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oberen Landrichter, aber auch für diese versagt die Möglichkeit der Herleitung aus dem čechoslavischen Recht. Die Behauptung St.'s, als habe Ottokar nach dem Vorbilde čechoslavischer Rechtseinrichtungen das österr. Landrecht nach den verschiedensten Richtungen hin planmässig reformiert, lässt sich nicht aufrecht halten. Die Begründung derselben hat sich überall als methodisch unzuläuglich oder geradezu unmöglich erwiesen. Die beiden Fassungen des österr. Landrechtes enthalten nicht ein mit čechoslavischen Einflüssen versetztes Mischlingsrecht, das österr. Landrecht ist vielmehr ein urwüchsiger Zweig des deutschen, besonders des bayerischen Muterrechtes.

Schliesslich sei noch eines Gegenstandes Erwähnung getan, der mit dem Hauptthema St.'s nur lose zusammenhängt, der Zupanenfrage. Während die suppani in Steiermark, Kärnten und Krain, in Meissen und Schlesien nur als Dorfrichter erscheinen, dient in Böhmen dasselbe Wort als Kollektivbezeichnung der verschiedenen Kategorien. hoher Beamten (vgl. Peterka, Burggrafenamt in Böhmen 14). St. S. 83 meint nun, dass durch die fremde Eroberung in Steiermark und Meissen die Entwicklung aufgehalten worden sei, die Župane seien dort blosse Ortsvorsteher geblieben. Auch in Böhmen hätten dieselben ursprünglich dieselbe Stellung von Ortsrichtern gehabt, sie seien aber auch militärische Vorsteher ihrer Ortschaft gewesen, welche im Falle der Not deren Bewohner in die Gauburg (župa) zu führen und deren Verteidigung zu leiten hatten. Sie seien somit Burgleute (milites) gewesen, welche den Burgdienst besorgten und deshalb Župane hiessen. Der Unterschied zwischen den Zupanen in freien und unfreien Ortschaften babe jedoch zu verschiedener Entwicklung geführt. Der Župan in den freien Ortschaften sei nur ein par inter pares gewesen. und deshalb nur ein Dorfkmet geblieben. In den unfreien Dörfern dagegen habe der Unterschied zwischen den Unfreien und ihrem Vorgesetzten den Župan zu einem wahren Herrscher (vládyka) über die Untergebenen gemacht. Die Erblichkeit des Amtes, die Befreiung von der Abführung des Zinses (der Dorfbewohner) durch fürstliche Schenkung und andere Umstände machten die Župane in den unfreien Ortschaften zu selbständigen Gutsbesitzern und zwar mehr und mehr zu eigenem Rechte. Der grössere Besitz, namentlich der Besitz eines Dorfes, sowie auch der militärische Dienst liess sie vornehmer als die übrigen Freien erscheinen und hob sie allmählich zu dem niederen Adel. Diese Ausführungen St.'s über die Župane beruhen nicht auf irgendwelchen Quellen, sondern nur auf Kombination. Dies gibt er auf S. 78 ohne weiteres zu. St. zitiert einige Urkunden, denen zufolge die suppani milites gewesen seien. Das Wort miles wird nicht.

