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Adlers. Legende: Sigillum secretum. Ilgen1) tut die Frage der Verwendung des Sekretsiegels doch zu summarisch ab, wenn er sagt: „In der kaiserlichen Kanzlei hat das Sekretsiegel, das sich seit Rudolf von Habsburg allmählich einbürgerte, niemals die Geltung eines Geheimsiegels erlangt und es ist auch nicht als Rücksiegel benutzt worden. . . es wird im 14. Jahrhundert ausschliesslich zur Besiegelung von Briefen und Patenten verwendet".

Die letztere Bemerkung ist gewiss unrichtig, was später erwiesen werden soll; gerade aus den angeführten Beispielen aber ersehen wir auch, dass die neuaufgekommene Besiegelungsart noch nicht die bestimmte Funktion hat, stellvertretend für das Majestätssiegel an bestimmten Urkundengattungen, wie das die spätere Entwicklung zeigt, einzutreten, sondern, wie fast jede derartige Neuerung, vorab einen ganz persönlichen Charakter trägt.

Die dritte Urkunde König Rudolfs, deren anhangendes Thronsiegel ein Rücksiegel trägt, datiert von Luzern, 1285 Oktober 29. Das Original konnte nicht untersucht werden; im Urkundenbuch der Stadt Basel) findet sich zu der betreffenden Urkunde folgender Vermerk: Zwei Ausfertigungen. An der einen das Siegel abgefallen, au der andern: Siegel an roten Seidenfäden: R..... gracia Romanorum rex s.... er augustus mit Rücksiegel (Löw e).

Aus der rudolfinischen Zeit existieren ausser diesen Siegeln des Herrschers noch einige fragmentarisch erhaltene Hofgerichtssiegel mit dem Namen des betreffeuden Richters als Legende3); ein kombinierter Abdruck daraus befindet sich in der von Posse angelegten galvanoplastischen Siegelabdrucksammlung des germanischen Museums in Nürnberg. Die technische und künstlerische Ausführung dieser Hofgerichtssiegel, sowie der später in Gebrauch gekommenen Landfriedenssiegel (bis auf Sigmund) ist nicht zu vergleichen mit den Siegeln der Kanzlei. Da sie auch mit dieser in keinem unmittelbaren Zusammen. hang stehen, sollen sie für die Folgezeit nicht in den Kreis dieser Untersuchung gezogen werden. Sie bilden eine Frage für sich. Zwei Stempel haben sich angeblich erhalten; einer von König Wenzel) in Karlsruhe, der zweite, ein Reichshofgerichtsstempel Sigmunds, im germanischen Museum in Nürnberg. Letzterer ist offenbar gefälscht.

Dem Typus des Thronsiegels ist die Darstellung auf den Münzen3) nachgebildet. Vergleichspunkte über die ikonographischen Beziehungen

1) Th. Ilgen in Meisters Grundriss d. Geschichtswissenschaft 1, 346.
2) Bd. 2, 283 = Reg. n. 1944.

3) Vgl. Baumann Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins N. F. 4 S. 70.

4) Vgl. Schulte Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins N. F. 5. S. 129.

5) Münzen, geprägt in Essen, Ratingen, Dortmund, vgl. Cappe, Münzen der röm. Kaiser I. T. XI.

hinaus lassen sich wegen des kleinen Formats und der nur strich weisen, rohen Ausführung nicht gewinnen.

