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Ungedruckte Urkunden zur Geschichte der Strassburger Bischöfe im 12. Jahrhundert.

Von

Paul Wentzcke.

Einleitung.

In bemerkenswerten Ausführungen hat die letzte Konferenz von Vertretern landesgeschichtlicher Publikationsinstitute die Veröffentlichung des gesamten Urkundenstoffes für die Geschichte des früheren Mittelalters befürwortet.1) Die elsässische Forschung ist dieser Forderung bereits im großen und ganzen gerecht worden. In überraschender Vollständigkeit haben ihre bedeutendsten Vertreter im 18. Jahrhundert, Schoepflin und Grandidier, alles Erreichbare zusammengetragen.) Die Art ihrer Wiedergabe der Urkunden entspricht allerdings nur zu häufig nicht den Anforderungen, die die wissenschaftliche Kritik heute an derartige Veröffentlichungen stellt. Vor allem hat Grandidier, ganz abgesehen von seinen Urkundenfälschungen, seine Vorlagen in so willkürlicher Weise behandelt, daß nicht dringend genug vor einer Benutzung des von ihm gegebenen Wortlauts in Einzelheiten abgeraten werden kann.3) Wo aber die beiden genannten Forscher aufhörten, 1) Vgl. u. a. den, Bericht über die 10. Versammlung deutscher Historiker in Dresden 1907, S. 45.

2) Schoepflin, Alsatia diplomatica 1772-75. 2 Bde.; Grandidier, Histoire de l'église de Strasbourg 1776-78. 2 Bde. und Histoire de la province d'Alsace, I. 1780, vom zweiten Band sind nach dem Tode des Verfassers nur die pièces justificatives erschienen. Ausserdem hat Grandidier für Würdtweins Nova subsidia diplomatica III und V-IX namhafte Beiträge geliefert.

3) Vgl. Bloch, Die Urkundenfälschungen Grandidiers (Zeitschr. für die Gesch. des Oberrheins N. F. XII, 459 ff; XIII, 543); Bresslau, Grandidiers UrkundenMitteilungen XXIX.

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da hat erst die deutsche Wissenschaft nach 1870 angeknüpft und ihre eingehende Kritik dem bekannten Quellenstoff zugewandt1). Ergänzungen konnten die bisher erschienenen Arbeiten nur in geringem Maße, vor allem aus Archiven, die Grandidier noch verschlossen waren, bringen, und auch meine Vorarbeiten zum ersten Band der Regesten der Bischöfe von Straßburg, der bis zum Jahre 1202 führt, haben wenig Unbekanntes zu Tage gefördert.2) Eine Anzahl solch ungedruckter Urkunden, die in enger Beziehung zu den Straßburger Bischöfen stehen, sollen hier nach einigen einleitenden Bemerkungen, die ihnen ihren Platz in der elsässischen Geschichte anweisen, eine Stätte finden.3) Ich nehme dabei die Gelegenheit wahr, einige zerstreute Ergebnisse meiner Arbeiten in kurzen Bemerkungen zusammenzufassen. Irgendwie Vollständiges etwa auf dem dankbaren Gebiete des Urkundenwesens der Bischöfe von Straßburg zu bieten, mache ich keinen Anspruch.4)

Ein gemeinsames Band verknüpft fast alle die hier gebotenen Stücke: Besitz und Leistungen für Mit- und Nachwelt festzulegen, ist ihr Hauptzweck. Daß dies Bestreben nach Sicherung der bestehenden

behandlung (ebenda XIV, 9 ff) und Dopsch, Die Ebersheimer Urkundenfälschungen (diese Zeitschrift XIX, 580 ff). Zu vergleichen ist damit der neuerdings von Bloch geführte Nachweis, dass auch die sog. Annales Argentinenses nur eine Kompilation Grandidiers sind: Bloch, Die Elsässischen Annalen der Stauferzeit (Regesten der Bischöfe von Strassburg, I, 1, S. 5 ff).

1) Über die für die Geschichte des Mittelalters völlig unfruchtbare elsässische Forschung von 1789-1870 vgl. u. a. das Urteil Génys, Die Elsässische Geschichtsforschung im 19. Jahrhundert (Strassburger Diözesanblatt N. F. V, (1903) 374 ft) und Schulte, Geschichte der Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten S. 2.

2) Grandidier blieben, wenigstens zum Teil, verschlossen vor allem die Hospitalarchive zu Strassburg und Hagenau, die Archive von Maursmünster und einer Reibe oberelsässischer Klöster.

