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Auf dem Siegel folgt die reiche Faltenbrechung der Stellung des Körpers, so dass an einzelnen Stellen deutlich die plastischen Formen im Kontur heraustreten1). Auf dem Relief sind die Falten an sich viel plastischer herausgearbeitet und zwar der Linkswendung des Körpers entgegengesetzt, als parallele Röhrenfalten. So entsteht eine Art Kontrapost des als selbständiger Körper aufgefassten Gewandes mit dem nach links gewendeten Körper der Herrscherfigur. Statt dieser bewussten künstlerischen Zweiteilung finden wir auf dem Siegel eine einheitliche Zusammenfassung von Gewand und Körper. Das Ergebnis des Vergleiches lässt sich in Folgendes zusammenfassen: wir haben zwei so ziemlich gleichzeitige Kunstwerke, das eine in kompositioneller Abhängigkeit vom anderen und ein typisches Beispiel deutscher Gotik von der Mitte des 14. Jahrhunderts. Ein Vergleich der künstlerischen Auffassung ergibt die gleichen Resultate wie bei dem bestimmt in Italien verfertigten Kaisersiegel Heinrichs VII.

Wenn es aber noch eines weitern Beweises bedürfte, um auch das Kaisersiegel Ludwigs des Bayern nach Italien zu lokalisieren, brauchten wir nur das Rücksiegel desselben anzusehen). Dieses muss wohl, wenn sich auch kein bestimmtes Vorbild nachweisen lässt, nach einer antiken, römischen Vorlage geschnitten sein. Mit charakteristischer Prägnanz, die nur einer hochentwickelten Kunst eigen sein kann, wird der Adler in momentaner Bewegung des Kopfes nach rückwärts dargestellt.

Schon von der Zeit Friedrichs II. lässt sich an einer Reihe von Kunstwerken für die Kleinkunst kommen da speziell die Augustalen Friedrichs II. in Betracht eine direkte Übernahme, ein bewusstes Kopieren der antiken Werke verfolgen. v. Schlosser hat in einem ausführlichen Aufsatz3) diese Spur bis zur Renaissance an charakteristischen Beispielen klargelegt. Auch die Darstellung des Rücksiegels ist dahin einzureihen1). Einen deutlichen Unterschied zeigt das Rücksiegel

1) Besonders klar auf dem rechten Bein, das etwas seitwärts gestellt ist. 2) d 45 mm. Legende: iuste iudicate filii hominum. Dargestellt ist der rückwärtssehende Adler.

3) v. Schlosser im Jahrbuch d. ah. Kaiserhauses XVIII: Die ältesten Medaillen und die Antike.

4) Über die Verwendung des Rücksiegels: Als Rücksiegel immer in Verbindung mit dem kaiserlichen Thronsiegel. Stellvertretend für das später zu erwähnende kais. Sekretsiegel in der Zeit von 1337-1343 verwendet; anfangs mit ausdrücklichem Hinweis:, under dem widersehenden adler besigelt, wan wir unser secret bei uns ze disen zeiten niht haben später ohne Ankündigung in der Korroborationsformel. Die einzelnen Fälle bei Schaus a. a. O. angeführt.

Karls IV. mit der gleichen Darstellung: hier erscheint der nach links gewendete Adler in der üblichen, heraldischen Form mit ausgespannten Flügeln, ganz plump und leblos.

Die originelle Komposition des Thronsiegels Ludwigs des Bayern mit den beiden Adlern zur Seite, den beiden Löwen zu Füssen wurde. auch von den französischen Königssiegeln übernommen; zuerst unter König Johann dem Zweiten im Jahre 13531).

An vier charakteristischen Stücken (den Thronsiegeln und Goldbullen der beiden Kaiser Heinrichs VII. und Ludwigs des Bayern) haben wir im Gegensatze zu den übrigen Siegeln deutscher Provenienz festzustellen versucht, dass dieselben in Italien verfertigt wurden. Nicht das zähe Festhalten am romanischen Stil, nicht eine Rückständigkeit der Goldschmiedekunst Italiens gegenüber den deutschen Arbeiten ist für diese Stempel aus dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts charakteristisch, sondern eine im Vergleich mit den deutschgotischen Herrschersiegeln dieser Zeit bereits weit vorgeschrittene malerische Durchbildung der Reliefdarstellung einerseits, eine Fülle von naturalistischen Motiven andrerseits.

