf, während der Kaiser in geheimem Vertrag das Land dem Herzog von Baiern zu übertragen versprach. Die kaiserliche Autorität wurde aber auch von den Reformationsideen selbst unterstützt. Luther hatte wenigstens in seinen früheren und bekanntesten Schriften staatsrechtlichen Inhalts den Kaiser immer als Nachfolger der römischen Imperatoren betrachtet und alle Stellen der Evangelien über Respektierung der Kaisergewalt und höchsten Obrigkeit ohne weiteres auf den römisch-deutschen Kaiser übertragen, jeden Widerstand der Fürsten gegen ihn als Aufruhr verworfen. Bei der Gründung des zunächst nur defensiv gemeinten Schmalkaldischen Bundes Ende 1530 wurde besonders eingehend über diese Frage beraten; auch hier hielt Luther noch gegenüber allfälligen Meinungen weltlicher Juristen wieder den Standpunkt fest, dass sich niemand gegen die kaiserliche Obrigkeit erheben dürfe, selbst wenn der Kaiser gegen Eid und Pflicht und wider Gott handle und jemand um des Evangeliums willen angreife, solange wenigstens die Kurfürsten und das Reich ihn nicht in verfassungsmässiger Weise absetzen1). Doch hat Luther gleich im folgenden Jahr wohl nach mündlicher Besprechung mit Juristen und Staatsmännern die Möglichkeit einer entgegengesetzten Lösung angedeutet: das Evangelium lehre nicht wider die weltlichen Rechte; wenn die Juristen finden, man dürfe in solchen Fällen der Obrigkeit widerstehen, so könne er es mit der Schrift nicht anfechten; er habe nicht gewusst, dass solches der Obrigkeit Rechte selbst an die Hand geben; er rate nur als Theologe und gestatte den Juristen, ihre Gesetze anzuwenden 5). Noch bestimmter erklärten die Theologen in einem Gutachten von 1532 in entschieden partikularistischem Sinne, jeder Fürst dürfe sich gegen den Kaiser vermöge seiner natürlichen und weltlichen Regiment und Ordnungen ver 1) Brandenburg, Herzog Moritz p. 225 u. 259, 383 u. 406. 2) Ranke IV p. 196 u. 305. 3) Herberger 145. +) Hortleder II. p. 5. 5) Zuerst in einem Privatbrief, vgl. Ranke III 226, dann in einem Gutachten bei Hortleder II 82. Mitteilungen XXIX. 7 halten, in religiösen Dingen dürfe der Kaiser vor Entscheidung eines Konzils nicht Richter sein und auch nachher keine unbilligen Entscheidungen des Konzils durchführen 1). Allerdings war die frühere Berufung auf den Buchstaben des neuen Testaments in einer Frage, welche so sehr von den verschiedenen zeitlichen Zuständen bestimmt war, unhistorisch genug und die von Luther schliesslich angenommenen Ausführungen der Juristen in dieser Beziehung wohl richtiger, der deutsche Kaiser sei nicht mit dem römischen, höchstens mit dem Konsulat zu vergleichen, die Fürsten mit dem Senat; Deutschland sei mehr Aristokratie als Monarchie, da der Kaiser nur mit den Bedingungen der Wahlkapitulation gewählt und an die Schranken des Lehensrechtes gebunden sei, endlich in Gewissensfragen überhaupt keine Majorität gelte. Dieser letztere, in der ganzen Frage eigentlich allein stichhaltige Grundsatz war 1529 am Speyrer Reichstag aufgestellt, aber gleich in der folgenden berühmten Protestation und seither oftmals wieder zu Gunsten minder glücklicher Erklärungen verlassen worden, so zu Gunsten der ihm entgegengesetzten Berufung auf die Entscheidung eines allgemeinen Konzils, dessen Majorität doch nie der Reformation günstig sein konnte, wie Luther jetzt einzusehen anfieng. Da