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Der ganze Charakter der Urkunde für Haute-Seille deutet, wie schon gesagt, auf Herstellung im Kloster; selbst ob die angekündigte Besiegelung wirklich vollzogen ist, etwa gelegentlich eines Zuges Bischof Konrads durch Lothringen, bleibt fraglich: das Original zeigt wohl einen Einschnitt zur Befestigung der Siegelschnüre, doch ohne jede Spur einer Benutzung.

In die Abtei Neuburg im Heiligen Forste führen endlich zwei Urkunden, die unsere kurze Zusammenstellung abschliessen. Über dem Archiv dieses Klosters hat ein arger Unstern gewaltet; es ist in seinen älteren Beständen beinahe vollständig vernichtet. Die reichen Urkundenschätze aus der Glanzzeit Neuburgs, dem Ende des 12. und der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, sind uns fast nur aus Abschriften erhalten, die Schoepflin und Grandidier meist dem um 1250 entstandenen Chartular der Abtei entnahmen1). Um so erwünschter ist es, dass sich im Hagenauer Bürgerspital, das Kaiser Friedrich I. seinen Gründer nennen darf, eine Gruppe von sieben Originalurkunden fand, die geeignet sind, die Drucke bei den genannten Sammlern in willkommenster Weise zu ergänzen und zu berichtigen 2).

Die beiden hier wiedergegebenen Stücke schliessen einen Rechtsstreit über Güter in Harthausen im heutigen Kanton Hagenau ab, dessen urkundliche Grundlage bis ins Jahr 1105 zurückreicht3). Nachdem

1) Eine Anzahl zum Teil ungedruckter Abschriften aus dem Chartular findet sich im Nachlass Grandidiers im Karlsruher General-Landesarchiv.

2) Es sind die folgenden Stücke: 1. Schoepflin, Alsatia diplomatica I, 310 nr. 370; Würdtwein, Nova subsidia diplom. X, 198 nr. 70 mit 1.01. Dat. 1200. Or. 3 Hängesiegel abgef. Reg. nr. 714. 2. Unten nr. 11. Reg. nr. 724. 3. Unten nr. 12. Reg. nr. 729. 4. Schoepflin, Als. diplom. I, 320 nr. 381; Würdtwein, Nova subs. X, 247 nr. 90. Or. Hängesiegel abgef. 5. Schoepflin, Als. diplom. I, 321 nr. 382; Würdtwein, Nova subs. X, 259 nr. 93. Or. mit Hängesiegel: Darstellung einer Burg mit zwei rechteckigen Türmen, ähnlich wie das Siegel der Grafen von Lenzburg im Züricher Urkundenbuch, Siegelabbildungen 1. Lieferung nr. 10 und 11; Umschrift: † Sigillum comitis Siberti de... heneburch. Die bisherige Annahme, dass die Landgrafen von Werd das Geschlecht der Grafen von Frankenburg fortsetzen, würde durch eine entsprechende Ergänzung des ausgebrochenen Siegels gesichert. Seit 1188 erscheint regelmässig der Titel der Landgrafen von Werd, die aber danach das alte Siegel beibehalten hätten. 6. Bischof Konrad III. von Strassburg bestätigt die inserierten Urkunden nr. 2 u. 3. Dat. 1290. Or. Hängesiegel abgef. 7. Bischof Konrad III. von Strassburg bestätigt die inserierte Urkunde nr. 1, das Diplom König Friedrichs II. (Böhmer-Ficker nr. 687) dat. 1212 Januar 20, nicht 25, und Urkunde nr. 5. Dat. Or. Hängesiegel abgef.

1290.

3) Bischof Cuno von Strassburg beurkundet die Schenkung von Grundbesitz in der Gemarkung Harthausen an das Strassburger Domstift für das Seelenheil

dann der umstrittene Hof einige Jahrzehnte später in den Besitz der Abtei Neuburg gekommen war, musste diese ihre Rechte um die Wende des 12. und 13. Jahrhunderts nach einander gegen das Strassburger Domstift, gegen den jungen Walter, den Sohn des gleichnamigen Schultheissen 1), und endlich gegen den Pleban von Berstheim verteidigen. Einen Ausschnitt aus dem Prozesse mit dem Domkapitel und mit dem Pleban gewähren die vorliegenden Urkunden. Schon in der unter Nr. 6 abgedruckten Urkunde Bischof Heinrichs von Basel ward berichtet, dass Graf Ludwig von Pfirt von der Diözesansynode an den Metropoliten des Oberelsass, den Erzbischof von Besançon, appellierte. Hier sehen wir den ersten mir bekannten analogen Fall im Bistum Strassburg, die Berufung des Plebans von Berstheim an seinen Metropoliten, den Erzbischof von Mainz, weil er das Urteil der Strassburger Kirche für befangen halte (tanquam iudicium Argentinensis ecclesie suspectum haberet).