Kaiserliches Sekretsiegel. Eine technische Neuerung in der Art der Besiegelung lässt sich zuerst an dem kaiserlichen Sekretsiegel Ludwigs nachweisen: dass nämlich weiches Papier auf das Wachs gelegt und dann erst der Stempel aufgedrückt wird. Vielleicht geht diese Art der Besiegelung auf italienischen Einfluss zurück 2). Das Sekret selbst hat 38 mm Durchmesser, die Legende lautet: S. secr' Ludowici dei gra Romanor' impatoris s. a.3). Darstellung im Siegelfeld: der einfache, nach rechts sehende Adler. Schaus1) hat nachgewiesen, dass um das Jahr 1340 auf dem Siegelfelde neben dem Halse des Adlers die Buchstaben L S eingeschnitten wurden5). Für die Datierung von Urkunden kann diese Fixierung mitunter von Wert sein. So befindet

1) Es frägt sich, ob nicht das erstmalige Auftreten des Doppeladlers auf den Goldmünzen Ludwigs des Bayern als eine heraldische Stilisierung der beiden symbolischen Tiere auf dem Kaisersiegel zu erklären ist. Auch für spätere Zeiten ist damit durch die Kombination der beiden Köpfe die präponierende Stellung des Kaisers symbolisiert.

2) Vgl. J. Schwalm im Neuen Archiv 23, 336.

3) Heffner, Schwalm und Schaus haben die Legende unrichtig wiedergegeben. 4) Schaus a. a. O.

5) Das L S bedeutet zweifellos Ludowici Sigillum. Eine analogen Fall finden wir auf den Siegeln der Burggrafen Johann und Conrad von Nürnberg, wo auf dem einen C S auf dem J S eingeschnitten ist. Heffner nimmt für Ludwig zwei verschiedene Typare an und konstatiert seltsamerweise einen Grössenunterschied von 4 mm.

sich z. B. im H. H. u. Staatsarchiv in Wien ein Schreiben Kaiser Ludwigs mit der Datumsangabe: Geben ze Gaylnhausen am pfincztag unser frawen tag assumption. Das Blatt ist mit dem Sekretsiegel verschlossen, das bereits die Buchstaben L S hat, wodurch ein terminus post quem mit 1340 gegeben ist. Mit Hilfe des Itinerars lässt sich das Datum weiter auf den 17. August 1346 fixieren.

VI. Die Siegel der Luxemburger1).

Von Heinrich VII, führt Heffner drei Siegel an: Zwei Königssiegel, ein Kaisersiegel2). Die beiden Königssiegel aber stehen in einem merkwürdigen Verhältnis. Es heisst nämlich bei dem zweiten von Heffner beschriebenen Königssiegel, Nr. 86: Nicht bei Römer3). Dasselbe Siegelbild und Umschrift wie das vorige nur kleiner: 9" gr. (= 90 mm). Das vorhergehende Siegel hat den Durchmesser 100 mm.

Von Karl IV. führt Heffner ebenfalls zwei Königssiegel an, die in dem gleichen Verhältnis zu einander stehen. Heffner Nr. 104: Nicht bei Römer Ganz dasselbe Siegelbild wie das vorige Nr. 103 nur kleiner. Grösse 9 (90 mm). Nr. 103 ist das königliche Thronsiegel Karls mit dem Durchmesser von 100 mm.

Das kann unmöglich richtig sein. Denn entweder ist die Notiz, dass die beiden Siegel bis auf die Grössenunterschiede identisch sind, unrichtig, oder wir müssen für Heinrich und Karl je zwei völlig gleiche Siegelstempel annehmen, deren Unterschied nur in der Dimension bestehen soll. Eine solche Identität, die nur aus einem mechanischen Verfahren erklärt werden kann, ist aber gewiss ausgeschlossen.

Vor allem muss konstatiert werden, dass für die Königszeit Heinrichs VII. der ausschliessliche Gebrauch des grösseren Thronsiegels) festgehalten werden muss. Für die Königszeit Karls IV. hat Lindner das Material gründlich untersucht und kommt zu dem Schluss, dass das von Heffner abgebildete grössere (100 mm) Thronsiegel allein gebraucht wurde und bemerkt): Heffner spricht zwar S. 22 Nr. 104 von einem zweiten etwas kleineren, indessen liegt gewiss nur falsche

1) Mit Ausschluss des italienischen Kaisersiegels und der Goldbulle Kaiser Heinrichs VII.

2) Heffner S. 19 Nr. 85, 86, 87, Tafel X Nr. 68, Tafel IX Nr. 69.

3) Das Buch von Römer-Buchner über die deutschen Kaisersiegel geht der Heffnerschen Publikation unmittelbar voran, so dass es Heffner für nötig hält in jedem Fall die durch ihn beigebrachte Bereicherung des Materials ausdrücklich zu betonen.

4) Heffner S. 19 Nr. 85 T. X. Nr. 68.

5) Lindner: Urkundenwesen Karls IV. S. 46 Anmerkung 3.

Massangabe zu Grunde". Aber auch Lindner ist der Sache nicht auf den Grund gekommen. Vor allem ist das von Heffner abgebildete Siegel nicht identisch mit dem von Karl IV. gebrauchten Siegel. (Zu vergleichen für das Folgende Fig. 12 und Fig. 13).

