Traditionskodex sind die Ausgleichspunkte zwischen Prüfening und St. Emmeram und die Zeugen genau genannt1); da Burggraf Heinrich noch lebend erwähnt wird, ist die Handlung vor 1184 anzusetzen 2). Fast hat es den Anschein, dass über diese Vereinbarung eine förmliche Urkunde ausgestellt worden ist; die Eintragung des Traditionskodex trägt an einer Stelle ein Merkmal der Abschrift an sich3). Die Behauptung unserer Urkunde erscheint also jedenfalls in einem zweifelhaften Lichte. Auch in den Details des Abkommens herrscht zwischen den zwei Aufzeichnungen keine völlige Übereinstimmung. Die Urkunde von 1186 spricht von einem dotale predium ecclesie in Ahbach (Abach), während die Traditionsnotiz dafür die Almende in Haide prope Danubium als Streitobjekt anführt, auch fehlt hier die Erwähnung von 20 Denaren Einkünften eines Gutes in Gebrichingen, die St. Emmeram zufallen sollen. Eben diese Abweichung ist aber der Grund zu weiteren Bedenken. Über die ganze Angelegenheit ist uns auch eine undatierte Urkunde des Prüfeninger Abtes Rudiger erhalten, die dem Namen des Ausstellers zufolge in den Jahren 1193-1206 ausgefertigt sein muss). Das Original ist unverdächtig. Der Text stimmt gerade in den dispositiven Sätzen wörtlich mit unserer Urkunde von 1186 überein; wenn alles in Ordnung ist, dann müsste sie die Vorlage der Rudiger-Urkunde gewesen sein. Da ist nun zunächst hervorzuheben, dass diese sich mit keinem Worte auf ihre angebliche Vorgängerin beruft, sondern nur ein unter Bischof Konrad II. getroffenes Übereinkommen beglaubigt. Dazu kommt, dass sie keine Arenga hat, während die Arenga der KonradUrkunde von 1186 sicher von unserem Fälscher herrührt3). Gerade dort also, wo die zwei Dokumente von einander abweichen, tritt die 1) Mon. Boica 13, 13. Die Eintragung gehört noch dem 12. Jahrhundert an. 2) Vgl. Braunmüller, Verh. des hist. Vereins f. Niederbayern 19, 11 ff. und Janner, Geschichte d. Bisch. v. Regensburg 2, 187. 3) In der Zeugenreihe ist nach Hertwicus in Porta der Name Gebolfus de Sözzenbach durch Punkte getilgt. Es folgt darauf Gebolfus et filius eius Chunradus de Mosheim. Der Schreiber hatte den Namen Gebolfus richtig geschrieben, war aber dann mit dem Auge eine Zeile hinaufgekommen, in der der Name Albertus de Suzinbach steht. So entstand vermutlich die Kombination Gebolfus de Sözzenbach; die Worte wurden getilgt, als der Schreiber den Irrtum gewahrte. Freilich könnte, worauf mich Herr Professor v. Ottenthal verwies, die Vorage des Abschreibers auch eine blosse Notitia testium gewesen sein. 4) Siehe Beilage n. 6. Abt Rudiger gelangte 1193 zur Regierung und starb 1206 (SS. 17, 607). 5) Die Phrase quanta possumus sollicitudine eis, que bona et iusta sunt, providemus gehört dem Diktat des Fälschers an (vgl. diese Arbeit S. 10 f.). Urheberschaft unseres Falsators klar zutage. Nun herrscht anderseits bei der Nennung der Intervenienten völlige Gleichheit zwischen den zwei Stücken; aber Friedrich, der Bruder Ottos von Wittelsbach, der als Laienmönch in Indersdorf lebte1), und dessen Namen alle zwei Schriftstücke nennen, fehlt in der umfangreichen Zeugenliste der Traditionseintragung. Beide Urkunden unterscheiden sich also sowohl in den Ausgleichspunkten als auch in der Nennung der Intervenienten von der Traditionsnotiz, deren Inhalt sie bestätigen wollen. Diese