Auf den beiden Siegeln König Rudolfs ist der Kopf des Herrschers ohne e jeden individuellen Ausdruck wiedergegeben; abgesehen von der Bartlosigkeit lässt sich kein persönliches Charakteristikum hervorheben. Daran muss auch für die folgenden Herrscher bis in das fünfzehnte Jahrhundert festgehalten werden. Eine annähernd porträtmässige Darstellung lässt sich auf Siegeln erst bei Sigmund feststellen. Sein Vorgänger Wenzel benützt als Thronsiegel während seiner ganzen Regierung das königliche Thronsiegel Karls IV., indem nur der Name des Herrschers in der Legende des Stempels von Karolus auf Wenzesl. verändert wurde. Die Porträtmässigkeit der beiden Siegel Karls IV. (königl. und kaiserliches Thronsiegel) ist kaum um vieles vorgeschrittener als auf denen König Rudolfs. Das zeigt ein Vergleich mit dem gewiss individualisierenden Profilporträt Kaiser Karls mit seiner dritten Gemahlin Anna von Schweidnitz in der Katharinenkapelle zu Karlstein. Als einziges persönliches Charakteristikum kann man den gestutzten Vollbart des Herrschers auf den beiden Siegeln, von denen das zweite, das kaiserliche Thronsiegel, noch beträchtlich roher gearbeitet ist, anführen. Es muss eben berücksichtigt werden, dass die Siegel vermöge ihrer rein repräsentativen Bestimmung, wobei das persönliche und individuelle Moment weit weniger in Betracht kommt als z. B. bei einem zum Andenken an den Fürsten gemeisselten Grabstein, und wegen der in so geringen Dimensionen gehaltenen en-face-Darstellung überhaupt nur ganz äusserliche individuelle Züge wiedergeben können. Mit dem Thronsiegel Sigmunds, wird das Schema der reinen Vorderansicht des Kopfes aufgegeben zu Gunsten der Ansicht in Dreiviertelprofil, wodurch eine reichere Möglichkeit für Individualisierung gegeben ist. Es ist wohl charakteristisch, dass der Kopist des Grabmals König Rudolfs den Kopf des Herrschers nicht in voller Vorderansicht, die durch die ganze Stellung des Körpers gegeben war, sondern ein wenig von der Seite gesehen, wiedergegeben hat.

III. Die königlichen Thronsiegel von Adolf, Albrecht I., Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen.

Die Siegel der beiden Habsburger haben gegenüber der Darstellung auf den Königssiegeln vou Adolf und Ludwig1) eine fortgeschrittene,

1) Auch das königliche Thronsiegel Heinrichs VII. (das im Zusammenhang mit den Siegeln der andern Luxemburger später besprochen werden soll) weist die gleiche plastische Behandlung auf wie die Siegel von Adolf und Ludwig.

malerische Wiedergabe der Herrscherfigur speziell in der Gewandbehandlung gemeinsam. Man vergleiche besonders die Zeichnung der Falten auf dem Mantelüberschlag bei Adolf und bei Albrecht I. Die scharfgefurchten Parallelfalten bei Adolf geben einen wesentlich plastischeren Eindruck wieder als die vom Parallelschema abweichende, von zahlreichen Augen durchbrochene Faltengebung auf dem AlbrechtSiegel. Noch stärker fällt der Gegensatz zwischen den Siegeln der beiden Gegenkönige, Ludwig und Friedrich, auf. Beide Siegel sind fast zur gleichen Zeit verfertigt worden und in Gebrauch gekommen. Schon bei bei einem Vergleich der österreichischen Reitersiegel mit denen der anderen deutschen Fürsten1) fällt die mehr grosszügige, malerische Behandlung der ersteren, die etwa nach Wien zu lokalisieren wären, auf. Die Gewandpartien werden in grösseren Flächen wiedergegeben, die Falten sind freier behandelt. Vielleicht dürfen wir also auch die Herstellung der Thronsiegel der beiden Habsburger nach Wien lokalisieren, was ja ohnehin als das Nächstliegende erscheint.

Ein wichtiger Fortschritt in der perspektivischen Wiedergabe des Thronstuhles ist den beiden Majestätssiegeln Ludwigs und Friedrichs gemeinsam. Von der ursprünglichen zentralperspektivischen Darstellung des Thrones war man schon unter Heinrich III., wohl aus mangelndem Verständnis, dazu übergegangen, die Seitenkanten des Schemels und der Sitzfläche nach vorne einzubiegen, so dass so ziemlich das Gegenteil einer Vortäuschung der parallelen Kanten erzielt wurde. Nach diesem Schema wird noch der Thron Adolfs wie der Albrechts wiedergegeben.

