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Die Gewandbehandlung. Schon die Faltengebung beweist, dass das Siegel für die Zeit vor 1250 ein ganz vortreffliches Kunstwerk ist. Trotz allem Naturalismus lässt sich auch da ein gewisses Schema, nach dem die Falten angeordnet sind, erkennen. Auf dem Mantel über der Brust sind es Parallelfalten, die sich auf dem linken Ärmel der Tunika im gleichen Schema fortsetzen. Der Mantelüberschlag über dem Schoss zeigt ebenfalls aneinandergereihte Falten, die sich zwischen den Beinen in gebrochene, tief ausgefurchte Falten verbreiten. Auf dem Typar ist in der Gewandbehandlung keine Spur von dem Schema zu merken. Eine derartig freie Behandlung, wie wir sie da sehen, ist vor dem 15. Jahrhundert nicht gut denkbar. Der prinzipielle Unterschied aber liegt in dem Verhältnis von Gewand und Körper. Die Brechung und Führung der Falten auf dem Siegel richtet sich nicht konsequent nach dem Körper, der im Gewand steckt. So erscheint unterhalb des rechten Knie's eine tiefe Einbuchtung des Mantels; unmotiviert sind auch die Falten des rechten Armes unterhalb des Ellbogens, denn der Arm biegt schon weiter oben ab, wodurch die straffe Anziehung nach aussen ihren Halt verliert. Gerade das Gegenteil sehen wir auf dem Typar. Die Falte folgt z. B. genau der Einbiegung des linken Armes. Die Knie sind stark plastisch herausgearbeitet freilich ungeschickt die Falten gehen vom rechten. Knie aus; über der Brust werden. sie zur Agraffe konzentrisch geführt.

Die angeführten Unterschiede dürften schon zur Genüge beweisen, dass das Typar eine Fälschung ist. Einen deutlichen Beweis gibt auch die Zeichnung des Gesichts. Gewiss modern ist die Wiedergabe der Augen mit starker Betonung der Augenlider. Auffällig erscheint auch die Nase. Diese tritt nämlich gar nicht im Relief hervor, ist breitgedrückt und hebt sich ganz wenig von der Fläche des Gesichtes ab. Man muss wohl annehmen, dass der Fälscher nie einen Originalstempel, ja nicht einmal einen gut erhaltenen Siegelabdruck zu Gesicht bekommen hat. Es erscheint mir noch am wahrscheinlichsten, dass der Stempel gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellt wurde, zu einer Zeit da man gewiss im Zusammenhang mit der romantischen Bewegung, die sich mit Vorliebe dem Mittelalter zuwandte begann, grosse Sammlungen von Siegelabdrücken anzulegen. Das Sammlerinteresse findet seinen beredten Ausdruck darin, dass bald nachher in Deutschland wie in Frankreich die ersten grösseren Siegelpublikationen, die allerdings rein descriptiven Charakter haben, erscheinen. Auch der Stempel Wilhelms von Holland wurde 18591) zum ersten Male weiteren

1) Almanak voor Nederl. Katholieken 1859 und Ter Gouw: Studien over Wapen en Zegelkunde S. 171.

Kreisen bekannt gemacht und reproduziert. Eine Provenienzangabe macht aber erst der Archivar des Haager Reichsarchivs, Th. van Riemsdijk in einem Aufsatze vom Jahr 1885: dans la trésorie des chartes du Hainaut à Mons se trouvait auciennement un sceau matrice en cuivre, qu'on a deposé en 1817 aux archives de l'état à la Haye. Ce sceau est apparement une copie assez exacte de celui, dont Guillaume fit usage après son couronnement. Une matrice plus petite, également en cuivre et représentant un aigle, doit avoir servi comme revers ou contresceau. Il n'est pas prouvé, que Guillaume en ait fait usage1).

