bezweckte und deswegen unbeliebt war (vgl. v. Zallinger a. a. O., S. 111, 125 und 140). S. 19 behauptet St., dass LR. II. geschlossener, einheitlicher sei und logische Folge der Paragraphe aufweise, während in LR. I logischer Zusammenhang der Artikel vielfach feble. Von diesem allgemeinen Urteil über LR. I. ist die Pesther Handschrift desselben von vornherein auszuschalten, da in derselben, wie Hasenöhrl, Österr. Landesrecht, S. 6 u. 14 gezeigt hat, der Versuch einer systematischen Anordnung des Stoffes gemacht ist, indem die land- und lehnrechtlichen Artikel desselben getrennt, und den land-, bezw. lehurechtlichen Artikeln des Schwabenspiegels gegenüber gestellt wurden. Was die Anordnung der Artikel in den übrigen Handschriften von LR. I betrifft, so legt St., letzterem gegenüber nicht selten einen rigoroseren Maßstab an als betreffs LR. II. So behauptet er z. B., dass in LR. I gleich nach dem A. 14 die § 69, 70 u. 71 des LR. II als A. 15, 16 u. 17 eingereiht seien, welche die Frage behandeln, wann der Landesherr ohne eine Privatklage urteilen (soll heissen: richten) dürfe. Diese Artikel wurden. aus ihrem natürlichen Zusammenhange mit den § 64, 65, 66, 67 u. 68 des LR. II, welche von den Fällen einer Privatklage handeln, losgegerissen". Zallinger a. a. O., S. 115, ist zwar im allgemeinen der Ansicht, dass die Anordnung des Stoffes im österr. Landrecht nirgends eine streng logische und systematische ist, wobei er im Gegensatz zu St. zwischen den beiden Fassungen keinen Unterschied macht1), anderseits gibt er gerade betreffs LR. I zu (S. 91), dass es in seinem ganzen 1. Teil bis A. 18 wesentlich nur Kriminalrecht enthalte, und weist S. 117 Anm. den inneren Zusammenhang der Artikelreihe dieses 1. Teiles nach. Die Artikel 9-14 handeln vom gerichtlichen Zweikampf, die A. 15-17 von der Landfrage; ein Zusammenhang ergibt sich doch daraus, dass sich beide Artikelreihen auf das Beweisrecht im Strafverfahren beziehen. Ich kann nicht finden, dass die Einfügung der § 69 bis 71 im LR. II, welche den Artikeln 15-17 des LR. I entsprechen, natürlicher und passender sei, denn § 68 handelt von der Klage wegen Heimsuchung (Hausfriedensbruch), §. 72 von der Fehde des Landesherrn gegen seinen Hausgenossen. In LR. II folgt nach § 12, der vom Kampfordal handelt, § 13 über die Fronung des Eigens, während im LR. I der dem § 13 entsprechende A. 18 den über die Landfrage handelnden A. 15-17 folgt. Letztere Anreihung geschah nach St. ohne jede logische Verknüpfung", die erstere hingegen schliesse sich " 1) Hasenöhrl, Österr. Landesrecht 17 hebt gleichfalls im Gegensatz zu St. hervor, dass die Redaktion der Wiener Handschrift (also von LR. II) mit ausserordentlicher Flüchtigkeit vorgenommen worden ist. naturgemäss dem Gange des Gerichtsverfahrens an. Als ob sich dies nicht mit demselben Rechte auch von der Anreihung in LR. I sagen liesse, wo auf die beweisrechtlichen Artikel der auf das Vollstreckungsverfahren bezügliche folgt. Besonders unlogisch erscheint St. die Aufeinanderfolge der A. 54 und 55 im LR. I, weshalb er sie mit einem Ausrufzeichen markiert. Sehen wir zu, wie es sich damit verhält. A. 53 behandelt den Fall, wenn der Beklagte die kampfliche Ansprache des Klägers zurückweist, weil er nicht sein Hausgenosse sei. A. 54 spricht davon, dass einer seinen Hausgenossen oder seinen Übergenossen heimsucht. A. 55 endlich handelt davon, dass der Landesherr