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Eine andere Frage ist die, ob, was man etwa aus den Pluralwendungen des § 23 folgern könnte, die Schulzen gemeinschaftlich ein (Gau-) Bodthing abhielten, eine andere Frage die, ob in einem Jahr. mehrere Bodthinge und Fimelthinge stattfanden.

Die erste Frage stehe ich nicht an zu verneinen. Ein Gauthing hält nur der Gauvorstand ab. Es würde umständlich, aber ohne ersichtlichen Zweck sein, wollte man alle Schulzen und alles Volk an einem Gauthing zusammenströmen lassen, um doch nur die Leute eines Bezirkes vor ihrem Schulzen Recht finden zu lassen. Denn daran ist nie zu denken, dass etwa alle Schulzen gemeinsam Gerichtsvorsitz geführt hätten. Dies scheitert schon daran, dass der Ungehorsame, wie ich schon früher hervorhob, büssen muss,toienst dyn schelta" und nicht toienst da schelten 1).

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Die zweite Frage habe ich früher, allerdings mit Bedenken2), dahin beantwortet, dass die Zahl der Bodthinge mit anschliessendem Fimelthing drei sein dürfte. Dies deshalb, weil ich deu Plural dae bodtingh und dae fimeltingh falsch erklärt hatte und mich dadurch auch zu einer sprachlich möglichen, sachlich aber nicht zutreffenden, Erklärung des § 15 verleiten liess. Die Grundlagen meiner früheren Ansicht fallen durch die richtige Bemerkung Heck's, dass nach friesischem Sprachgebrauch der einzelne Tag des siebentägigen Bodthings die Bezeichnung bodtingh" trägt3). Dies erklärt die Plurale in § 22, 23 und 294).

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Infolgedessen nehme ich meine frühere Ansicht zurück, stelle fest, dass in Mittelfriesland nach dem Sch.-R. in jedem Jahr mit einer möglichen Ausnahme im Grafenjahr ein siebentägiges Bodthing

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Kennemerland von 1292 bei v. d. Bergh II., 374 f. und dazu Richthofen Unters. III., 95. Zu Zuder muder vgl. Sch.-R. § 1; hier wie dort ist es m. E. kein Ort sondern die,südliche Mündung,, was insbesondere die Lesart in J:,suda moeta nahelegt.

1) Das habe ich schon Hundertschaft S. 167 hervorgehoben. Unverständlich ist mir auch das, Landgericht, bei dem nach Heck GV. S. 22 f., mehrere(!) Schulzen mit ihren Urteilern zusammenkamen, noch unverständlicher als ein von allen Schulzen gehaltenes Landgericht.

2) Hundertschaft S. 169 Anm. 4.

aus

8) Dasselbe nehme ich aber auch für das fimeltingh an und sehe infolgedessen in dem dreitägigen fimeltingh nicht mit Heck GV. S. 29, eine nahmsweise drei Tage dauernde Sitzung. Es sind drei Tage, deren jeder fimeltingh heisst. Das zeigt auch § 29.

*) Unzutreffend ist die Bemerkung von Heck S. 780, dass ich den friesischen Sprachgebrauch einmal gesehen, die andern Male aber übersehen habe. Ich habe ihn überhaupt nicht gesehen.

mit darauffolgendem Fimelthing in jedem Schulzenbezirk stattfand und wende mich zugleich gegen die von Heck und Jäkel vertretene Ansicht, dass es ebenda nach der gleichen Quelle drei echte Dinge im Jahr gegeben habe1).

