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Anfang 1670

hinderte1). Wieder zwei Jahre später bemühte sich Anna, am Wiener und am Madrider Hofe Stimmung für die Vermählung ihrer Tochter mit dem jungen Könige von Spanien zu machen, rief aber den entschiedenen Widerspruch Leopolds I. hervor, der schon in der Altersdifferenz Claudia Felicitas war um 71 Jahre älter als König Karl — ein unüberwindliches Hindernis für diese Verbindung erblickte 2).

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Wir sehen, Claudia Felicitas war schon öfter als mögliche Braut einflussreicher fürstlicher Persönlichkeiten genannt worden, als durch den Tod Anna's von Hyde die Hand Jakobs von Stuart, des englischen Thronfolgers, frei wurde. Es könnte daher schon nach dem Gesagten nicht auffallen, wenn am englischen Hofe, der sich bereits einmal für die Verheiratung der Innsbrucker Prinzessin interessiert hatte, bei Erörterung der Frage nach einer zweiten Gemahlin für Jakob, auch der Name der Claudia Felicitas genannt worden wäre. Dass aber die Aufmerksamkeit des juugen Witwers ganz besonders auf diese Erzherzogin gelenkt wurde, dazu haben, wenn wir nicht irren, Umstände besonderer Art beigetragen. Zu den treuesten und einflussreichsten Beratern Jakobs gehörte in jenen Tagen Henry Bennet, Earl of Arlington, der seinerseits in verwandt- und freundschaftlichen Beziehungen zu einem Baron Bernhard Gasconi stand. Dieser, Florentiner von Geburt, mit den Verhältnissen am Innsbrucker Hofe wohl vertraut, ein guter Freund des Grafen Bernhard Ferrari3), der in den letzten Regierungsjahren Ferdinand Karls eine der einflussreichsten Stellung eingenommen hatte und nunmehr die verwittwete Erzherzogin Anna beriet, war es, der — wie zu vermuten auf direkte Veranlassung des Innsbrucker Hofes Arlington und durch diesen Herzog Jakob auf die Vorteile einer Heirat mit der schönen Erzherzogin hinwies. Dass Schwierigkeiten politischer Natur dieser Verbindung in den Weg treten könnten, dürfte dem Herzoge von York nicht unbekannt geblieben sein. Er war seitens der leitenden englischen Minister, zumal durch Arlington, davon unterrichtet, dass die Wiener und die Madrider Regierung die franzosenfreundliche Politik des englischen Hofes auf das schärfste missbilligten, dass Leopold I. ganz besonders das unfaire Benehmen Karls II., so oft die Frage des Eintrittes des Kaisers in die 1668 zwischen England, Schweden und den Generalstaaten geschlossene Tripleliga zur Debatte gelange, bitter empfinde und offen tadle. Er war aber auch darüber

1) Vergl. Poettings Schreiben d. d. 20. Febr. 1668; ebenda I. 362 Anm. 2) Leopold an Poetting d. d. 30. Jan. 1670; ebenda II. 62 und 63 Anm. 3) Über die einflussreiche Stellung dieses Mannes vgl. u. a. Wolf, Lobkowitz, 209 f.