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bloss in der böhmischen, sondern in der europäischen Verfassungsgeschichte des Mittelalters im weiteren und engeren Sinne gebraucht. Im ersteren Sinne bezeichnet es Jeden, der überhaupt ritterliche Lebensweise führt, auf welcher sozialen Stufenleiter er sich immer befinden mag. St., S. 81 und 91, kennt diese weitere Bedeutung des Wortes. Im engeren Sinne bedeutet miles den niederen dienenden Ritter unfreier Herkunft. St. versteht nun unter den suppani und milites der von ihm S. 78 zitierten Urkunden niedere Ritter, aber freier Herkunft, während hier die suppani nur als milites im weiteren Sinne aufgefasst werden können. Sodann deutet St. (S. 79) darauf hin, dass in anderen Urkunden milites als Dorfbesitzer oder Gutsbesitzer erscheinen. Das ist gewiss nicht auffällig. Aber einen urkundlichen Beweis, dass die milites als Dorfrichter erscheinen, hat er nicht erbracht. St. weist sodann S. 80 darauf hin, dass man die milites auch auf den Burgen finde, wo sie castrenses und castellani heissen. Gewiss, diese Burgmannen sind aber die milites im engeren Sinne. Aber St. ist der erste, der die Vereinigung der Ämter des Dorfrichters und Burgmannen in der einen Person des Županen oder miles glaubhaft zu machen versucht. Wenn St. endlich auf die angegebene Weise den Stand der wladykones oder nobiles wenigstens teilweise zu einem niederen Amtsadel machen will, so steht dem die in diesem Punkte m. E. richtigere herrschende Auffassung entgegen, derzufolge die Wladyken überhaupt kein Amtsadel, sondern alter Geburtsadel waren; sie waren kleine Grundherren, deren Gut von Hause aus den Charakter freien Erbeigens besass. Dies besagen auch einige der von St. S. 79 A. 5 (praedium meum, quod jure patrimonii possideo) und S. 89 A. 1 angeführten Urkunden; in letzterer wird gesprochen von der hereditas nostra libera seu wladiczye vulgariter dicta. Ich halte die Wladyken, was zum Teil auf dasselbe hinauskommt, für die alten čechoslavischen Vollfreien, ihre sozial-politische Bedeutung ist dieselbe wie die des ungarischen Gemeinadels (vgl. Steinacker, Über Stand und Aufgabe der ungarischen Verfassungsgeschichte in MJÖGF. XXVIII, 341 A. 5). Erst im späteren Mittelalter verschmolzen die sozial gehobenen niederen Rittersleute (služebnicones, panoše u. a.) nicht völlig, aber bis zu einem gewissen Grade mit den Wladyken zum Ritterstande. Wenn aber die herrschende Lehre in der böhmischen Verfassungsgeschichte, welcher St. S. 67 beipflichtet, schon von den ältesten Zeiten her einen doppelten Geburtsadel der Lechen und Wladyken annimmt, so ist dies auf die falsche Grünberger Handschrift zurückzuführen. Die Entstehung des hohen böhmischen Adels, des Herrenstandes (barones, kmetones, páni) wird von Palacky, Lippert, Rachfahl u. a. von Mitteilungen XXIX.

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den Geschlechtern der castellani oder burggravii hergeleitet. Wenn aber auch das Amtsgut derselben tatsächlich und teilweise, natürlich per nefas, erblich geworden ist, so war dies doch nicht mit dem Amtstitel der Fall, wie z. B. im Deutschen Reiche, wo nicht blos die Deszendenten, sondern auch die Kollateralen der hohen Reichsbeamten seit Einführung der Gesamtbelehnung den Amtstitel führten. Das Hauptvehikel der Entstehung des böhmischen Herrenstandes scheint vielmehr die erbliche Bekleidung des Amtes ständiger Urteilfinder (deutschrechtlich gesprochen: des Schöffenamtes) beim obersten Landgerichte zu Prag durch die Ältesten gewisser Familien abgegeben zu haben, welche letzteren dadurch in eine höhere Rechtsstellung gehoben. wurden. Nur den supremi barones seu de baronum genere descendentes (d. i. deutschrechtlich gesprochen: den Schöffen und Schöffenbaren) darf der König im 14. Jahrh, die obersten Landesämter verleihen (Maj. Karol. XXV); letztere sind in Böhmen, von einigen Ausnahmen abgesehen, nicht erblich geworden. Eine direkte Entlehnung dieser Schöffeninstitution aus dem deutschen Rechte braucht nicht angenommen zu werden, sie kann einfach als eine slavische Parallelentwicklung betrachtet werden (vgl. oben S. 258 f.).

Störend wirken so manche Verstösse gegen den Geist der deutschen Sprache, die ich nicht im einzelnen aufzählen mag.

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Aus der Zeit der Begründung der Universität Wien.

Von

Gustav Sommerfeldt.

Über das schriftstellerische Wirken der beiden Männer, die man als die Koryphäen der im Jahre 1384 von Herzog Albrecht III, wiederhergestellten und um die theologische Fakultät vermehrten Universität Wien betrachten kann, Heinrich Heynbuch von Langenstein und Heinrich Totting von Oyta, ist von mir in diesen Mitteilungen, Ergänzungsband 7, Seite 436-469 und Mitteilungen 25, Seite 576-604 auf Grund der vorliegenden Handschriften mehreres zur Wiedergabe gelangt.

Beide Gelehrte hatten als angesehene Magister der Theologie in Paris gewirkt, von wo sie, verdrängt durch die eingetretenen politischen Neuerungen, die in den Vorgängen in dortigen Hofkreisen ihren Grund hatten, die Stätte ihres Wirkens nach Deutschland zurückzuverlegen sich genötigt sahen.

