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Während nämlich die Urkunden für das Königreich mehrfach neu ausgefertigt werden, fehlt für die des Kaiserreiches jeder Beleg hierfür. Doch wird die Annahme, dass sie gleichfalls erneuert worden sind, nur dass man die Datierung beibehalten hat, durch zwei Urkunden gestützt. Am 23. August 1234 verkündet Heinrich VII. in BF 4345 allen Getreuen des Reiches, dass die Deutschordensbrüder nach einem von seinem Vater erhaltenen Privileg im ganzen Reich weder Weggeld noch Zoll von ihren Personen und Sachen entrichten sollen, und gebietet ihnen, sich danach zu richten, und am 22. Juni 1235 empfiehlt der Kaiser in BF 2097 allen Prälaten, Herzogen, Markgrafen, Dienstmannen, Schultheissen, Vögten und überhaupt allen im Reich die Häuser, Brüder, Dienstleute und Güter des Deutschen Ordens. Der Orden wird demnach irgendwie durch die Verhältnisse im Reich bewogen worden sein, sich auf seine vom Kaiser erhaltenen Privilegien zu berufen, und hier nun an eine Neuausfertigung der Privilegien vom April 1221 zu denken, ist wohl statthaft: damals sind BF 1307 und 1308 ausgestellt. Dem steht die Siegellegende von BF 1307-BF 1308 ist nicht im Originale erhalten, und ich habe kein Transsumpt ausfindig machen können, das eine Beschreibung des Siegels enthielte nicht im Wege; denn zwar lautet diese: Fridericus dei gratia Romanorum imperator et semper augustus et rex Sicilie, weist also in die Zeit vor der Vermählung Friedrichs mit Isabelle, der Tochter des Königs von Jerusalem. Indes hat bereits Graf Pettenegg1) bemerkt, dass die rotbraunen Seidenfäden neu sind, wozu ich noch hinzufügen kann, dass die Befestigungsart unregelmässig ist. Durch die drei rautenförmig geschnittenen Löcher, die durchaus einen kanzleimässigen Eindruck machen, sind die Fäden nicht in üblicher Weise hindurchgezogen 2) und dann unmittelbar unter dem Buge verknotet, sondern die durch das linke obere Loch gelegten Fäden sind ebenso wie die durch das rechte gelegten durch das dritte Loch nach vorne hindurchgezogen und dann erst unterhalb des Buges verknüpft, ehe sie durch die Goldbulle gehen, deren Befestigung danach nicht als die ursprüngliche angesehen werden kann.

Auch die Tatsache, dass eine Goldbulle nur in der Corroboration von BF 1307 und 1308 erwähnt wird, während in dem beiden Urkunden inhaltlich am nächsten stehenden BF 1309 das Kaisersiegel

nämlich die Sicherungsklausel, reicher ist, hinter BF 1307, so ist das nicht mehr als eine Vermutung.

1) Die Urk. d. Deutschordenszentralarch. zu Wien. p. 21.
2) Vgl. Philippi 1. c. p. 68.

angekündigt wird, das sich auch an BF 1312 und 1314 befindet 1), spricht für die Richtigkeit der bisherigen Ausführungen. Ferner tut dies auch ein Vergleich der Schrift von BF 1307 einerseits und BF 1312 und 1314 anderseits. Alle drei Urkunden sind als feierliche Privilegien ausgefertigt; doch weichen sie in der Ausstattung ein wenig von einander ab. In den beiden zuletzt genannten Urkunden wird die in verlängerten Buchstaben geschriebene erste Zeile durch Chrismon, Invocation und einen Teil des Titels in BF 1312 bricht die verlängerte Schrift nach der dritten Silbe des Wortes Romanorum, in BF 1314 mit augustus ab angefüllt; in BF 1307 dagegen nimmt sie den ganzen Titel auf, was seit 1223 bei Privilegien üblich ist). Hier wird das Acta so angeordnet, dass es die Zeile, mit der es abschliesst, ganz ausfüllt, und das Datum folgt in besonders abgesetzter Zeile; beides wird für die grosse Datierung in der kaiserlichen Zeit zur Regel. In den beiden anderen Urkunden aber wird dieser Brauch noch nicht beachtet: in BF 1314 reiht sich das Datum dem Acta ohne Unterbrechung au, in BF 1312 zwar in eigener Zeile; doch hört das Acta hier mitten in der letzten Zeile auf. Was schliesslich den Duktus im allgemeinen anlangt, so darf man wohl sagen, dass der Ingrossator von BF 1307, den ich für den einen der beiden Notare halte, die den Kaiser auf seinem Kreuzzuge begleitet haben 3), die stärkere Brechungen und grosse Ober- und Unterlängen vermeidende Kanzleischrift sich in höherem Masse zu eigen gemacht hat, als der Ingrossator von BF 1312 und 13144).