orientiert, dass Leopold I. trotz alledem noch immer bereit war die Freundschaft Englands zu suchen, und er brauchte nicht daran zu zweifeln, dass ein Entgegenkommen in Fragen der Politik seine Werbung am Kaiserhofe nachdrücklich unterstützen würde. Und in dieser Ansicht wurde er immer wieder durch Arlington bestärkt, der die Verhandlungen mit dem Wiener Kabinette und den kaiserlichen Gesandten führte und davon Kenntnis besass, wie lebhaft insbesondere der entschiedenste Vertreter der anti-französischen Partei unter den kaiserlichen Staatsmännern, Franz von Lisola, eine Verbindung mit dem englischen Hofe wünschte1). Es dürfte daher auch nicht auf einen Zufall zurückzuführen sein, dass die erste Mitteilung, die dem Wiener Hofe in dieser Frage zukam, von Lisola stammte, der schon im Juni 1671 von der Neigung Jakobs berichten konnte, sich mit Claudia Felicitas zu vermählen2). Aber erst im Herbste 1671 begannen die eigentlichen Verhandlungen, als Gasconi in einem Gespräche mit Lisola der politischen Bedeutung einer derartigen Verbindung Erwähnung tat und ganz ausdrücklich darauf hinwies, dass Arlington auf diesem Wege den Übertritt der Brüder Stuart in's Lager der Franzosenfeinde vorzubereiten hoffe3). Lisola ging mit Eifer auf den Plan seines Freundes ein. Seit Jahren hatte er ja mit dem Aufgebote seiner ganzen Kraft im Interesse einer österreichisch-englischen Allianz gearbeitet, weil ihm die Mitwirkung der Stuarts für den günstigen Ausgang seiner gegen Frankreichs Übermacht gerichteten Pläne unerlässlich schien. Seine Bemühungen waren bisher immer gescheitert; er hatte nicht einmal den Eintritt des Kaisers in die Tripleliga, zu deren Gliedern Karl II, zählte, durchsetzen können; er hatte vielmehr erleben müssen, dass die Brüder Stuart, dem Widerspruche ihres Volkes trotzend, in immer freundschaftlichere Beziehungen zu Frankreichs Herrscher traten, von dem allein sie hoffen durften die zur Durchführung ihrer absolutistischen Pläne nötige materielle Unterstützung zu erlangen. Allein er war noch immer der Ansicht, dass es gelingen könne, Englands Herrscher zu gewinnen und deshalb griff er den Gedanken Gasconi's, der ihm ein geeignetes Mittel dazu schien, mit Freuden auf. Liest man das ausführliche

1) Vgl. Pribram, Lisola 514 ff.

2) Bericht Lisola's d. d. 30. Juni 1671. St. A. (Holl). Onno Klopp spricht Fall des Hauses Stuart I. 350, von einem,Votum des Staatsrates d. d. 19. Juli 1671, in dem die Zustimmung zu diesem Projekte ausgedrückt worden sei. Einen Staatsrat hat es damals nicht gegeben; es kann nur ein Votum der, Konferenz gemeint sein. Allein ein solches war trotz eifriger Durchforschung der betreffenden Bestände des St. A. nicht aufzufinden.

3) Lisola an Leopold d. d. Haag 23. Okt. 1671. St. A. (Hausakten.)

Memorandum, in dem Lisola das für und wider die Heirat erörtert, dann wird man sofort gewahr, wie ausschliesslich rein politische Erwägungen seine Argumentation beeinflussen. Gegen diese Ehe spreche, meint Lisola, die Tatsache, dass Jakob der zweitgeborne sei und daher falls dem Könige Karl von seiner gegenwärtigen oder, im Falle der Trennung dieser Ehe, von einer anderen Frau Kinder geschenkt werden sollten von der Thronfolge ausgeschlossen sein würde. Auch das Vorhandensein zweier Töchter Jakobs aus erster Ehe erscheint dem Gesandten als ein Nachteil, der in Rechnung gezogen werden müsse. Er betont ferner die enge Verbindung zwischen Jakob und dem französischen Hofe und gedenkt schliesslich auch der Gerüchte. die Jakob als schwindsüchtig bezeichneten. Man sieht, die politischen Schattenseiten werden zunächst und nachdrücklichst betont; das persönliche, eigentlich belastende Moment tritt zurück. Und da das öffentliche Interesse nach Lisola's Meinung für die Ehe sprach, suchte er in seinem Gutachten das Gewicht der von ihm selbst vorgebrachten Bedenken zu mindern und den Nachweis zu liefern, dass die Ehe aus mehr als einem Grunde im Interesse des Wiener Hofes liege. Er meint, die Hoffnung Karls von seiner gegenwärtigen Gattin Kinder zu bekommen, sei eine minimale, anderseits die Wahrscheinlichkeit einer Trennung dieser Ehe eine überaus geringe; denn Karl liebe seine Gattin und habe sich gegenüber der Forderung des Parlamentes ablehnend verhalten, das aus Abneigung gegen die Erbfolge der Töchter Jakobs aus dessen Verbindung mit Anna die Lösung der Ehe Karls und dessen Wiedervermählung wiederholt begehrt habe. Auch zeige Katharina nicht die geringste Neigung auf ihre Stellung freiwillig Verzicht zu leisten. Jakobs Gesundheitszustand sei gegenwärtig ein günstiger. Er habe sich als tapferer Mann vor dem Feinde bewährt, sei erfahren in den Geschäften, gutmütig und nicht durch eigene Überlegung, sondern durch den Einfluss der Frau, die grossen Einfluss auf seine politische Haltung genommen, ein Franzosenfreund geworden. Es wäre daher zu hoffen, dass eine so schöne und geistig hochstehende Dame wie Claudia Felicitas leicht einen Wechsel in der Gesinnung Jakobs herbeiführen werde. Und dann betont er mit grösstem Nachdrucke die politische Bedeutung dieser Heirat. Frankreich würde seinen Einfluss auf England vollkommen einbüssen, wenn Jakob seine Verbindung mit dem französischen Hofe aufgeben sollte, und ohne Englands Mithilfe sicher zu sein werde Ludwig XIV. einen Angriff auf das Haus Habsburg nicht wagen1). Es war daher nur eine logische Folge dieser Ausein