Erst auf den Siegeln der beiden Gegenkönige finden wir die richtige perspektivische Darstellung. Aber diese wichtige künstlerische Errungenschaft verdankt der Künstler dem darzustellenden Objekt. In beiden Fällen sollte nämlich ein gotischer Stuhl gezeichnet werden, der, wie ein Gehäuse, nicht blos eine Rücklehne sondern auch zwei Seitenlehnen mit dem Abschluss an den Ecken der Vorderkante der Sitzfläche hat. Auf dem Friedrich-Siegel sind die Seitenteile in gleicher Höhe wie die Rücklehne. Damit aber war der Künstler gezwungen die Vorderkante breiter zu zeichnen als die parallele Rückkante. Dass dem Stempelschneider Ludwigs die Lösung doch nicht recht gelang, sieht man daran, dass er sich in der Wiedergabe von Seiten- und Rücklehne mit einem Kompromiss geholfen, für den Schemel aber noch das alte Schema beibehalten hat.

1) Vgl. Posse: Siegel d. Wettiner, die Wittelsbacher Reitersiegel im Nationalmuseum München.

Mitteilungen XXIX.

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IV. Die italienischen Siegel Heinrichs VII.

J. v. Schlosser weist zur Bekräftigung seiner Vermutung, dass der Stempelschneider Rudolfs von Habsburg ein Italiener war, darauf hin, dass wir bestimmte Nachricht über einen italienischen Stempelschneider Heinrichs VII. besitzen 1). Mau muss nun versuchen, das von diesem Künstler gemachte Siegel zu identifizieren, um die Notiz recht zu verwerten. Sie ist von Bonaini aus den Contes des Gile de la Marcelle tresorier2) veröffentlicht und lautet: ad. 29. August 1312: Item a Lienar de Venise, talleur de pieres, ce jour et ce lieu3), pour despendre, et pour une robe par monseigneur Thumas de Septfontaines XIIII florins. Die zweite Stelle: Item, le dimence, IIII. jour de decembre, a Lienar de Venize, talleur do sael l'empereur, par le cancelier, ce lieu: XX. florins.

Wenn man bedenkt, dass sich Heinrich vom Oktober 1310 an bereits in Italien aufgehalten, ist es fast selbstverständlich anzunehmen, dass er sein Kaisersiegel dort anfertigen liess. Denn nur um das Kaisersiegel Heinrichs VII. kann es sich handeln. Ohne dasselbe gesehen zu haben, lässt sich behaupten, dass die Nachricht eindeutig darauf bezogen werden muss. Der Stempelschneider wird ja auch ausdrücklich talleur do sael (de) l'empereur genannt. Seit der Kaiserkrönung finden wir das Siegel in Gebrauch, die Zahlungen erfolgen noch im selben Jahr. Die Darstellung des Siegels bestätigt die Annahme vollständig. Legende: Henricus dei gracia Romanorum imperator semper augustus), d=103 mm. Nicht immer, aber zumeist mit Rücksiegel: der einfache Adler mit der Umschrift: iuste iudicate filii hominum, d=39 mm.

Das Bild des Thronsiegels ist ganz abweichend von den in Deutschland üblichen Darstellungen komponiert. (Siehe Fig. 6 und Rücksiegel Fig. 7). Der Kaiser sitzt auf einer mit Teppichen verkleideten Bank, von zwei prächtigen Löwen flankiert. Eine Rücklehne, die wir ständig auf den deutschen Thronsiegeln finden, fehlt.

1) Jahrbuch des ah. Kaiserhauses XIII.