Beobachtung legt im Verein mit allem anderen die Vermutung nahe, dass der Fälscher, um die Rudiger-Urkunde zu stützen, ein angeblich 1186 hergestelltes Schriftstück entwarf, indem er sich de nomine auf eine frühere Rechtshandlung berief, de facto aber einem später entstandenen Text folgte. Ich weiss wohl, dass diese Behauptung nicht sicher fundiert ist2), es ist eben nicht immer möglich, für die Unechtheit einer Bischofsurkunde des 12. Jahrhunderts einen einwandfreien Nachweis zu führen. Man könnte ja daran denken, dass 1186 wirklich eine Aufzeichnung gemacht wurde, die der Fälscher dann später überarbeitet hat. Weniger Wahrscheinlichkeit möchte ich der theoretisch bestehenden Möglichkeit zuerkennen, dass ein nachweislich 1224 lebender Schreiber ganz gut schon 1186 Dienste geleistet haben kann. Dazu würde schlecht stimmen, dass derselbe Mann bekannte Persönlichkeiten die 1188 und 1190 gestorben waren, noch 1196 als lebend aufführt3). Wenn es also bei dieser Konrad - Urkunde nicht gelang, aus inneren Gründen einen unantastbaren Beweis der Unechtheit zu erbringen, so ist das bei der Urkunde des Bischofs Otto II. von 1196 (n. 10)4) eine sehr einfache Sache. Denn hier ist im Prüfeninger Traditionsbuch (Fol. 37) die echte Vorlage der Fälschung noch erhalten 5). Die Eintragung muss, wie die Erwähnung der impressio sigilli bezeugt, auf Grund einer förmlich ausgestellten Urkunde) erfolgt sein. 1) Vgl. über ihn Riezler, Geschichte Baierns 2, 18. 2) Über die Zeugenreihe vermag ich keine bestimmten Angaben zu machen. Einzelne Namen kehren auch in anderen Urkunden wieder: Heinricus maioris ecclesie prepositus (vgl. M. B. 13, 124, 192), Ulricus decanus (M. B. 14, 41) Pertholdus de Heresingen (M. B. 13, 192), Albertus de Haida (ibid.), Hartwicus de Frondge (ibid.). Hugo de Lerchenvelt könnte vielleicht mit der SS. 17, 578 genannten Persönlichkeit identisch sein. 3) Bischof Diepold von Passau und Markgraf Berthold von Istrien; siehe unten S. 38. 6) Vielleicht ist aus dieser der Ausstellungsort der Fälschung (Osterhofen genommen. Diese oder die Notiz des Traditionsbuches hat der Fälscher für die erste Hälfte seines Spuriums in ganz freier Art benutzt1). Neu und durch die Vorlage nicht gesichert ist die darauffolgende Verfügung, dass Bamberger Hörige, die in der villa Prüfening weilen, den dem Hochstift zu leistenden Zins dem Kloster zu entrichten haben. Die weiteren Bestimmungen über den Vogt sind schon in den einleitenden Bemerkungen dieses Abschnittes als Elaborat des Fälschers gekennzeichnet worden. Poen- und Korroboration-formel sind der echten Urkunde des Bischofs Otto II. von 11942) entnommen, die wir schon als Vorlage des Falsums von 1123 kennen gelernt haben3). Aus demselben Schriftstück stammt auch die Hälfte aller Zeugen1), die andere stimmt mit der Namenliste der im Anhang (n. 7) publizierten Aufzeichnung überein. Die aus zwei Vorlagen zusammengeklitterte Zeugenreihe lässt am besten die ganze Mache erkennen. Dem Fälscher ist aber obendrein. bei der Wahl der Datierung ein Malheur passiert; sie ist mit den in der Zeugenliste genannten Personen schlechterdings unvereinbar. Bischof Diepold von Passau und Markgraf Berthold von Istrien hatten lange vor dem 6. April 1196 bereits das Zeitliche gesegnet). Eben diese Mängel hatten ja bereits Braunmüller) und Oefele?) veranlasst, die