Während Oyta 1381 schon Paris verlassen zu haben scheint und zunächst nach Prag zurückkehrte1), folgte ihm Langenstein 1382 nach2), verweilte jedoch ein bis zwei Jahre im Rheinland, wozu ihn teils die persönlichen Beziehungen veranlassten, die er zu den Zisterziensern des

1) Mitteilungen des Instituts 25, S. 584. Die in alter Zeit schon aufge. kommene unrichtige Angabe, dass Oyta von Paris aus direkt nach Wien berufen sei, findet sich neuestens noch vor bei H. Zschokke, Geschichte des Metropolitankapitels zum heiligen Stephan in Wien. Wien 1895. S. 379, wo zugleich das Todesdatum Oytas unzutreffend als 2. Mai statt 20. Mai 1397 sich angegeben findet.

2) N. Valois, La France et le grand schisme d'occident. Paris 1896. Bd. !, S. 367, nach Denifle, Auctarium chartularii univ. Parisiensis I, S. XLI.

Klosters Eberbach hatte, teils seine Kanonikate in Lüttich und Worms1), deren Einkünfte ihm die Lebensführung in dortiger Gegend am leichtesten. sicherten.

Wie wir weiter unten zeigen werden, ist Langenstein gegen Anfang des Jahres 1384 in Wien schon anzutreffen 2). Indessen kommt als frühestes Datum, für das er uns als wirklich amtierender Professor urkundlich hier bezeugt ist, erst der 5. August 1384 in Betracht. Laut Kopialbuch Herzog Albrechts III, im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv Suppl. 408, Blatt 4a und 2b (erwähnt bei K. Schrauf in „Geschichte der Stadt Wien", redig. von A. Starzer, Bd. II, 2. Wien 1905, S. 980) wurden nämlich Langenstein an jenem Tage 150 Pfund Pfennige als erstmaliges Honorar seiner Lehrtätigkeit gezahlt3).

Langensteins Schrift, De discretione spirituum", gedruckt Antwerpen 1652 in C. Dielmann's Ausgabe der Werke des Pariser Kanzlers Johannes Gerson1), wird bei seiner Übersiedelung nach Wien schon vorgelegen haben. Da der Traktat in Heiligenkreuz, Stiftsbibliothek Kodex 290, Blatt 183 a-192b auf den Namen Langensteins von der Hand eines seiner persönlichen Schüler, des in Österreich lebenden Magisters Wilhelmus 5) 1388 niedergeschrieben ist, kann damit die Autorschaft Langensteins für diese Schrift als endgültig bewiesen an

1) Über das Wormser Kanonikat siehe J. Tritheim, De scriptoribus ecclesiasticis. Coloniae 1531. S. 123; J. A. Fabricius, Bibliotheca Latina medii aevi. Bd. III. Hamburg 1735. S. 646. Heinrich von Altendorf, der Kartäuser (der sogenannte jüngere Heinrich von Hessen), war durch ein Kanonikat an St. Cyriaci zu Neuhausen bei Worms versorgt: E. Winkelmann, Urkundenbuch der Universität Heidelberg. Bd. I, S. 99, vgl. O. Hartwig, Langenstein. Marburg 1856, II, S. 2. Das Lütticher Kanonikat, das gegen 60 Mark jährlich einbrachte, gab Langenstein 1391 an den Propst zu St. Gereon in Köln, Hermann Stakelweg ab; siehe die Bulle Papst Bonifaz' IX. aus Rom, 20. September 1391, mitgeteilt von H. V. Sauerland im Jahrbuch der Ges. für Lothringische Geschichte 15, 1903, S. 474 (vgl. auch ebd. 18, 1906, S. 520).

2) Siehe Seite 302.

3) Vgl. auch A. Wappler, Geschichte der theologischen Fakultät zu Wien. Wien 1884. S. 362, Sauerlands Meinung (Histor. Jahrbuch 14, 1893, S. 862), dass Langenstein erst 1385 in Wien zu lehren begonnen habe, ist als widerlegt anzusehen.

4) F. W. E. Roth, Zur Bibliographie Langensteins, Leipzig 1888, S. 9 hat diese Ausgabe übersehen.

5) Siehe Mitteilungen des Instituts Erg.-Bd. 7, S. 438. Blatt 192 des Heiligenkreuzer Kodex heisst es: Explicit tractatus de discrecione spirituum ad viros spirituales, venerabilis doctoris magistri Heinrici Langensteyn dicti de Hassia, anno 1388 die Veneris proxima ante festum beati Thome apostoli, — Den Wilhelmus bezeichnet A. Budinsky, Die Universität Paris und die Fremden an derselben im Mittelalter, Berlin 1876, S. 162 als Magister Wilhelmus de Ba

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