1) Lisola an den Kaiser d. d. Haag 11. Dez. 1671. St. A. (Hausakten.)

andersetzungen, dass Lisola einen Wechsel in der politischen Haltung des englischen Hofes als notwendige Voraussetzung für das Eingehen auf den Heiratsplan bezeichnete. In diesem Sinn riet er der Wiener Regierung, von Karl entweder den Einschluss des Kaisers in die Tripleliga in der von ihm Lisola - im Jahre 1670 vorgeschlagenen und von den Vertretern Schwedens und der Generalstaaten gebilligten Form, auf die einzugehen Karl von England sich bisher stets geweigert hatte oder den Abschluss eines Spezialbündnisses zwischen England und Österreich, oder endlich den Beitritt Englands zu dem Bündnisse zu fordern, das der Kaiser mit einzelnen Reichsfürsten abzuschliessen im Begriffe war. Stand ja für Lisola fest, dass jeder dieser Wege zum Ziele, zur Beseitigung der Gefahr führen konnte, die dem Herrscher Österreichs von der gewaltigen Macht des französischen Königs drohte.

Der Bericht Lisola's traf in gewissem Sinne zu spät in Wien ein. Kurz zuvor hatte Leopold I., durch die zögernde Haltung der Mehrzahl der deutschen Fürsten verletzt, über das zweideutige Benehmen der Schweden und der Engländer empört und an einer ausgiebigen Unterstützung durch die Spanier verzweifend, jenes Abkommen mit Ludwig XIV. geschlossen, das ihn u, a, zur Neutralität in einem französischniederländischen Kriege verpflichtete. Eine Allianz mit England hatte für ihn in diesem Augenblicke nicht mehr die Bedeutung wie vor wenigen Monaten, da er alle Vorbereitungen zu einem entscheidenden Schlage gegen die Franzosen getroffen hatte. Unterschätzt hat er aber den Wert einer Verbindung mit dem Hause Stuart auch jetzt nicht. Er zeigte sich bereit, über die geplante Heirat in Unterhandlungen einzutreten. Doch forderte er im Hinblicke auf die mächtige Friedenspartei an seinem Hofe, dass die Beratung geheim geführt werden und dass von dem Gange derselben.der Führer der Franzosenfreunde in Wien, Fürst Wenzel Lobkowitz, keine Kunde erhalten sollte1). Allein in beiden Punkten blieben die Wünsche des Kaisers unerfüllt. Noch bevor das Schreiben Leopolds seinem Gesandten im Haag zugekommen, war die Nachricht von der geplanten Ehe zwischen Jakob und Claudia Felicitas nicht nur am Hofe Ludwigs XIV. verbreitet worden, sondern auch durch die zu Köln erscheinende gedruckte Zeitung zur Kenntnis der gesamten Öffentlichkeit gelangt 2).

