den vielen Lehensgütern, an die nun immer zahlreicher einsetzenden Verpfändungen landesfürstlichen Gutes, die im Interregnum so häufige Anmassung von Vogteigütern 1)! Da wird begreiflich, dass der Adel die Vorrechte, welche ihm auf seinem Alten Eigen zukamen, auch darauf ausgedehnt wissen wollte. Es handelt sich bei dieser Bestimmung sicher um eine Fassung, die erst dem Ausgang des 13. Jahrhunderts zugehört. Und die einzige Urkunde, welche eine landesfürstliche Verleihung, oder richtiger Bestätigung dieser Rechte des Adels bezeugt, jene Ulrichs von Capellen vom Jahre 1284 2), ist ein sehr illustratives Beispiel dazu. Ihm waren damals eine Reihe von landesfürstlichen Gütern im Machlande verpfändet worden, zugleich hatte er andere zu Lehen erhalten 3). Man versteht, dass er sich eine solche Bestätigung ausstellen liess. Die ausserordentlich grossen Verdienste, welche er sich um die Begründung der Habsburgerherrschaft in Österreich erworben hatte1), mussten ihm dabei wirksam zu statten kommen. Es ist m. E. vollkommen irrig, aus dieser Urkunde generalisierende Schlüsse abzuleiten mit der Annahme, die Immunitätsrechte des weltlichen Adels hätten ganz allgemein auf landesfürstlichen Exemtionsprivilegien beruht, Aber auch bei den geistlichen Grundherrschaften liegt die Sache nicht so, wie Osswald annimmt. Nicht der Umstand ist da entscheidend, dass die Klöster Ministerialenrecht erwarben. Denn einmal ist für diesen Vorgang bis jetzt nur ein einziger Fall (Heiligenkreuz) bekannt geworden, so dass diese Generalisierung auch hier noch nicht begründet erscheint; dann aber handelt es sich bei diesem Privileg König Ottokars vom Jahre 12655) gar nicht um die Zuerkennung derselben Immunität, wie sie der Adel nach Art. 46 des österr. Landrechtes besass. Der bevorzugte Gerichtsstand vor dem Landesfürsten für Immobiliarprozesse ist es, worauf es hier wesentlich ankommt. Nicht die Verleihung von Ministerialenrecht, sondern die speziellen Immunitätsprivilegien haben die Exemtion vom Landgericht da bewirkt. Und nun ergibt sich von diesem Standpunkte aus die wichtige Beobachtung, dass einzelne Klöster, obwohl sie bereits ganz allgemein die Exemtion von der Landgerichtsbarkeit erlangt hatten, doch an 1) Vgl. Österr. Urbare I. 1, Einl. CCXVIII. 2) Siehe oben S. 598. 3) Österr. Urbare II, 1, 104 Nr. 101, n. 1; 144 Nr. 48 n. 1; 145 Nr. 57 n 1; 162 Nr. 293 n. 1; 163 Nr. 315; 164 Nr. 316. 3, 161. 4) Vgl. Osw. Redlich, Rudolf von Habsburg S. 276 u. 323. 5) Schwind-Dopsch, a. a. O. Nr. 48. Vgl. dazu noch für Zwettl Font. II. Orten, die ihnen geschenkt worden waren, nicht auch die Dorfgerichtsbarkeit ohne weiters besassen. Das Nonnenkloster Meilan liess sich 1269, nachdem es bei seiner Gründung im Jahre 1263 vom Grafen Heinrich von Hardegg und dem Ministerialen Heinrich v. Kuenring zahlreiche Güter erhalten hatte, von beiden noch besonders eine Urkunde ausstellen: quod universa bona, que eidem loco dedimus cum omni iure proprietatis, advocacie et iudiciorum tradidimus ad ordinis potestatem...1). Diese Güter wurden sofort nach dem Übergange an das Zisterzienserkloster der Exemtion vom Landgericht teilhaftig. Trotzdem aber ist damit das Dorfgericht noch nicht gesichert; man lässt sich zu diesem Zwecke auch nicht, wie nach den Hypothesen Osswalds zu erwarten wäre, einfach die Gerichtsbarkeit auf der Dorfgasse vom Landesfürsten