Des langen Beweises kurzes Resultat ist nun dieses, dass in allen Urkunden der Gruppe, abgesehen vom Mandat BF 1313, in dem nur von felices augusti progenitores nostri recolende memorie die Rede ist, es in der Narratio in gleicher Weise lautet: a diuo quondam augusto domino imperatore Friderico auo nostro pietatis intuitu propagata in multiplices fructus prodiit laude dignos et a domino quondam imperatore Henrico inclite recordationis patre nostro rebus ac libertatibus premunita, während in den beiden letzten, nach dem September 1232 ausgestellten Urkunden Friedrich I. durch predecessores ersetzt wird:

1) BF 1316 kommt als sizilisches Privileg nicht in Betracht; vgl. Philippi 1. c. p. 78.

2) ebenda p. 27.

3) ebenda p. 26. Ich weise dem Ingrossator von BF 1307 noch BF 1423, 1512, 1513, 1514 und 1746 zu.

4) Über die seit der Kaiserkrönung sich ausbildende, seit 1223 ununterbrochen angewandte Kanzleischrift vgl. Philippi 1. c. p. 23 ff. Zu dem im Datum von BF 1307 von gleicher Hand nachgetragenen Tarenti vgl. p. 406.

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BF 1307 a predecessoribus nostris pietatis intuitu u. s. w. und BF 1308 a divis quondam augustis predecessoribus nostris pietatis intuitu u, s. w. Diese Änderungen fallen um so mehr ins Gewicht, wenn man bedenkt, dass in BF 1303 die Narratio aus BF 1311, in BF 1307 aber aus dem mit BF 1309 übereinstimmenden Exemplar der Doppelausfertigung genommen ist. Die farblosen Vorgänger, unter denen die Könige von Jerusalem zu verstehen sein werden, da an der zeitlich früheren Einordnung des ersten Passus der Narratio a predecessoribus - pietatis intuitu propagata1) gegenüber dem darauffolgenden et a domino quondam imperatore Henrico - premunita wegen der Nennung Friedrichs I. statt der predecessores in allen anderen Urkunden der Gruppe festzuhalten sein wird, treten an die Stelle Friedrichs I., um jeden Zusammenhang mit dem älteren Spital zu verdecken, den auch die Narratio mit keinem Worte erwähnt, was ich ebenso wenig wie Toeppen für zufällig halte2). Hier wie dort geschieht es um der Johanniter willen.

Das deutsche Spital war durch päpstliche Entscheidung vom Jahre 1143 unter die Aufsicht der Johanniter gestellt3). Es sollte jedoch nur ein Deutscher Prior und nur Deutsche dienende Brüder werden. Den einmal geschaffenen Rechtsverhältnissen konnte sich der Orden nach seiner abermaligen Konstituierung nicht entziehen. Am 17. August 1229 ersucht Gregor X. den Patriarchen von Jerusalem die Auflehnung des Ordens gegen die Aufsicht der Johanniter zu ahnden). In derselben Angelegenheit wird am 12. Januar 1240 der Orden aufgefordert, dem Papste zu Michaelis Rechenschaft zu leisten3). Als zweiter Termin wird dem Orden am 23. März 1241 der Andreastag desselben Jahres gesetzt) und in einem am 9. Oktober 1258 geschlossenen Vertrage der Meister der drei Orden wird die Unterordnung unter die Johanniter noch als zu Recht bestehend anerkannt?). An Versuchen des Ordens, sich der lästigen Aufsicht der Johanniter zu entledigen, hat es folglich nicht gefehlt. Dass sie nicht geglückt sind ist wohl dadurch zu erklären, dass in der Tat das Recht auf der Seite der Johanniter gewesen sein muss. Psychologisch ist es immerhin

1) Die von Toeppen, Script. rer. Pruss. Bd. 1 p. 25 Anm. 6 vorgeschlagene Übersetzung von propagare mit, eine aufgegebene Sache wieder herstellen verbietet sich durch die in allen übrigen Urk. der Gruppe gebräuchliche Erwähnung Friedrichs I.

2) ebenda p. 220.

3) Delaville le Roulx, Cartul, de l'ordre des Hospital. Bd. 1 nr. 154 u. 155. 4) ebenda Bd. 2 nr. 1944.

5) ebenda nr. 2247.

) ebenda nr. 2270.

7) Strehlke 1. c. nr. 116.

verständlich, dass der Orden über seine Vergangenheit den Schleier der Vergessenheit zu breiten suchte, zweifellos in der Hoffnung, für seine Befreiung von dem Aufsichtsrechte beitragen zu können.