2) Fr. Bonaini: Acta Henrici VII. 2. Bd. S. 334 und 340. 1. Notiz aus den Contes dou jour do coronement a Rome juckes a le nuit de Toussains ensiwant. 2. Notiz aus den Contes jukes a l'an renuef ensiwant.

3) Ort und Zeit, 29. August 1312, aus der vorhergehenden Aufzeichnung zu ersehen.

4) Heffner liest falsch Heinricus statt Henricus. Es darf vielleicht auch darauf hingewiesen werden, dass die italienisierende Form Henricus statt wie auf dem vorher gebrauchten Königssiegel Heinricus auftritt.

Dort wird

mit Thier

Dies sind aber Anlehnungen an französische Vorlagen. seit Ludwig VI.1) der Thron ohne Rücklehne krallen und Thierköpfen geschmückt 2). Aber über diese allgemeinen kompositionellen Anregungen hinaus sind die französischen Siegel mit dem Heinrichs in gar nichts zu vergleichen. Auf dem Siegel Philipps des Schönen (1286) wo zum erstenmal die beiden Löwen deutlich herausgearbeitet sind, bleiben sie doch nur ornamentales Beiwerk; ganz im Profil gezeichnet, erscheinen sie leblos. Auf dem Heinrich-Siegel frappiert der lebendige Ausdruck und kompositionelle Zusammenschluss, Die mächtigen Köpfe sind aus der Fläche herausgekehrt, den Beschauer Die eine Tatze ist erhoben und an den Rand der Bildfläche (innerer Kreis der Legende) aufgestützt. Die zwei Tiere treten zu beiden Seiten der sitzenden Herrscherfigur wie treue Wächter hervor, kaum mehr in Zusammenhag mit dem Thron. Eine solche Fülle von naturalistischen Beobachtungen und perspektivischem Können finden wir weder an deutschen noch an französischen Siegeln.

zu.

Zum gleichen Resultat führt ein Vergleich der sitzenden Figur des Herrschers. Auf drei Momente sei besonders hingewiesen. Eine sitzende Figur im Relief in richtiger perspektivischer Verkürzung wiederzugeben, die wie auf den Herrscherthronsiegeln allgemein üblich, dem Beschauer ganz von vorne zugekehrt ist, bleibt in Frankreich wie in Deutschland noch lange ungelöst. Es sieht zumeist aus, als ob die Beine ohne organischen Zusamenhang mit dem Rumpf herunterhängen würden, denn der Oberschenkel wird, steil ansteigend, wirklich mit dargestellt, statt dass man die ideale Fortsetzung von dem in richtiger Höhe anzusetzenden Knie dem Beschauer überlässt. Es ist ein ähnliches plastisches, nicht-malerisches Sehen, wie wir es bereits in der Darstellung der Rücklehne der Siegel von Rudolf und Adolf feststellen konnten. Sowohl an dem in Deutschland gemachten Königssiegel Heinrichs wie an dem vorerwähnten Siegel Philipps von Frankreich und dessen Nachfolgern lässt sich das mangelnde perspektivische Können das Bein richtig anzusetzen deutlich beobachten.

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Einen Ausweg, nicht eine Lösung des Problems hat man dann gefunden, indem ein gutes Beispiel dafür ist das Thronsiegel Friedrichs

1) Vgl. Lecoy de la Marche: Les sceaux und Erben Urkundenlehre I, 272. 2) Die Anlage lässt sich auf das alte Schema des Faltstuhls zurückverfolgen: die schräg überkreuzten Stützen des Stuhles endigen unten in Thierfüsse meist Löwen- oder Hundetatzen zu beiden Seiten der Sitzfläche gewöhnlich in Löwenköpfe. Eine Zusammenfassung dieser Abschlussverzierungen in dem Sinn, dass Fuss und Kopf als etwas Zusammengehöriges erfasst werden, findet sich ziemlich gleichzeitig an französischen und sizilischen (Friedrich II.) Thronsiegeln.

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