Zwei diplomatische Eigentümlichkeiten seien dazu noch kurz angemerkt. Unter der Plica der Urkunde Bischof Konrads II. findet sich von der Hand des Schreibers ein Kanzleivermerk, dass die Ausfertigung auf Wunsch des Empfängers, Abt Peters von Neuburg, erfolgte), dessen Sorge um die Sicherung des Klosterbesitzes schon von anderer Seite mit Recht stark betont worden ist3). Auch die zweite Urkunde, Nr. 12, verdankt wohl ihre Niederschrift dem ausdrücklich ausgesprochenen Verlangen des Abtes. Wir haben hier ein verhältnismässig sehr frühes Beispiel für nachträgliche Beurkundung eines in öffentlicher Verhandlung ausgesprochenen Urteils, wie dies seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in deutschen Privaturkunden häufiger vorkommt1). Beachtenswert ist, dass das Ergebnis der Verhandlung vor der Synode nicht als in gültiger Form beglaubigt erscheint, da es weder schriftlich niedergelegt noch besiegelt sei (nec scriptis commendata nec sigilli munimine confirmata). In scharfer Wendung wird also die Notwendigkeit des Urkundenbeweises betont. Dass dagegen seiner Zeit ein Akt bei der Handlung aufgenommen wurde, den dann der Diktator oder Schreiber der Urkunde vor sich hatte, ist wohl mit

des Priesters Hartmann. Strassb. Urk.-B. I, 53 nr. 65. Reg. nr. 376. Vgl. auch die Notitiae bei Schoepflin, Als. diplom. I, 206 nr, 254 und I, 231 nr. 277. 1) Urkunde des Domdekans Ulrich und des Kapitels 1200. Reg. nr. 714. 2) ad postulationem venerabilis et karissimi fratris nostri Petri abbatis. 3) Pfleger, Abt Peter von Neuburg (Zisterzienserchronik XXVI [1894]). 4) Vgl. z. B. die von Posse, Lehre von den Privaturkunden S. 83 Anm. 2 angeführten Urkunden, die auf die Verhandlung eines Landdings Bezug nehmen. Zur Sache s. auch Ficker, Beiträge zur Urkundenlehre I, 93 ff.

Sicherheit anzunehmen. Der Tod des Bischofs hat dann die Ausfertigung verhindert, und das Domkapitel, dessen Mitglieder grösstenteils auf der Synode anwesend gewesen waren, sieht sich nun veranlasst, nachträglich die Beurkundung vorzunehmen.

Die hier ins Auge fallende Form der Beurkundung, die seiner Zeit infolge des Todes des zur Beglaubigung Berechtigten unterblieben ist, finde ich in den folgenden Jahrzehnten nirgends in deutschen Privaturkunden. Ein ähnlicher Vorgang, so natürlich er an und für sich ist, lässt sich erst sehr viel später regelmässig in der päpstlichen Kanzlei nachweisen 1).

Sicherlich aber wirkte auch in unserem Falle vor allem die erhöhte Bedeutung mit, die das Domkapitel in den Jahren des Thronstreits in Strassburg gewann. Dazu kam ein anderes. Bischof Heinrich II., der gleich nach dem Tode Konrads II. gewählt worden war, wurde erst im Jahre 1207 nach langen Auseinandersetzungen von seinem Metropoliten, dem Erzbischof Siegfried von Mainz, geweiht 2). In der Zwischenzeit nun mag das Domkapitel gewisse Amtshandlungen des Bischofs ausgeübt haben. Während in dem in seiner Entwicklung vorauseilenden Frankreich vor der Einrichtung des Offizialats nur verschwindend wenige Fälle bekannt sind, in denen, teilweise in sehr unklaren Worten, von einer Vertretung des Bischofs gesprochen wird3), begegnet uns ein solcher Vorgang im Strassburger Bistum bereits im Jahre 1182. Noch als electus hatte Bischof Heinrich I, eine in seiner Anwesenheit erfolgte Stiftung des uns schon bekannten Propst Friedrich von St. Thomas genehmigt; aber erst nachträglich, als der Bischof sich wohl gerade nach Italien begeben hatte, wo ihm Erzbischof Christian von Mainz die Weihe erteilte, stellt Propst Friedrich die Urkunde aus, während der Domdekan Fricco in Strassburg die Geschäfte führte1).