Für die Richtigkeit der Ausführungen spricht noch mehreres. Die Bezeichnung hospitale in Jerusalem bleibt auch nach dem September 1232 in Brauch; sie findet sich in allen späteren Urkunden Friedrichs II., wenn überhaupt der Ursprung bezeichnet wird, und sie dürfte in allen in Betracht kommenden Fällen ebenso zu erklären sein, wie sich der Verfasser der Narratio uns glauben zu machen bemüht. Der Orden hat sich bald nach dem Hospital zu Accon, bald nach dem zu Jerusalem bezeichnet. Auch in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens war er hier bereits vor die Wahl gestellt. Sich nach dem Hospital zu Accon zu nennen, hat er verschmäht: weder in der Narratio geschieht es, noch in den Urkunden Friedrichs II.1). Die Erklärung hierfür glaube ich in der Estoire finden zu dürfen, die berichtet: En cel tens li hospitaus des Alemanz ne poeent tenir malades, porce que il n'avoient encores point d'ospital; car li Hospitalier de Saint Johan si disoient que il avoient prevelige de l'Iglise de Rome, que nul ne deveit tenir hospital en la cité d'Acre, se il ne fussent lor obédient). Wollte man auch nicht die Beziehungen zum älteren Spital in Jerusalem wahr haben, so blieb nur eine mehr oder minder gute Ausrede übrig. Der Verfasser der Narratio behilft sich mit einem frommen Wunsche, den er dem Kaplan Konrad und dem Kämmerer Burchard vor Accon in den Mund legt: suavi iugo domini sua colla spontanee submittentes professionem humiliter susceperunt hospitale prescriptum in honore sancte dei genitricis virginis Marie inchoantes, quod principali nomine hospitale sancte Marie Theutonicorum in Jerusalem nuncuparunt ea spe et fiducia, ut terra sancta christiano cultui restituta in civitate sancta Jerusalem domus fieret eiusdem ordinis principalis, mater caput pariter et magistra3).

1) Eine Ausnahme bilden BF 837 und 877. In BF 837 tritt die Bezeichnung nach dem Spitale zu Accon deutlich hervor: ad plenam animadversionem honestatis domus hospitalis Theutonicorum in civitate Acchon ex donationibus regum et aliorum principum atque nobilium constructe.

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2) Das gegen die Leichen angewendete Verfahren steht damit in Zusammenhang. Der Verfasser fährt fort: Et l'avoient ensi usé, que qant il y avoit u. s. w. vgl. oben. Man beachte den Kontrast zwischen den oben wiedergegebenen Sätzen und dem Satze in der Narratio: Capta autem civitate Accon — ortum emerunt, in quo ecclesiam, hospitale aliasque mansiones eorum usibus necesserias exstruxerunt, ubi regi regum devote famulantes infirmis et pauperibus continua caritatis solacia plena cordis dulcedine ministrabunt -

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3) 1. c. p. 221. Bei der Tendenz der Schrift wird man hieraus nicht den Schluss mit Perlbach 1. c. p. 390 ziehen dürfen, dass zur Zeit der Abfassung

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Wird man es für ausgeschlossen halten dürfen, dass der Verfasser der Narratio, den ich mit Perlbach für einen Ordensbruder halte, die Beziehungen zum alten Hospital zu einer Zeit verschleiert hat, in welcher in den Kaiserurkunden auf dieselben und gerade in den. feierlichen Privilegien für alle drei Reiche ist dies der Fall immer und immer wieder hingewiesen wird, so hat man für die Narratio in gleicher Weise wie für BF 1307 und 1308 den September 1232 als terminus post quem anzusehen. Da die Johanniter bereits in früherer Zeit ihren Anspruch auf das Aufsichtsrecht geltend machten 1), so lässt es sich nicht ermitteln, was gerade den Orden in den dreissiger Jahren veranlasst hat, jede Beziehung zu dem alten Hospitale zu verleugnen. Nur dürfte sicher sein, dass die den Johannitern gegenüber befolgte Politik der Anlass hierzu gewesen ist. Dass damals das Verhältnis zu denselben sich verschlechtert hat, ist recht wahrscheinlich. Hierfür spricht die Tatsache, dass das Franziskushospital zu Marburg von der Landgräfiu Elisabeth unberechtigterweise dem Johanniterorden übergeben), dann diesem aberkannt3) und endlich dem Deutschorden überwiesen wird).

Im übrigen kann kein Argument gefunden werden, das gegen die Abfassung der Narratio nach dem September 1232 spräche. Die Vermutung Perlbachs, dass Innocenz III. wohl noch zur Zeit, als der Autor schrieb, gelebt habe, da er zweimal als dominus papa und dominus apostolicus vorkomme, während Cölestin III. schlechtweg apostolicus heisse, wird nach obigen Ausführungen nicht als zutreffend zu erachten sein). Wohl aber macht der Umstand, dass dem Verfasser bereits mehrfache Irrtümer unterlaufen 6), es wahrscheinlich, dass zwischen den geschilderten Ereignissen und der Abfassung bereits eine geraume Zeit verflossen ist.

die Hoffnung, den Sitz des Ordens nach Jerusalem verlegen zu können, noch nicht in Erfüllung gegangen sei. Ebenso wenig lässt sich das Gegenteil mit

Sicherheit folgern.

1) Die oben wiedergegebene diesen Punkt betreffende Notiz der Estoire kann sich noch auf das Jahr 1231 beziehen, da soweit die Fortsetzung reicht.

2) Publikationen aus d. K. Preuss. Staatsarchiven Bd. 3 Hessisches Urkdb.

1. Abthlg. Urkdb. d. Deutschordensballei Hessen Bd. 1 nr. 25, 1232.

3) ebenda nr. 26, 1232 Juli 27 und nr. 27, 1232 August 2.

4) ebenda nr. 40, 1234 Juli 1.

5) 1. c. p. 389.

6) Über die Einzelheiten vgl. ebenda p. 389 f.

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