übertragen, sondern gewinnt die erwünschte Sicherung durch die besondere Erklärung der Schenkgeber, dass sie jene Güter mit allen dem Freieneigen zustehenden Rechten übertragen hätten. Damit ist, glaube ich, der Beweis erbracht, dass die Dorfgerichtsbarkeit sich mit der Exemtion vom Landgericht nicht immer deckte. Die Frage freilich, wie die Rechtsqualitäten des Freien Eigens entstanden sind, wird sich nicht so leicht beantworten lassen, da es uns an älteren Quellen dafür gebricht. Sie reichen keinesfalls vor die Zeit zurück, als die Landeshoheit sich bildete und die Gerichtsgewalten im Lande von sich abhängig zu machen suchte. Das war gerade in Österreich jedenfalls sehr frühe erreicht und kommt, wie immer man über die Interpretation derselben denken mag, wohl auch in jener Stelle des Privilegium Minus zum Ausdruck, die lautet: Statuimus quoque, ut nulla magna vel parva persona in eiusdem ducatus regimine sine ducis consensu vel permissione aliquam iusticiam presumat exercere 2). Insofern ist, ich möchte sagen, selbstverständlich, dass auch die mit dem Freien Eigen verbundenen Rechte in letzter Linie öffentlichen Ursprunges sind. Allein darum handelt es sich hier wohl doch nicht. Entscheidend ist m. E. vielmehr die Tatsache, dass zu der Zeit, als das Dorfgericht entstand und neu auftrat, das Freie Eigen bereits jene Rechtsqualitäten regelmässig besass, derart dass das Dorfgericht mit solchem Grund und Boden immer verbunden war. Die Anknüpfung oder, wie ich früher sagte, Ableitung findet also unmittelbar aus bestehenden grundherrlichen Gewalten statt, ohne Mitwirkung der öffentlichen Gewalt. 1) Font. II. 6, 151 Nr. 5. 2) Schwind-Dopsch a. a. O. Nr. 6 S. 9. Ich habe seinerzeit (1905) bei Besprechung des Buches von G. Seeliger über die soziale und politische Bedeutung der Grundherrschaft im früheren Mittelalter1) davor gewarnt, man möge in der gewiss berechtigten Bekämpfung der sogenannten grundherrlichen Theorie nicht über das Ziel hinaus schiessen. Osswald, ein Schüler Seeligers, ist jedenfalls in diesen Fehler verfallen. Man hat den Eindruck, dass ihm von vorneherein bei dieser ganzen Arbeit als Leitmotiv vorschwebte, die Bedeutung der Grundherrschaft in der zur Darstellung gebrachten Entwicklung womöglich ganz zu negieren. Es besteht die Gefahr, dass die Ausbildung fester Schulaxiomé eine bedenkliche Voreigenommenheit und Einseitigkeit zeitige, so dass auch sehr anerkennenswerte Fortschritte in der historischen Erkenntnis dadurch arg beeinträchtiget werden. 1) Diese Zeitschr. 26, 354. Über die Siegel der deutschen Herrscher vom Interregnum bis Kaiser Sigmund. Von F. M. Haberditzl. Für die Zeit von den Karobesitzen wir eine Reihe von Vorliegende Arbeit handelt über die Siegel der deutschen Herrscher vom Interregnum bis Kaiser Sigmund. lingern bis zum Zerfall des Reiches Spezialarbeiten, in denen vor Allem die diplomatische Verwendung und Gebrauchszeit der einzelnen Siegeltypen festgelegt ist1). Von der Stauferzeit ab sind wir auf die 1875 erschienene Publikation Heffners über die Siegel der deutschen Kaiser angewiesen2); sie enthält ein reiches 1) In den Karolinger-Regesten von Mühlbacher für die Zeit der Karolinger; für die sächsische und fränkische Periode Foltz und Bresslau im N. Archiv 3. u. 6. Bd.; für die Stauferzeit Philippi: Zur Geschichte der Reichskanzlei unter den letzten Staufern. 