1) Bresslau, Urkundenlehre I, 669 kennt diese Form der Beurkundung erst seit der Zeit Papst Honorius' IV. (1285). Die neueren Veröffentlichungen aus dem Vatikanischen Archiv werden diesen Zeitpunkt in der vorbereiteten zweiten Auflage des Handbuchs um einige Jahrzehnte vorrücken (nach freundlicher Mitteilung des Herrn Verfassers).

2) Vgl. P. Reinhold (L. Pfleger), Das Mainzer Schisma und die Konsekration des Strassburger Bischofs Heinrich von Veringen (1207) (Strassburger Diözesanblatt N. F. I, 343).

3) Zusammengestellt bei Fournier, Les officialités au moyen age p. 3 f. Die erste sichere Erwähnung eines officialis in einem Brief Papst Alexanders III. (1168-1175).

4) Strassb. Urk.-B. I, 97 nr. 118. Datierung zu verstehen: Acta 1182 etc.

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Reg. nr. 610. So ist doch wohl die Henrico venerabili Argentinensi ecclesię electo presente et approbante, domino Friccone reverendo ecclesię maioris decano tunc vicem domini electi gerente.

Und gerade in der Zeit, da Bischof Heinrich II. noch nicht die Weihe erhalten hatte, urteilt Dompropst Albert, derselbe, der auch die Urkunde für Kloster Neuburg ausstellte, für die Propstei St. Fides in Schlettstadt, wie ausdrücklich betont wird, in Vertretung des Bischofs 1).

Hand in Hand waren im Investiturstreit, der mit seinen Folgen das Bistum Strassburg über fünf Jahrzehnte2) nicht zur Ruhe kommen liess, am Beginn des 12. Jahrhunderts Bürgerschaft3) und Domkapitel den Bischöfen entgegengetreten. In den folgenden Jahrzehnten, unter der kraftvollen Regierung der Bischöfe Gebhard und Burchard, erkennen wir das langsame Erstarken beider Körperschaften nur in dem öfteren Hervortreten ihrer Vertreter in den Zeugenlisten 4). Die Stellung des Bischofs aber ward von neuem erschüttert durch den Thronstreit um die Wende des 12. und 13. Jahrhunderts. 1198 eroberte König Philipp die Stadt Strassburg und zwang den Bischof zum Anschluss an die staufische Partei5), und dem Nachfolger Konrads II., Hein

1) auctoritate domini nostri Argentinensis electi Heinrici, cuius vice fungimur. Nachträglich vom Bischof bestätigt. Würdtwein, Nova subs. diplom. X, 210 nr. 74. Schulte im Strassb. Urk.-B. III. Einl. S. XVII kennt erst zu 1234 die erste Vertretung des Bischofs in seiner richterlichen Tätigkeit. Aber schon 1232 März 26 schlichtet der Domdekan B(erthold), loco episcopi in iudicio presidens, einen Streit zwischen der Abtei Eschau und dem Pfarrer von Willstett.

Ungedr. Original. Strassburg. Bezirksarchiv G 109(1). — Jedenfalls wirkte für die Ausbildung dieser Vertretung das Vorbild der durch den Papst bevollmächtigten. Richter (s. oben) in stärkstem Masse analogisierend mit. Gleiche Bedürfnisse lassen gleiche Einrichtungen nachahmen.

2) Von 1076 (Exkommunikation Bischof Werners II.) bis 1131 (Absetzung Bischof Brunos).