seinen Hausgenossen angreift. Der in jedem der drei Artikel vorkommende Begriff der Hausgenossenschaft (Ebenbürtigkeit, Standesgleichheit) vermittelt hier den von St. vermissten Zusammenhang. Nicht so rigoros ist St. bei Beurteilung des logischen Zusammenhanges von LR. II. So enthält z. B. § 59 das Verbot, Holden oder Vogtleute anderer als Knechte anzunehmen, § 60 die Anerkennung der herkömmlichen Zuständigkeit der Gerichte, § 61 betrifft die Gerichtsbarkeit über Gewalt, § 62 das Verbot der Beherbergung übersagter Leute, § 63 ein solches der Einigungen, § 64 ein Verbot des Haltens von Muntmannen. Nach St. schliessen sich diese § gut einander an, da sie von der strafbaren Ver- schuldung handeln. Gewiss ist aber hier der Zusammenhang kein engerer als im vorigen Falle bei LR. I. Dass ein wirklich logischer Zusammenhang die Aufeinanderfolge der § 59 und 64 verlangt hätte, ist gewiss unleugbar, St. aber hat sich gehütet, dieses Mangels Erwähnung zu tun, wie ihn auch andere, längst von Luschin festgestellte Tatsachen, dass das Verbot der Irrung landesherrlicher Münze zweimal (in den § 36 u. 74) vorkommt, und dass die verwandten § 19 u. 59 verkehrte Bussansätze für Herrn und Richter anführen, in seinem Urteil über LR. II nicht wankend gemacht hat. Gesetzt übrigens, LR. II stehe hinsichtlich der inneren und sachlichen Komposition" weit über LR. I, so bleibt es doch unbegreiflich, warum der Kompilator von LR. I die § des LR. II mehrmals ihres natürlichen Zusammenhangs entkleidete und durcheinanderschob, denn, so begreiflich es ist, dass ein späterer Bearbeiter die systemlos aufeinanderfolgenden Artikel eines. Rechtsbuches in eine gewisse stoffliche Ordnung bringt, so undenkbar ist es, dass die einmal systematisch an einander gereihten Artikel wieder in volle Systemlosigkeit auseinander gerissen werden" 1). " S. 24 f. bestreitet St., dass LR. I, A. 27, welcher von der 30jährigen Verjährungsfrist, verlängert um die Frist von ein Jahr und ein Tag spricht, 1) So treffend Hasenöhrl, Österr. Landesrecht, S. 15. in Österreich geltendes Gewohnheitsrecht gewesen sei, vielmehr sei in dieser allzu künstlichen Kombination der römischrechtlichen und der deutschrechtlichen Frist die Hand eines Gesetzgebers zu erblicken, der am ehesten der böhmische König Ottokar sein könne, der die österr. Landesordnung erliess. Einheimischer Rechtsbrauch sei in Österreich nur die deutsch rechtliche Frist von Jahr und Tag gewesen. Diesem, wie St. glaubt, drastischen Beispiel von Kompilationsarbeit gegenüber genügt der Hinweis, dass die Immobiliarklage bereits nach verschiedenen germanischen Stammesrechten einer 30 jährigen Verjährung unterlag (Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 5. Aufl., S. 392); unter denselben befindet sich die lex Bajuvariorum, deren Geltungsbereich sich auch auf Österreich erstreckt hatte (v. Luschin, Österr. Reichsgeschichte, S. 32). Die 30jährige Verjährungsfrist enthält auch Schwabenspiegel, L. 155, die Kombination der römischrechtlichen und der deutschrechtlichen Frist (30 Jahre und Jahr und Tag, d. i. zusammen 31 Jahre, 6 Wochen, 3 Tage) findet sich im Sachsenspiegel I, 29, wo sie Anwendung fand, wenn keine Auffassung stattgefunden hatte. Da also die verbreitetsten deutschen Rechtsbücher des 13. Jahrh., deren Verfasser Privatmänner und keine Gesetzgeber waren, die ge- nannten Fristen statuieren und die Geltung der 30 jährigen Frist