die Lehren Luthers sich widersprachen, in der öffentlichen Meinung die älteren überwogen, die neuen Gutachten wohl auch dem Kaiser gegenüber geheim gehalten werden mussten), da auch die letzten Konzessionen Luthers 1539 und 1545, als über die Erneuerung des schmalkaldischen Bundes beraten wurde3), den Fürsten nur Verteidigung der in ihrem eigenen Lande wegen des Evangeliums angegriffenen Untertanen gestatteten, ein offensives Zuvorkommen gegenüber feindlichen Angriffen verpönten und dem Kurfürsten verboten, einen allfälligen Angriffskrieg des Landgrafen zu unterstützen, da endlich ein von Bugenhagen, Melanchthon und anderen abgegebenes Gutachten 1546 die Praevention nur für den Fall zugibt, dass man der Kriegsabsicht des Kaisers sicher sei, und weil dies zweifelhaft scheine, bittet nicht zu sehr zu eilen1), so befanden sich die Schmalkaldner dann doch in direktem Widerspruch zu den Lehren des so eben ver1) Hortleder II 93. 2) Sie erscheinen erst in der 1554 begonnenen Jenaer Ausgabe von Luthers Werken; in der 1531 erschienenen Warnung an seine 1. Deutschen, vgl. Hortleder II 90, drückt er sich unbestimmter aus, will die defensive Gegenwehr nicht als aufrührerisch betrachten, aber auch nicht raten und hetzen zum Krieg, sondern vielmehr zum Frieden, überhaupt keine Verantwortung übernehmen. 3) Hortleder II 95 und I letzte Seite 1527, freilich falsch paginiert, da die Zählung Seite 2015 auf 1215 zurückspringt. 4) Hortleder II, 103. storbenen Reformators, als ihr Vorgehen unter veränderten Verhältnissen doch zu einer Art von zuvorkommendem Krieg wurde und man sich immer noch zögernd und bedenklich genug auf Kunde von den Kriegsplänen und Rüstungen des Kaisers entschloss, den Krieg zu eröffnen. Diese Gewissensbedenken, die bei Kursachsen und den Städten am stärksten sein mussten, waren also für die Rüstungen von lähmendem Einfluss, so dass die Vorschläge des Landgrafen, den Bund möglichst auszudehnen, das aus dem Braunschweigerkrieg verfügbare Kriegsvolk im Solde zu behalten und grosse Anleihen bei Strassburg aufzunehmen 1) nicht zur Ausführung kamen. Wenn auch die Fürsten dem Kaiser an die Donau entgegenzogen, trugen sie doch Bedenken, ihre anfängliche Übermacht direkt gegen den Kaiser oder katholische Fürsten zu gebrauchen. Obwohl Luther auch noch das Praevenire zugegeben hatte, falls der Kaiser die Reichsacht publiziert und damit den Krieg gewissermassen angesagt hätte, liess sich dann auch dies nicht vorschützen, weil der Kaiser erst am 20. Juli, an dem Tage, an welchem die beiden Fürsten ihre Truppen in Thüringen vereinigten und den Marsch nach der Donau antraten, die Reichsacht gegen sie als Aufrührer verhängte und sie erst am 10. August als Antwort auf ihre eigene Kriegserklärung mitteilte, da sie schon südlich der Donau und vereint mit dem schon im Juli offensiv aufgetretenen Heer der oberdeutschen Städte dem Kaiser gegenüberstanden"). Der Kaiser legte grosses Gewicht darauf, dass Augsburg, Ulm und Würtemberg mit Eroberung der Ehrenberger Klause den ersten gewaltsamen Schritt getan und den Krieg eröffnet hätten3). Damals hatten die Schmalkaldener schon die schönste Gelegenheit versäumt, den vorher noch in Regensburg stehenden Kaiser, wie er fast ohne Truppen war, zu überfallen und wo möglich gefangen zu nehmen oder zur Flucht aus Deutschland zu nötigen, infolge jener Bedenken, offensiv gegen seine Person vorzugehen, so widersinnig es auch war, in einem zuvorkommenden Angriffskrieg und im Besitz vielfacher Übermacht, eine zögernde, rein defensive und abweichende Haltung einzunehmen und dem Gegner Zeit zur Verstärkung zu lassen. Diese Untätigkeit erklärt sich freilich noch aus verschiedenen anderen Gründen als nur aus den religiösen und konstitutionellen Bedenken. 