Solange aber nicht der Beweis erbracht ist, dass der Stempel tatsächlich seit 1817 schon im Haager Archiv war, möchte ich doch daran festhalten, dass die Fälschung wahrscheinlich erst gegen 1850 fabriziert wurde. Im Folgenden sollen noch ähnliche Fälle besprochen werden.

Von Richard von Kornwallis und Alfons von Kastilien sind nur die beiden von Heffner publizierten Thronsiegel bekannt. Der Durchmesser des Richardssiegels ist von Heffner unrichtig mit 83 mm angegeben; er beträgt 90 mm.

II. Rudolf von Habsburg.

In der Zeit zwischen der Wahl und Krönung Rudolfs war das Thronsiegel offenbar noch nicht in Verwendung. An der Urkunde mit dem Datum: Frankfurt 1273 Oktober 7 einer der wenigen Urkunden,

die aus der Zeit zwischen Wahl und Krönung im Original erhalten sind hängen elf Siegel der mitbesiegelnden Fürsten an Presseln; das Siegel des Königs fehlt 2). Erst an einer Urkunde vom Krönungstag3) finden sich Reste des ersten Thronsiegels, die mit dem von Heffner angefürten Siegel S. 17 Nr. 75 Tafel VII Nr. 60 zu identifizieren sind. d d = 93 mm1). Dem Stempelschneider dürfte wohl das Siegel des unmittelbaren Vorgängers Rudolfs, Richards von Kornwallis, vorgelegen haben. Die Gestalt des Thronstuhles ist, wenn auch vereinfacht, übernommen. Es findet sich ein ganz ähnliches Gittermuster

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1) Aus dem Aufsatz: Un sceau inédit de Guillaume de Hollande, roi des Romains, handelnd über dessen Electensiegel. Enthalten in: Études archéologiques, linguistiques et historiques dédiés à Mr. le Dr. C. Leemans. Leiden 1885. 2) Or. im St. A. Berlin, Reg. imp. VI n. 2.

3) Von Redlich Reg. n. 5 nach dem Druck: Gerbert, Hist. nigr. silv. 3, 190 zitiert; mittlerweile hat Schwalm im Neuen Archiv 23 S. 30/31 das Original, welches sich im Münchner Reichsarchiv befindet, publiziert,

4) Heffner hat die unrichtige Angabe von 98 mm.

zwischen den lilienbekrönten Säulenstäben der Basis; die Form der Rücklehne ist gleich, allerdings mit vereinfachter Ornamentierung, indem statt der abwechselnden Rundbogen und Vierpassdurchbrechungen nur die ersteren angebracht sind. Der Stempel dieses Siegels war von der Königskrönung ab bis zum 18. August 1274, wo sich der Gebrauch zuletzt nachweisen lässt, ununterbrochen und allein in Gebrauch1). Eine von Rotenburg 6. April 1274 (Reg. n. 139) datierte Urkunde trägt allerdings das erst später verwendete Thronsiegel, doch hat bereits Redlich darauf hingewiesen, dass die Urkunde vom Empfänger im Kloster Weingarten nach dem Muster der vorangehenden (Reg. Nr. 138 mit dem Siegeltypus 1.) hergestellt und von der Kanzlei, aber dann erst viel später besiegelt wurde.

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Als terminus post quem für das Auftreten des zweiten Thronsiegels ist der 28. August 1274 anzunehmen. Eine an diesem Tage ausgestellte Urkunde Rudolfs (Reg. n. 203) weist zum ersten Male den von Heffner S. 17 Nr. 74 Tafel VII Nr. 59 angeführten Typus auf. Es ist wohl bemerkenswert für die Fixierung dieser Neuerung, dass das Siegel an der ältesten in deutscher Sprache geschriebenen Urkunde König Rudolfs hängt. Ausstellort ist Strassburg. Vielleicht dürfen wir auch Strassburg als den Ort der Herstellung des Typars annehmen. Es kann darauf hingewiesen werden, dass Strassburg auch örtlich das nächste Kunstzentrum von der königlichen Pfalz Hagenau ist, woselbst sich gerade um diese Zeit König Rudolf so lange aufgehalten hat.