Heck hat diese Ansicht schon in seiner Gerichtsverfassung vertreten, jetzt wieder gegen mich geltend gemacht. Beidemale beruft er sich auf die gleichen Stellen; die eine ist ein Zusatz der Handschrift J zum 1. Landrecht, die zweite steht im Fivelgoer Landrecht. Sie lauten:

1. Dat aerste needschyn is: Dat him zyn bannere nen thingh keth nabbe; omdat dat di frana aegh den kerre, hwamme hi toe bannere sette, ende hi self toe laniane, ti a thorpe afte thing ti kedane. Dat is en therp, deer kyndkerstingha sint, ende lyk fellingha, e ta thrim afte thinghum. Dae forme: nioghen nachten efter toulifta dei. Dae oera: nioghen nachten eer pingestrum. Dae tredda: nioghen nachten ef sinte Iohannes dei. Soe moet ma afta ban leda a vmbe sauwen nacht, al toe sinte Bauonis ende Remigius dey <2).

2. Thria afta thing set ma tha husmon to. paschum, i pinxtrum, efterdam nout mar, jef hi nout

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It mydwintra, it biclagat nis 3).

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Die erste Stelle von Dat is en therp" an bis thinghum übersetzt Heck folgendermassen: „Das ist ein Dorf, wo Kindtaufen sind und Leichenbegängnisse und die drei gesetzlichen Dinge". Die Übersetzung ist falsch, weil es nicht und heisst und ta thrim afte thinghum ein Dativ Plural, kein Nominativ ist. E ta thrim afte thinghum kanu nur heissen; an den drei echten Dingen". Von hier aus zeigt sich, dass die Stelle dat is - lykfellingha" eine Parenthese ist. Der Sinn der Stelle ist, dass der Frana auswählen kann, wen er als bannere setzen will, um in den Dörfern das Ding anzusagen, nämlich an den drei echten Dingen". Parenthetisch wird erklärt, was ein therp ist.

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Die Dinge nun finden nach dieser Stelle statt: neun Nächte nach Dreikönigstag, neun Nächte vor Pfingsten, neun Nächte nach St. Johannistag. Nach der zweiten Stelle finden sie statt: am 25. Dezember4), an Ostern und an Pfingsten. Die Verschiedenheit der Termine

1) Heck GV. S. 28 ff.; Jäkel a. a. O, S. 222 insbes. Anm. 3.
2) H. Hettema, Oude friesche Wetten II, S. 82.

3) H. Hettema, Het Fivelingoer en Oldampster Landregt (1841) S. 122. Heck S. 779 Anm. 4, ders. schon GV. S. 29, Anm. 37 und Jäkel a. a. O. S. 222, Anm. 3 zitieren übereinstimmend S. 112; sollte es zwei Ausgaben dieses Buches geben? Ich konnte trotz eingehender bibliographischer Recherchen nur die eine von mir angeführte finden.

♦) Mittwinter = 25. Dezember; vgl. Grote fend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit I. S. 125.

macht es schon unwahrscheinlich, dass die drei Dinge altes friesisches Recht sind. Und nur übereinstimmende, einen Rückschluss gestattende Quellen der späteren Zeit können für die frühere Zeit herangezogen werden. Dass wir es nicht mit einem Zusatz zum 1. Landrecht zu tun haben, der selbst aus früherer Zeit stammt, ergibt sich nicht nur daraus, dass ihn sonst keine Handschrift kennt, insbesondere kein anderer W-Text, sondern auch aus dem offensichtlichen Charakter als Einschiebsel" 1), nicht zuletzt aus seinem inneren Widerspruch; man gelangt nämlich, wenn man vom 9. Tag nach Johannistag an um sieben Nächte echte Dinge legt, nicht, wie die Stelle meint, zum Tag der Heiligen Bawo und Remigius (1. Oktober)2) soudern zum 2. Oktober3).

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Die Schwäche einer auf späteren, partikulären Quellen ruhenden Beweisführung haben auch Heck und Jäkel bemerkt und deshalb auf ein tingh efter toelfta dey hingewiesen, das in § 31 Sch.-R. erscheint, und Heck hat überdies den § 15 Sch.-R. herangezogen.