in Österreich überdies durch eine von St. mit Unrecht der Spielerei mit römischrechtlichen Begriffen geziehene Urkunde von 1171 bezeugt ist, so entfällt jede Nötigung, LR. I, A. 27 mittelbar auf laudesherrliche Satzung zurückzuführen, seine Entstehung nach der von LR. II anzusetzen. Die 30 jährige Verjährungsfrist findet sich überdies in den Laudesordnungen Herzog Albrechts II. für Kärnten und Krain von 1338, die als Verbriefungen alten Gewohnheitsrechtes erscheinen (Schwind und Dopsch, Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutsch-österr. Erblande im Mittelalter und MJÖGF. XIX, 296 f.). Hatte dagegen eine gerichtliche Auffassung stattgefunden, so hatte der dem aufgelassenen Gute gewirkte Friedensbann die rechtliche Bedeutung, Anfechtungsrechte Dritter schon nach Jahr und Tag auszuschliessen (Schröder 738, Brunner, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte2 180). Wie der Friedebann auf die fränkische missio in bannum regis (obrigkeitliche Beschlaguahme, Fronung) zurückgeht, so stammt ebendaher auch die Frist von Jahr und Tag, während deren man das gefronte Gut aus dem Banne des Königs ziehen konnte. Die rechte Gewere mit der Verschweigungsfrist von Jahr und Tag ist zunächst ein Institut des Stadtrechtes (Mayer, Deutsche u. französische Verfassungsgeschichte, II, 275) und kommt, wie St. richtig bemerkt, schon im 13. Jahrh. auch in Österreich vor. Schliesslich bemüht sich St., S. 47-58 mit Benützung der Darlegung in Luschin's Entstehungszeit, S. 24 f., nachzuweisen, dass LR. I zur Zeit der Verschwörung der österr. Landherren gegen Herzog Albrecht I. i. J. 1295 als Zusammenstellung ihrer Rechte entstanden sei. Hiebei habe man LR. II, die ottokarische Landesordnung“, zu Grunde gelegt, aber alle Stellen unterdrückt, welche sich auf die Rechte des Landesherrn bezogen (S. 42) oder direkt den böhmischen Quellen entnommen waren (S. 22). Über letzteren Punkt wird später gehandelt. werden. Beschränken wir uns zunächst auf den ersten Punkt, so kann derselbe nicht als völlig zutreffend bezeichnet werden, zumal auch eine Reihe von Paragraphen (41, 45, 48, 50, 52, 91) weggelassen erscheint, welche keineswegs uneingeschränkte Rechte des Landesherrn festsetzten, sondern vielmehr den Charakter von Kompromissen zwischen den Interessen des Landesherrn und der Landherren oder was dem gleichkommt, von Zugeständnissen des ersteren an die letzteren, an sich tragen. Besonders auffallend ist es, dass der den Landherren so günstige § 45, laut dessen sie vom Landesherrn zur Herrschaft jenseits der Landesgrenze nicht gezwungen werden durften, weggelassen wurde. An anderm Orte (S. 59) anerkennt dies St. selbst, indem er sagt: „Es ist richtig, dass sich in § 36—63 (d. i. in den LR. II eigentümlichen §). manche Bestimmungen befinden, welche auch in der Rechtssammlung der Verschworenen ohne jeden Anstand weiter verbleiben kounten". Er deutet hiebei zum Teil auf dieselben § hin, die wir als Zugeständnisse des Landesherrn an die Landherren bezeichnet haben. St. hilft sich in seiner Verlegenheit mit dem Mahnruf, man müsse doch die Oberflächlichkeit dieser Arbeit beachten!" Widersprüche solcher Art sind nicht geeignet, die neue Ansicht über Entstehung und Charakter von LR. I glaubhaft zu machen. St. wendet sodann seine Aufmerksamkeit den LR. I eigentümlichen sechs Artikeln zu, unter welchen A. 46 der wichtigste ist, der den Grafen, Freien und