1885. Als Hauptquelle für die heraldische Forschung sind die deutschen Herrschersiegel von E. Gritzner:,Symbole und Wappen des alten deutschen Reiches bearbeitet. Vom Standpunkt der Porträtmässigkeit sind von K. Brunner, Das deutsche Herrscherbildnis von Konrad II. bis Lothar v. Sachsen (Leipziger Disser. 1905) auch die Siegel der betreffenden Herrscher untersucht worden. Kürzlich erschien im N. Archiv Bd. 33 Heft 2 ein Aufsatz von M. Kemmerich, Die Porträts deutscher Kaiser u. Könige bis auf Rudolf von Habsburg eine Materialsammlung der Herrscherporträts, die auch eine Aufzählung der deutschen Herrschersiegel dieser Periode enthält. 2) Die Publikation Heffners: Die deutschen Kaiser und Königssiegel nebst denen der Kaiserinnen, Königinnen und Reichsverweser. Würzburg 1875, fusst auf der Arbeit von Roemer-Büchner: Die Siegel der deutschen Kaiser, Könige und Gegenkönige. Frankfurt a./M. 1851. Mitteilungen XXIX. 40 Abbildungsmaterial, der Text ist rein descriptiv. Ebenso das nachgelassene Werk Savas über die Siegel der österreichischen Regenten 1). Erst für Karl IV. und dessen unmittelbare Nachfolger hat Lindner eingehendere Untersuchungen angestellt?). Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Siegel als eine fortlaufende Reihe gleichartiger und bestimmt datierbarer Kunstwerke eine wichtige Quelle kunsthistorischer Erkenntnis bieten. Bis jetzt sind aber bestenfalls in einigen kunstgeschichtlichen Spezialwerken über Miniaturen etc. Siegel zum Vergleich herangezogen worden. Falke erwähnt in seiner Monografie des deutschen Kunstgewerbes die Siegel überhaupt nicht. Schon die Frage nach der Echtheit des Siegels ist eine diplomatische und kunsthistorische. Im Anschluss darau ergibt sich eine Feststellung des Gebrauches der einzelnen Siegel für die Diplomatik und eine kunsthistorische Disponierung des vorhandenen Materials. Dieses ist ein zweifaches: 1. die Originale: Wachssiegel und Bullen an den Urkunden selbst. 2. die in Sammlungen befindlichen Stempel und Abdrücke. Für die Durchsicht und Bearbeitung der Originalsiegel wurden von mir die folgenden Archive benutzt: Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien; Reichsarchiv in München: Deutsch-Ordensarchiv in Wien; Archiv des germanischen Museums in Nürnberg. Weiters wurden die folgenden Sammlungen von Siegelabdrücken durchgesehen: die von Posse angelegte Sammlung im germanischen Museum zu Nürnberg; die von K. Primbs angelegte Sammlung im bayerischen Nationalmuseum zu München; die Smitmersche Sammlung im Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien; die von K. von Sava angelegte Sammlung im k. k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie zu Wien; die Melly'sche Sammlung im Besitz der k. k. heraldischen Gesellschaft „Adler zu Wien; die Sammlung des Instituts für österreichische Geschichtsforschung zu Wien. I. Wilhelm von Holland, Von Wilhelm von Holland3) war mir nur ein geringes Urkundenmaterial im Original zugänglich. Eine Untersuchung darüber, welche Siegel dieser Herrscher in Verwendung hatte und wie lange dieselben gebraucht wurden, wird wesentlich dadurch eingeschränkt, dass an diesen 1) K. von Sava: Die Siegel der österreichischen Regenten in Mitteil. d. k. k. Zentral-Kommission Bd. IX 242-268 und XI. 137-152. 2) Lindner: Das Urkundenwesen Karls IV. und seiner Nachfolger. Stuttgart 1882. 3) Böhmer-Ficker Regesta imperii V 2. |