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Allerdings heisst es nun in § 31 Sch.-R. von dem, der eine Gemeinlandteilung anstrebt: so schil hi to da tinge efter toelfta dey tinghes biginna". Aber zuächst ist aus dieser Stelle nicht der Schluss zu ziehen, dass das Ding efter tolifta dey", wie es im Zusatz zum 1. Landrecht erscheint, auch an einer Stelle des älteren Schulzenrechts als feststehender Termin behandelt wird. Denn dieses Ding efter toelfta findet, wie uns der sächsiche Sprachgebrauch zeigt1), am 7. Januar statt, nicht am 15. Januar, also nicht neun Nächte nach Dreikönigstag. Sodann ist dieses Ding nur das erste von fünf weiteren, die immer über sieben Nächte anberaumt werden können zum Zweck der Teilung. Wie die folgenden wird es selbst zwar ein gesetzliches und insofern ein aefte ting sein, aber nicht ein echtes Ding des Schulzenbezirks oder gar des Gaus im Sinne des Zusatzes. Eine Beziehung zwischen. diesem ting efter toelfta dey und dem Thing neun Nächte nach Dreikönigstag ist umsoweniger anzunehmen, als von den anderen zwei Thingen des Landrechtszusatzes im Sch.-R. überhaupt nicht die Rede ist.

1) Vgl. hiezu His die Überlieferung der friesischen Küren und Landrechte. (ZRG. XXXIII) S. 76 insbes. 81. (eigenartiges Einschiebsel'.)

2) Über diese Heiligen vgl. Grote fend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit II, S. 196.

3) Das habe ich schon früher (Kampfklage S. 197 Anm. 2) festgestellt. 4) Vgl. z. B. Magdeburg-Breslauer Recht § 9 (Laband Magdb. Rechtqu. S. 15):,Der schultheize hevet drû echte ding, ein, nach deme zweleften . . . .“ Niemand hat noch gezweifelt, dass dieses Ding am 7. Januar stattfindet; vgl. v. Amira ZRG. XLI S. 438.

Noch weniger kann man aber aus § 15 Sch.-R. auf das Vorhandensein der drei Dinge schliessen. Es heisst dort:

Dit is riucht, dat di fria Fresa ne thoer dis grewa ban tyelda tuisscha sumeris nacht ende lettera ewanacht; deeren tuisscha ne thoer hi neen ban tyelda ner bod, oers dan tree daghen, comt hi onbiclaget fan dana, soe ne thoer hi nen koninges ban tyelda eer dat ieer om comt. In den tree daghen vermutet Heck die drei Dinge. Dabei übersieht er aber, dass diese drei Tage zwischen Johannistag und Herbstäquinoctium) liegen. Unter ihnen kann sich weder das Ding nach. dem Zwölften noch das Ding neun Nächte vor Pfingsten befinden. Wenn man also überhaupt das ting efter toelfter dey heranziehen wollte, müsste man jedenfalls diesen § 15 beiseite lassen.

In der Tat hat es mit diesen drei Tagen eine andere Bewandtnis. Schon die Ausdrucksweise tagh und nicht tingh weist darauf hin. Die ,tree daghen“ sind m. E. nichts anderes als die drei Tage des fimeltingh2). § 15 Sch.-R. sagt, dass im gewöhnlichen Jahr nur an diesen drei Tagen des fimeltingh der freie Friese des Grafen Bann zu dulden brauche. So fügt sich § 15 gut in das oben Gesagte ein, stützt zugleich die obige Behauptung, dass Bodthing und Fimelthing in jedem Jahr stattfinden.

Etwas anders als Heck hat Jäkel die drei Dinge in der bekannten Verteilung über das ganze Jahr zu beweisen gesucht, nämlich durch folgende Erwägung:, der Frana hielt wohl an jedem der drei Jahresdinge in jedem Schulzen (Abben)-Sprengel ein zweitägiges Bodthing ab, so dass nur das, was hier nicht zu Ende verhandelt werden konnte, vor das eigentliche Jahresding, das ein Gau- Bodthing war, gebracht wurde. Das Jahresding selbst währte nur einen Tag. Dauerte das ihm vorausgehende Sprengel-Bodthing, wie wir annehmen zu müssen glauben, zwei Tage, so ergeben sich für das ganze Jahr sechs Sprengel-Tagungen und drei Gau-Tagungen, im ganzen also neun Gerichtstage. Im Grafengericht wurden diese neun Gerichtstage hintereinander abgehalten! 3) Insbesondere die rechnerische Übereinstimmung ist an diesen Ausführungen sehr bestechend. Der Reiz entschwindet aber, wenn man beachtet, dass die Übereinstimmung nur Folge eines Rechenfehlers ist; hätte Jäkel bodtingh und fimeltingh zusammen richtig zu zehn, statt zu neun Tagen gerechnet, dann bestünde die Übereinstimmung nicht.