Dienstmannen in Bezug auf ihr Gut, „ob si es in urbar habeut, ob si es verlihen habeut, ob si es in vogtay habent", Niedergerichtsbarkeit zuerkennt. St. S. 43, bemerkt hiezu, dass die hier in Anspruch genommene Immunität im offenbarem Widerspruch sei mit den sozialen Verhältnissen und der allgemeinen Gerichtszuständigkeit nach dem Sturze Ottokars". Und S. 62 fährt er fort: „die in A. 46 von den Landherren in Anspruch genommene Immunität bedeutete eine Ausdehnung ihrer tatsächlich erworbenen Rechte, indem die Freiung nun auch für das Lehens- und Vogteigut derselben gelten, und anderseits auch eine Sicherung gegen die bisher zulässigen Eingriffe der Landrichter in das Immunitätsgebiet gewonnen werden sollte". Im Gegensatz zu dieser Auffassung hat schon früher v. Luschin, Gerichtswesen 111 und 180, A. 46 noch auf die Verhältnisse der Babenbergerzeit bezogen, was jüngst durch Osswald, Die Gerichtsbefugnisse der patrimonialen Gewalten in Niederösterreich, 1907 (Leipziger historische Abhandlungen, Heft V) insofern bestätigt worden ist, als derselbe zeigt (Seite 17 f., Seite 88), dass A. 46 in Bezug auf die beiden ersten Arten von Gütern dem bestehenden Zustand entsprach, da diese Gerechtsame vom Hochadel schon zur Zeit der Babenberger im 12. u. 13. Jahrh. erworben worden sind, in Bezug auf die Vogteigüter aber bezeichne A. 46 einen Wunsch, der niemals ganz in Erfüllung gegangen ist. A. 46 nötigt also nicht im geringsten, die Entstehung von LR. I. gegen Ende des 13. Jahrh.'s anzusetzen. Mit dem Nachweise, dass der Anspruch des Hochadels auf Niedergerichtsbarkeit für das von ihm (an niedere Ritter) verliehene Gut dem bestehenden Zustande entsprach, entfällt auch die weitere Behauptung St.'s, A 46 habe eine tiefe Erniedrigung der Standesrechte der Ritterschaft beabsichtigt und passe eben deswegen ins Jahr 1295, wo nach dem Zeugnisse anderer Quellen die Landherren damit umgingen, die Ritter zu demütigen. Die von früheren Forschern vorgebrachten direkten oder indirekten Beweise für die Priorität von LR. I werden von St. ignoriert. Hieher gehören die Zusätze zu LR. I, A. 7 in LR. II, § 6, zu A. 22 in § 20 und zu A. 70 in § 91 (vgl. hiezu Luschin, Gesch. des älteren Gerichtswesens 58), sowie die Abänderungen von A. 21 in § 16, von A. 48 in § 64 und von A. 52 in § 77, welche gegenüber LR. I jüngeres Recht enthalten. Vgl. Luschin, Enstehungszeit 41 f. Von manchen der LR. II eigentümlichen Paragraphen (so z. B. § 37, 38, 441), 47, 52, 54, 55, 56, 58) lässt sich nicht nachweisen, dass sie einer älteren Quelle entnou: men sind; sie dürften gleichfalls jüngeres Recht enthalten. Vgl. Hasenöhrl, Beiträge, a. a. O., 287. Hieher gehört ferner der Nachweis Luschin's, der deutsche Text des Mainzer Landfriedens etc., a. a. O., S. 546, dass LR. I. A. 15 die Einleitung der Frage dem Herzog vorbehält und nur nach Einholung des Rates der Laudherren zugesteht, während der Landfriede H. Ottokars von 1254, A. 29, sie ohne weitere Einschränkung den oberen Lan lrichtern einräumt, so dass LR. I einem älteren, der Landfriede einem jüngeren Rechtszustande entspricht. Von Bedeutung ist es auch, dass nicht LR. I, sondern nur LR. II, § 40 und der otto 1) Dieser § bestimmt, dass das Privileg des send mässigen mannes (des niedern Ritters) in Kapitalsachen nur vor dem Obristlandrichter zu Recht zu stehen, bei heimlichen Verbrechen entfallen sollte. Vgl. v. Zallinger a. a. O. 108. |