3) Aus der Zeit vor 1100 ist nichts Neues erschlossen. Über eine ungedruckte Urkunde Bischof Cunos von 1115, die lediglich in später deutscher Übersetzung überliefert ist, konnte ich in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins N. F. XXIII, 565 berichten. Die allerdings noch in weiter Ferne liegende Alsatia pontificia wird eine Anzahl ungedruckter Papsturkunden zu verarbeiten haben, und auch das letzte Desideratum, eine kritische Alsatia diplomatica, die vor allem die bisherige Überlieferung von den Verfälschungen und Willkürlichkeiten Grandidiers zu reinigen hätte, wird noch eine ganze Reihe unveröffentlichter elsässischer Privaturkunden vorfinden.

4) Den Vorständen und Beamten der Archive und Bibliotheken, die die Sammlung der hier abgedruckten Urkunden ermöglichten, sei auch an dieser Stelle gebührender Dank ausgesprochen, nicht zum wenigsten auch der Kommission zur Herausgabe elsässischer Geschichtsquellen, die die Mittel zu den not

Verhältnisse wie im übrigen Deutschland so auch im Elsaß gerade im 12. Jahrhundert in enger Verbindung mit der wachsenden Bedeutung des Urkundenbeweises allenthalben beobachtet werden kann, haben die Arbeiten von Wiegand 1), Bloch 2) und Dopsch 3) in letzter Zeit mit Recht stark betont. Am schärfsten spiegelt sich diese wirtschaftspolitische Tendenz in der nicht geringen Zahl von Fälschungen, die als Verfügung grauer Vorzeit erscheinen lassen, was der Regelung jetzt dringend bedürftig war."4)

Gleich im Anfang des 12. Jahrhunderts, als in jahrzehntelangem Zwist die Bischöfe dem Domkapitel und der Straßburger Bürgerschaft gegenüberstanden, tritt uns so eine Gruppe von Urkundenfälschungen entgegen, die die wirtschaftlichen und politischen Interessen des Domkapitels gegenüber dem Bischof vertreten. Mit Berufung auf uralte Schenkungen König Dagoberts, des Trägers der merowingischen Überlieferung im Elsaß, suchen sich die Domherren ihre Besitzungen in Geispolsheim 5), in Rufach, in Bischofsheim und im schweizerischen Spiez 6) zu sichern. Eine andere Fälschung erweitert die noch in ihrer ursprünglichen Gestalt erhaltene Urkunde der zwei Brüder Wiserich und Azzo, die die heilige Maria zu Straßburg zur Erbin ihres Besitzes in Düppigheim einsetzen 7), durch Einfügung eines kurzen Hofrechts). In derselben Richtung nach Feststellung von Besitz und Rechten bewegen sich die gleichzeitigen echten Urkunden des Domkapitels 9), und wenig später sucht dies in den angeblichen Urkunden Karls des Großen und Papst Hadrians I., die der bekannten Reichenauer Fälscherwerk

wendigen Archivreisen stellte. Als Fundorte sind zu verzeichnen: die Bezirksarchive zu Strassburg und Colmar, die Hospitalarchive zu Strassburg und Hagenau, das Departementalarchiv in Nancy und die Stadtbibliothek in Schlettstadt.

1) Die ältesten Urkunden von St. Stephan zu Strassburg (Zeitschrift für die Gesch. des Oberrheins, N. F. IX, 438 f).

2) Jura curiae in Munchwilare (ebenda XV, 413).

3) Die Ebersheimer Urkundenfälschungen (diese Zeitschrift XIX, 577 ff). 4) Dopsch a. a. O. S. 609.

5) Angebliche Urkunde Bischof Ratolds von 871. Strassburger Urkundenbuch I, 25, nr. 30. Strassburger Bischofsregesten (fortan kurz mit Reg. bezeichnet) nr. 95.

6) Angebliche Urkunde Dagoberts von 662.

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Strassb.-Urk. B. I, 1, nr. 1. —

8) Dat. 956. Die Regierungsjahre König Ottos und die Erwähnung Liudolfs

als Herzog würden die Urkunde, nach einer frdl. Bemerkung Prof. Bresslaus, in die Jahre 951/52 setzen. Strassb.-Urk. B. I, 31, nr. 40.

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9) Vgl. die Zusammenstellung Reg. nr. 411.

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