1) Holländer, Strassburg im Schmalkald. Krieg p. 11. 2) Hortleder II 410; erhalten haben sie den Achtbrief sogar erst am 21. August, (Herberger 148); auch sonst begann der Kaiser die allerdings ohne Prozess in unverfassungsmässiger Weise verhängte Acht erst seit dem 6. August an andere Stände mitzuteilen; vgl. Brandenburg, Herzog Moritz p. 468. 3) Druffel, Briefe und Aktenstücke I 14; auch gegenüber Venedig vgl. Dispacci I 568. Führung und Zusammensetzung der Heere. Mit der Führung und dem Oberbefehl der schmalkaldischen Bundestruppen war es sehr schlecht bestellt. Als der Kaiser am 11. Juni schon die Werbe- und Musterungsplätze für seine Truppen bezeichnet hatte1), wollten die Protestanten trotz aller erhaltenen Warnungen noch nicht recht an den Ernst seiner Kriegsabsichten glauben; noch am 13. Juni 1546 verlangten sie am Reichstag zu Regensburg ein Nationalkonzil zur Begleichung der Glaubensstreitigkeit. Als der Kaiser darüber lachte und drohte, die Ungehorsamen zu zwingen, welche geistliche Güter eingezogen hätten, beschloss der schmalkaldische Bund zu rüsten, tat es aber auch deswegen nicht mit voller Energie, weil er damals eben seinem Ablauf entgegenging und für die Erneuerung und Verstärkung noch nichts geschehen war, ausser Erörterung der durch Luthers Tod am 18. Februar neu erregten Bedenken, ob der Bund überhaupt zulässig sei. Der Bund hatte niemals alle protestantischen Stände umfasst, von welchen mehrere öffentlich oder geheim zum Kaiser standen, wie die sämtlichen Brandenburger, die zunächst neutral blieben, wie anfangs sogar die Pfalzgrafen Friedrich II.) und Ott Heinrich, die Städte Nürnberg, Donauwörth, Nördlingen und viele andere. Sichere Verbündete waren ausser Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen und den nur für Geldbeiträge in Betracht kommenden norddeutschen Städten Hamburg, Bremen und Lübek nur noch der Herzog Ulrich von Würtemberg und die süddeutschen Städte Augsburg, Ulm, Memmingen, Strassburg und Konstanz, die beiden letztern auch nur indirekt am Krieg mitwirkend; freilich immer noch genug verschiedenartige Elemente, die in ihren politischen und konfessionellen Ansichten noch weiter als in ihrer geographischen Lage von einander entfernt waren 3). Das schmalkaldische Heer bestand also aus vier annähernd gleich starken Gruppen, einer sächsischen, hessischen, würtembergischen und 1) 11. Juni, vgl. Dispacci 528 und 530. 2) Dieser gestattete noch im Anfang des Krieges den Kaiserlichen Durchzug (Dispacci I 555). 3) Strassburg wirkte nur durch Geldzahlung, sogenannte Doppelmonate, mit; es warb die in seiner Gegend vorhandenen Knechte für den Landgrafen an und sandte 4 Fähnlein zum städtischen Bundesheer mehr wegen seiner Städtebundverpflichtungen als wegen des schmalkald. Bundes; vgl. Holländer p. 8. 9 und 30; auch Polit. Archiv des Landgrafen Philipp, in den Publikationen der Preuss. Staatsarchive 78 p. 551, 555, 562, 568 und 571. |