Dieses Siegel hat im Durchmesser 94 mm. Die Legende ist dem des vorhergebrauchten Siegels gleich. Das Legendenkreuz sowie die einzelnen Wörter sind durch je zwei übereinandergestellte Ringelchen getrennt. Die Buchstaben selbst grösser, in stärkerem Relief und im Auslauf reicher verziert. Die Figur des Herrschers ist der des vorangehenden Siegels nachgebildet. Namentlich in den Mantelfalten vom Knie abwärts ist das Vorbild ziemlich genau kopiert; Details wie der umgeschlagene Mantelzipfel unten zwischen den Füssen, sind übernommen. Über diese Anlehnungen hinaus sind doch wesentliche Fort

1) Ötter: Versuch einer Geschichte der Burggrafen von Nürnberg 2, 608, reproduziert in Facsimile mit anhangendem Siegel eine Urkunde vom 25. Oktober 1273, Rudolf belehnt den Burggrafen von Nürnberg (Reg. n. 8). Die Kupferstichreproduktion des Siegels entspricht aber dem von Rudolf erst später gebrauchten Siegeltypus. Das Siegel ist an der Originalurkunde (Reichsarchiv München) nur mehr fragmentarisch erhalten. Dieses Fragment ist identisch mit dem von der Krönung bis August 1274 gebrauchten Siegel. Ein Fragment wollte man offenbar nicht abbilden.

schritte zu bemerken. Auf dem ersten Siegel werden z. B. die Falten des Manteldreiecks über der Brust scharf herausgearbeitet und parallel dem äusseren Kontur geführt, hier sind sie freier und weicher, mit zahlreichen Augen wiedergegeben. Auch der Thronstuhl ist reicher ausgestaltet. Auffallend ist, dass der mittlere Teil der Rücklehne hinter dem linken Arm keine Fortsetzung hat. Ein Analogon finden wir auf dem Thronsiegl Adolfs von Nassau. Hier umfasst die Rücklehne in einem Stück die ganze Breite hinter der Sitzfläche. Sie ist durch je zwei zusammengefasste Spitzbögen und darüber einen Vierpass dreimal zu beiden Seiten der Figur durchbrochen. Man vergleiche die beiden äussersten Teile. Rechts von der Figur in herald. Sinn ist die obere Spitze des Vierpass ungefähr in der gleichen Höhe wie der obere Rand des Reichsapfels in der Linken des Herrschers. Unterhalb des Reichsapfels aber sind die beiden Spitzbögen mit dem Vierpass darüber vollständig d. h. um ein gutes Stück verkleinert wiedergegeben. Auf beiden Siegeln hätte der seitwärts gestreckte Arm mit dem Reichsapfel den Teil verdeckt, der schon wegen der symmetrischen Anordnung auch an der richtigen Stelle dargestellt sein müsste. Über die plastische Auffassung, dass nur das wirklich Dargestellte auch als dargestellt empfunden werden kanu, war man nicht hinausgekommen. Daher erklärt sich wohl das Weglassen auf dem einen, das Ausweichen auf dem andern Siegel.

Das zweite Siegel Rudolfs I. war vom 28. August 1274 bis zum Lebensende des Herrschers als Thronsiegel allein in Gebrauch.

In den Sammlungen des kunsthistorischen Hofmuseums in Wien befindet sich ein Siegelstempel Rudolfs von Habsburg, ausserdem in anderen Wiener Sammlungen 1) ein diesem Stempel nächst verwandter Gipsabdruck, die beide in einem merkwürdigen Verhältnis zu dem zweiten Siegel König Rudolfs stehen. Das Typar hat v. Schlosser in einem Aufsatz eingehend beschrieben und beurteilt 2). Es sei mir gestattet kurz zu rekapitulieren.