3) Der Erfolg der Bürgerschaft, deren erster Beamter im Jahre 1095 in dem villicus urbani iuris (Reg. nr. 348) erscheint, drückt sich deutlich in den kaiserlichen Diplomen aus: (1119) Beschränkung des Bannweins, dessen harten Druck schon Bischof Otto (1082-1100) erleichtert hatte. Stumpf nr. 3159; 1129 Gerichtsstand vor dem Stadtgericht. Stumpf nr. 3239. Für das Domkapitel: 1122 Befreiung seiner Servientes von allen fiskalischen Leistungen. Stumpf nr. 3180.

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4) In der im Anfang des 12. Jahrhunderts gefälschten Urkunde Karls des Grossen (s. oben) erscheint zuerst die Forderung, dass die Wahl des Strassburger Bischofs aus der Mitte des Domkapitels erfolgen solle, aber erst seit 1141 wird diesem Verlangen regelmässig entsprochen. Auch in der Beifügung des Familiennamens bei der Aufzählung der hochadligen Kanoniker in den Zeugenlisten, ausgenommen sind die Inhaber der fünf wichtigsten Ämter: Propst, Dekan, Küster, Sänger und Scholaster, die seit etwa 1188 üblich wird, zeigt sich die erhöhte Bedeutung der Domherrn,

5) Reg. nr. 705. - Die Nachricht (Reg. nr. 672), dass Bischof Konrad II. im Jahre 1192 von seinen Ministerialen gefangen genommen wurde, ist zu unbestimmt, als dass sich weitere Schlüsse daraus ziehen liessen.

Mitteilungen XXIX.

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rich II., ward jahrelang, wie wir schon hörten, die Weihe verweigert. Sofort tritt auch die Bürgerschaft wieder selbständig hervor, zum ersten Male urkundet ihr Rat selbständig1), und das Domkapitel knüpft an die Versuche seiner Vorgänger, eine Sonderstellung gegenüber dem Bischofe zu gewinnen, unmittelbar an. Denn rein äusserlich zwar, aber doch bezeichnend genug ist es, dass die oben schon berührte angebliche Urkunde Papst Hadrians I, für Bischof Heddo, in der die Forderungen der Domherren im 12. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichten2), gerade in einer Erneuerung des Erwählten Bischof Heinrichs II. erhalten ist.

Damit die hier wiederholte segensreiche Bestimmung fortan in voller Geltung bleibe, bestätigt der Bischof den Propst Albert und alle Brüder in dem Genuss dieser Rechte, deren Ausübung unter seinen Vorgängern ein wenig in den Hintergrund getreten ist (que aliquatulum per antecessores nostros neglecta fuerat)", so heisst es in der Urkunde3). Und damit schliesst sich der Ring, der auch für die Verfassungsgeschichte die Urkunden der Strassburger Bischöfe des 12. Jahrhunderts zusammenhält.

Für das Verständnis dieser Entwicklungsreihe aber versagen die darstellenden Quellen vollständig, nur aus den Urkunden lässt sie sich erschliessen und herausarbeiten. Diplomatik und Verfassungsgeschichte treten hier Hand in Hand als selbständige Schwestern der politischen Geschichte zur Seite. Auf diese Verknüpfung auch der hier abgedruckten Urkunden hinzuweisen und zur weiteren Verarbeitung des Stoffes, der jetzt im Strassburger Urkundenbuch und in den Regesten der Bischöfe von Strassburg für die Geschichte von Stadt und Territorium, für Bischof, Domkapitel und Bürgerschaft, zusammengestellt ist, anzuregen, war der Zweck dieser Einleitung.

Urkunden.
I.

Cuno von Dahlenheim und seine Schwägerin stellen die Verpflichtungen ihres Grundstücks in Dahlenheim gegenüber dem Kloster Honau fest. 1102 April 21. Gleichzeitige Perg.-Aufzeichnung 30:914), eingeheftet in einem Honauer Lektionar des 12. Jahrhunderts, auf der Rückseite eine Stelle aus dem

1) Beurkundung des Beschlusses der Bürgerschaft, von einem Teile der Allmende Zins zu erheben (1190-1202). - Strassb. Urk.-B. I, 119 nr. 144. 2) S. oben S. 563.

3) Auszug im Strassb. Urk.-B. I, 9 Anm. 1.

4) Die erste Zahl gibt regelmässig die Höhe, die zweite die Breite des Pergaments in cm an.

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