1) Über lettera ewennacht: Septembernachtgleiche vgl. Grotefend a. a.

O. I. S. 51.

2) Vgl. auch § 25 Sch.-R.: so hetet da tre daghen fimeltingh.

3) a. a. O. S. 222 Anm. 3.

Und von hier aus erheben sich überhaupt Zweifel an Jäkel's Konstruktion, umsomehr als nirgends von einer zweitägigen Sprengeltagung die Rede ist. Erst recht aber, wenn man der Behauptung nachgeht, dass der frâna diese Gerichte gehalten haben soll.

Es ist hier leider unmöglich, auf alle Ausführungen Jäkel's über den frâna einzugehen. Aber insoweit sie vom frâna des Sch.-R. handeln, kann und muss ich dies tun.

Jäkel will nachweisen, dass frâna und skelta nicht, wie man bisher meist annahm, Bezeichnungen für denselben Beamten waren, sondern dass sich beide unterschieden; dazu stellt er gegenüber §§ 52 und 53 Sch.-R. von denen § 52 folgen soll:

Dit is riucht, ief di fria Fresa trya aefte tingh habbe socht binna dae ieer, soe mey di frana naet nyer komma soe hyt op da helghum wyta moet hor hi dae socht habbe, soe hi dae naet socht habbe <1).

Nach diesem Satz hatte gemäss Jäkel der frâna die drei echten Dinge (trya aefte tingh) des Jahres zu hegen und darüber zu wachen, dass sie von jedem freien Friesen besucht würden". Es bedarf wohl nur der Feststellung, dass dies in dieser Stelle nicht steht; den Beweis gibt m. E. der Wortlaut selbst. Aber gerade mit Berufung auf diesen § 52 und ohne Anführung weiteren Materials sagt Jäkel später noch einmal: „der frâna führt in den drei echten Jahresdingen, zu welchen sich alle grundgesessenen Ethelinge und Freien des ganzen Gaues einzufinden haben, den Vorsitz".

In der Meinung, dass der Frana diesen Vorsitz habe, ist aber schon Richthofen vorangegangen, unter Berufung auf diesen § 52 und sieben andere Stellen 2). Von diesen sieben Stellen scheidet eine aus, weil sie einer späteren Quelle, den Hunsingoer Busstaxen von 1252 entstammt, drei des Fivelgoer Erbrechts aus demselben Grunde, so dass folgende Stellen übrig bleiben:

1. Aus dem 1. Landrecht (Huns. Text): thet hia tha thriu liudthing ursitte, ther him thi frana fon thes kenenges halwin beden se to heinnane and te haldane“.

2. Aus den Rüstringer Satzungen: » Sa hwer sa thi bon ena monne bitegath enere clagi, and ther nen onspreke ne stont, sa mire dwa hwedder sare wili, ia tha biseka; wilire biseka, sa skil hi thre withetha swera mith thrium monnon. Thene forma eth skil thi mon hera, thene otherne tha liode, thene thredda skil thi frana hera; sa mire mith thesse thrium ethon falla thera lioda fretho, and thes frana bon".

1) Die bei Heck S. 33 Anm. 57 angegebene Lesart der Stelle entspricht weder Dr. noch I. U war Heck damals wohl noch nicht bekannt; vgl. GV. S. 332. Woher stammt die Lesart?

2) Altfriesisches Wörterbuch s. v. frana.

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