Unterdes hatte Lisola kein Mittel gescheut, das Unternehmen zu fördern. Durch Freunde, die er in der Umgebung Herzog Jakobs besass, liess er Nachrichten über die glänzende Schönheit und den edlen

1) Weisungen an Lisola d. d. 10 und 22. Nov. 1671. St. A. (Hausakten.)
2) Gutachten der Konferenzräte. d. d. 30. Dez. 1671. St. A. (Hausakten.),

Charakter der Claudia Felicitas verbreiten, während er zu gleicher Zeit den in London weilenden Gesandten Spaniens, Molina, gründlich über die grosse politische Bedeutung der geplanten Heirat informierte und ihn dringend bat, Jakob darüber aufzuklären, dass er nur bei entsprechender Berücksichtigung der habsburgischen Interessen auf eine Förderung seiner Wünsche seitens der spanischen Regierung hoffen dürfe. Die Bemühungen Lisola's und seiner Freunde hatten Erfolg. Ein Bildnis der Erzherzogin, das Jakob gezeigt wurde, sowie Schilderungen von Männern, die das schöne Mädchen zu bewundern Gelegenheit gehabt, liessen ihm die Heirat mit Claudia Felicitas, die er vorerst ja nur aus politischen Gründen angestrebt, auch von anderem Gesichtspunkte aus begehrenswert erscheinen1). Er forderte immer dringender einen raschen Verlauf der Verhandlungen. Noch vor Ende des Jahres 1671 hatte Graf Sunderland den Auftrag erhalten, mit der Königin-Regentin in Madrid die Angelegenheit zu besprechen und zu gleicher Zeit wurden die notwendigen Vorbereitungen getroffen, um am Wiener Hofe wie in Innsbruck selbst die Wünsche Jakobs kund zu tun. Auch die politische Seite der Frage wurde berührt und die Erklärungen der Engländer liessen, wenn sie auch vorerst recht allgemein gehalten waren, für die Zukunft etwas hoffen). Mit grosser Spannung sah daher Lisola der Entscheidung des Wiener und des Madrider Hofes entgegen. Sie erfolgte verhältnismässig rasch und in zustimmendem Sinne. In Madrid hatte die Partei, die zum Kriege mit Frankreich drängte, gegen Ende des Jahres 1671 die Oberhand gewonnen und die Regierung zum Abschlusse eines Bündnisses mit den von Ludwig XIV. zunächst bedrohten Vereinigten Niederlanden bewogen, das die beiden Mächte zur Hilfeleistung gegen den gemeinsamen Feind verpflichtete. Vergebens suchte Ludwig XIV., von England unterstützt, noch in letzter Stunde die Spanier durch weitgehende Konzessionen zum Wechsel ihrer Politik zu vermögen. Der Madrider Hof lehnte die Anerbietungen der Franzosen und Engländer ab und setzte die begonnenen Rüstungen eifrig fort3). Begreiflicherweise musste unter diesen Umständen den Franzosenfeinden der Antrag, den Sunderland im Namen Karls und Jakobs stellte, überaus erwünscht sein. Denn sie nahmen es als selbstverständlich an, dass der englische Hof die Konsequenzen der geplanten

1) Lisola an den Kaiser d. d. 11. Dez. 1671. St. A. (Hausakten.)
2) Lisola an Hocher d. d. 8. Jan. 1672. St. A.

3) Für die Haltung des Madrider Hofes in jener Zeit vgl. u. a. Mignet Negociations rel. à la succ. d. Espagne III. 662 ff.; Lefèvre-Pontalis Jean de Witt. II. 172 ff. Lonchay, La rivalité de la France et d'Espagne aux Pays Bas 250 ff.

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