Der Stempel wurde dem Kaiser Franz Josef im Jahre 1857 in Verona von einem Architekten Andrea Monga als Geschenk übergeben. Zugleich ein ausführliches, kalligrafisch geschriebenes Memorandum3) mit dem Titel Esposizione di un sigillo di Rodolfo Magno“, das in vier Teilen Zeit und Ort der Auffindung, Beschreibung und

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1) Mellysche Siegelabdrucksammlung im Besitz der herald. Gesellschaft , Adler, Sava'sche Sammlung im österr. Museum, Sammlung des Instistuts für österr. Geschichtsforschung.

2) Jahrbuch d. ah. Kaiserhauses Bd. XIII S. 37-43.

3) Akten des k. k. Münz- und Antikenkabinets 1857 Nr. 969.

Vergleichung, geschichtliche Erklärung, schliesslich die Vermutungen über die Veranlassung der Verbergung enthält. Typar und Schriftstück wurden dem Vorstand des Münz- und Antiken-Kabinets zur Begutachtung vorgelegt, der erklärte: „das Typarium halte ich für echt, es stimmt dermassen mit den noch vorhandenen Abdrücken, dass ich glaube, es ist kein Zweifel darüber zu erheben“.

Auch v. Schlosser ist von der Echtheit überzeugt, und gelangt bei dem Vergleich des Stempels mit dem obenerwähnten Gipsabdruck zu dem Resultat, dass letzterer ein früheres Stadium in der Arbeit des Stempelschneiders repräsentiert". Wieso aber der Stempel nach Italien. gekommen ist, dafür findet er die, allerdings mit einiger Reserve vorgetragene, Erklärung, dass wir in dem Stempelschneider König Rudolfs einen italienischen Goldschmid vor uns haben, wofür, das zähe Festhalten am romanischen Stil noch gegen Ende des XIII. Jahrhunderts" spreche; schliesslich wird noch auf die in allen einschlägigen sphragistischen Werken erwähnte Notiz hingewiesen, dass auch der Stempelschneider Heinrichs VII, von Luxemburg ein Italiener war.

Es muss nun doch befremden, dass zu einem Stempel, der im Jahr 1857 bekannt wird, ein um die gleiche Zeit von den eifrigen Sammlern Melly und Sava erworbener Gipsabdruck genau passt (vgl. für das Folgende Fig. 3 und Fig. 4). v. Schlosser sagt darüber: ,Bei flüchtiger Betrachtung glaubt man einen Abdruck unseres Typars vor sich zu haben. Sieht man jedoch schärfer zu, so ergeben sich verschiedene kleine Abweichungen. Vor allem ist zu bemerken, dass in der Legende des Typars L in Rudolfus richtig steht während es im Siegel (soll richtiger heissen Gipsabdruck), verkehrt erscheint. Ferner ist die Trennung der einzelnen Worte der Legende hier durch erhabene Kügelchen, dort aber zum grössten Teil durch Ringelchen bewirkt. Auch in der Figur des thronenden Königs finden sich kleine Varianten. Die beiden obersten Falten des Mantels an der Brust sind etwas anders gelegt; desgleichen erscheint am untersten Bausche desselben über dem Schoss ein Auge, welches im Stempel fehlt. Endlich sind die zu beiden Seiten des linken Fusses herabgehenden Faltenpartien etwas anders angegeben. Die fehlerhafte Partie des Stempels ist nicht vorhanden oder gedeckt (der linke Arm mit dem Reichsapfel war ursprünglich zu tief angesetzt worden). Anderseits geht aber in allen andern Dingen die Übereinstimmung bis zur völligen Gleichung".... Und in einer Anmerkung wird gesagt: Wie eng sich der Stempelschneider an das einmal gegebene Muster hielt, zeigt am deutlichsten das bei Heffner (T. VII. Nr. 59) abgebildete Siegel, welches im Jahre 1281 (diese Angabe ist dem Heffnerschen Text entnommen; das Siegel war, wie nach

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