Urkunde als Fälschung zu bezeichnen. Es lässt sich also rein aus inneren Gründen ein befriedigender Beweis der Unechtheit erbringen und anfangs schien es, als ob es dabei sein Bewenden haben müsse. Denn im Prüfeninger Bestand des Münchener Reichsarchivs ist das Original nicht vorhanden, für den vollständigen Text, wie ihn die Monumenta Boica bieten, war nur eine einzige abschriftliche Überlieferung aus dem 16. Jahrhundert aufzutreiben). Nun war mir durch die Arbeit von J. A. Endres über 1) Für die Phrase conmuni capituli nostri consensu accedente vgl. die analoge Wendung in der Fälschung von 1123 (M. B. 13, 145) conmuni accedente consilio et consenssu; ebenso für invocationem districti examinis iusti iudicii Dei contra... violatores facientes und M. B. 13, 141 sub obtestatione districti eius iudicii interdicimus. 2) M. B. 13, 193. 3) Vgl. diese Arbeit S. 15 f. In Einzelheiten ist der Text von dem Fälscher abgeändert worden. 4) Von Timo maior prepositus frater eius Helmbricus. 5) Vgl. Looshorn, Die Gesch. des Bisth. Bamberg 2, 574. Unter dem Bertholdus marchio Istrie ist Berthold III. (gest. 1188) zu verstehen; sein Sohn Berthold IV. führt seit 1180 fast ausnahmslos den Herzogstitel. 6) Verh. d. hist. Vereins für Niederbayern 19, 27 N. 1. 7) Geschichte der Grafen von Andechs S. 171 N. 5. 8) Lit. n. 7 f. 51'. Die Abschriften im Kopialbuch s. XV. Lit. n. 4 fol. 18' und im Urbar s. XIV. Lit. n. 10. fol. 83' sind unvollständig. Boto von Prüfening1) bekannt, dass auch das Klosterarchiv zu Metten Prüfeninger Materialien enthält. Eine Anfrage hatte zunächst ein negatives Resultat. Einige Monate später hat mir aber Herr Stiftsarchivar P. Bernhard Ponschab spontan mitgeteilt, dass sich von älteren Prüfeninger Urkunden doch eine - eben die hier besprochene nach Metten verirrt habe. So konnte ich, da um diese Zeit das Beweisverfahren in der Prüfeninger Sache schon geschlossen war, durch Prüfung des Originals die Probe auf die Richtigkeit meiner Ausführungen machen. Es hat sich schon bei der ersten Untersuchung 2) des Pergamentes mit voller Sicherheit ergeben, dass die Fälschung von dem schon bekannten Falsarius nicht nur verfasst, sondern auch geschrieben ist. In Bezug auf die graphischen Details steht das Spurium den Fälschungen von 1123 (n. 1 Bischof Otto I), 1153 (n. 7 Bischof Eberhard II.) und der Urkunde des Herzogs Ludwig 1224 (n. 11) am nächsten. Über die Urkunde des Herzogs Ludwig (n. 11)3) kann ich mich kurz fassen, da sie zu Verdachtsgründen keinen Anlass bietet. Das Original zeigt uns die unverstellte Schrift des Fälschers, auf ihn als Verfasser weist auch der Kontext deutlich hin. Herzog Ludwig beurkundet die Beilegung eines Streites, der sich zwischen ihm und dem Kloster wegen Erbauung einer herzoglichen Burg in Abach auf Klostergrund erhoben hatte. Das Kloster erhält als Entschädigung Güter in Königswiesen und Matting, genannte Zehenten und die Gerichtsbarkeit zu Prüfening, der Abt ausserdem den Titel eines ersten herzoglichen Kaplans. Der Herzog empfängt den für die Burg nötigen Grund zu Abach und einen Hof zu Weichs. Der in der Urkunde ausgesprochenen Forderung, der Ausgleich solle binnen Jahresfrist von Papst und Kaiser bestätigt werden, ist in der Folgezeit nur teilweise entsprochen worden. Zu einer kaiserlichen Konfirmation scheint es überhaupt nicht gekommen zu sein, die päpstliche stammt aus dem Jahre 12314). Auffallend ist, dass die Urkunde in der Entscheidung eines Streites zwischen dem Kloster und dem herzoglichen Schenken Dietrich von Flügelsberg um die Gerichtsbarkeit in der villa Prüfening nicht erwähnt wird5), aber 1) N. A. 30, 605 ff. 2) Für die Übersendung der Urkunde an das Institut für österr. G.-F. bin ich Herrn P. Bernh. Ponschab sehr zu Dank verpflichtet. 3) Siehe die Schriftprobe Taf. 2b. Druck: Mon. Boica 13, 203 und besser Quellen u. Erört. z. bayer. u. deutschen Gesch. 5, 25. Zur Frage der Datierung vgl. Braunmüller, Verh. des hist. Vereins f. Niederbayern 19, 48 N. 1. 4) Potthast n. 8833, 8835. 3) Mon. Boica 13, 222. Dagegen wird der Entscheidung in einer Urkunde des Jahres 1290 gedacht (M. B. 13, 239). im Jahre 1266 hat die Urkunde der Schrift zufolge gewiss schon lange existiert. Zusammenfassend können wir über die Entstehungszeit der Fälschungen sagen: der äusserste terminus a quo ergibt sich aus der Tatsache, dass eines der Spuria bereits die Jahreszahl 1196 trägt. Für die Zeit der Wirksamkeit des Fälschers ist das Jahr 1224 ein Stützpunkt; denn die Prüfeninger Urkunde des Herzogs Ludwig aus diesem Jahre stammt von seiner Hand. Sehr beachtenswert sind auch die Indorsate, mit denen der Falsator nicht nur seine eigenen Machwerke sondern auch echte Klosterurkunden versah. Das letzte von seiner Hand trägt eine mit 1221 datierte Urkunde1). Das erste Viertel des 13. Jahrhunderts (vielleicht noch einige Jahre darüber) darf also mit gewisser Bestimmtheit als Entstehungszeit der Fälschungen angesehen werden. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass alle fast gleichzeitig angefertigt sind. Es scheint mir sogar viel plausibler, an ein sukzessives Auftauchen der Falsifikate zu denken und anzunehmen, dass das eine entstand, weil das andere nicht genügte oder weil sich mittlerweile die Rechtslage etwas verschoben hatte). Anderseits ist bei gewissen Gruppen die Gleichzeitigkeit der Herstellung von selbst gegeben. Die drei mit 1129 datierten Urkunden, die alle die Zehentfrage betreffen, werden wohl alle zugleich fabriziert worden sein; ebenso werden die zwei Ausfertigungen der Urkunde von 1138 (u. 5) und St. 3750 (n. 8) infolge der Gleichartigkeit der Schrift, des Pergamentes und der Siegelwachsmasse zeitlich von einander nicht weit abstehen. Aus palaeographischen Gründen wird man aber auch die Herstellung der angeblichen Urkunden Bischof Ottos I. (n. 1) und seiner Nachfolger Eberhard II. (n. 7) und Otto II. (n. 10) sehr nahe zu 1224, der Jahreszahl der Urkunde Herzog Ludwigs, heraurücken, da die aufgezählten Stücke in allen Details dieselben Schriftmerkmale aufweisen. III. Zweck und Tendenz der Fälschungen. Drei Diplome, sieben Bischofsurkunden und eine Fürstenurkunde sind als Werk eines einzigen Fälschers nachgewiesen worden. Bei dieser Reichhaltigkeit des Materials und bei der Kongruenz vieler Bestimmungen der einzelnen Spuria muss es gelingen, in den Hauptpunkten über den Zweck der Fälschungsaktion Klarheit zu schaffen. Die auf den Namen Bischof Ottos I. angefertigten Machwerke wollen. 1) Reg. Boica 2, 120 (1221 Juni 11). 2) Damit könnte man kleinere Verschiedenheiten erklären, die die gleichartigen Bestimmungen der Fälschungen, hie und da unter sich aufweisen. |