Die Grösse stimmt zwar, im Übrigen aber weicht es in folgenden. Punkten ab. Auf der Heffnerschen Reproduktion (— Fig. 13) ist der (= Kopf des Herrschers um 2 mm zu gross; das Legendenkreuz steht nicht vertikal über der Mittelzacke der Krone, wie auf dem Siegel, sondern ist nach links gerückt. Das a in Karolus ist in die Breite gezogen, zwischen Karolus und dei ein Abstand von 1 mm; auf dem Siegel schliessen die beiden Wörter ohne Zwischenraum an einander. Der Hauptunterschied aber ist der: Auf den Originalsiegeln schliesst der Ornamentkreis innerhalb des inneren Legendenkreises links und rechts von der Krone symmetrisch ab. Auf der Heffnerschen Reproduktion geht das Ornament zwischen der Krone durch, die Rosetten erscheinen in einer vom Siegel völlig abweichenden Stellung, was sich auf dem ganzen Ornamentkreis oberhalb der beiden Wappen zurückverfolgen lässt.

Diese Unterschiede sind so bedeutend, dass man eigentlich zwei verschiedene Stempel annehmen müsste. Die Sache liegt wohl einfacher. Heffner behauptet zwar: das Siegel hängt im Archiv der Stadt Ulm an der Urkunde: Kaiser Karl IV. (soll natürlich heissen König) verleiht dem Leuprand Arlepus, Bürger zu Ulm, den dortigen, reichslehnbaren Meierhof, Ulm, 21. September 1354. Das ist aber direkt falsch. An dieser Urkunde hängt wie an allen übrigen Urkunden soweit das Thronsiegel verwendet ist, das Siegel, das wir schon im Vergleich mit Heffners Reproduktion charakterisiert haben. Heffner hat sich seine Aufgabe wesentlich vereinfacht; denn seine Reproduktion stammt von einem Gipsabdruck. In den Wiener Sammlungen befinden sich mehrere Exemplare davon1). Dass Heffner von Gipsabdrücken seine Reproduktionen genommen hat, lässt sich mehrfach nachweisen. Für die Abdrücke in den Wiener Sammlungen besitzt die Mellysche Sammlung sozusagen den Originalgipsabdruck. Auf der Rückseite desselben steht in aufgedrückter Gipsschrift folgende Provenienzangabe: Bibl. de l' Athenée Confirmation des privileges de l'ab: de Münster par Charles IV. 13462). Im Regestenwerk über Karl IV fehlt diese Urkunde.

1) Aus der Melly'schen Sammlung in der herald. Gesellschaft Adler, aus der Sava'schen Sammlung im österr. Museum, davon in der Sammlung d. Instituts f. ö. Gesch. Forschung.

2) Es handelt sich also um eine Privilegienbestätigung der Abtei Münster. Gemeint ist ein Benediktinerkloster in der Stadt Luxemburg. Auch die Bibliothèque de l'Athenée ist in Luxemburg, wo sich das Original befinden soll.

Wir müssen aber vorläufig doch die allerdings recht unwahrscheinliche Tatsache hinnehmen, dass das Originalsiegel in Luxemburg abweichend von dem sonst gebrauchten Siegel Karls IV. wirklich so aussieht, wie es der Gipsabdruck bei Melly zeigt. Die Sache wird noch dadurch kompliziert, dass sich in der Sava'schen Sammlung tatsächlich ein Gipsabdruck befindet, der völlig identisch mit dem bei Melly befindlichen Abdruck i. e. dem von Heffner reproduzierten Siegel ist, nur um 10mm kleiner1). Das entspricht aber dem von Heffner angeführten kleineren Siegel Karls IV. (S. 22 Nr. 104). Somit hat auch Lindner mit der Behauptung Unrecht, dass Heffner dieses kleinere identischeSiegel sozusagen nur infolge falscher Abmessungen erfunden hat, vielmehr scheint es wahrscheinlich, dass er einen derartigen Gipsabdruck gesehen hat. Der Sava'sche kleinere Siegelabdruck hat im Katalog die Provenienzangabe: Archiv Münster 1346. Es bietet also die gleichen Zeit- und Ortsangaben wie der grössere Abdruck bei Melly, ebenfalls ohne nähere Angaben.

Man wäre also gezwungen gleich an zwei Wunder zu glauben. Drei Stempel müssten angenommen werden. Zwei gleich grosse Stempel welche in der oberen Hälfte des Siegelfeldes beträchtliche Abweichungen im Detail aufweisen, in der unteren Hälfte völlig identisch sind. Von diesen soll der eine Stempel nur einmal gebraucht worden sein. Der dritte Stempel mit dem vom gewöhnlich gebrauchten Siegel abweichenden Stempel völlig identisch, nur um 10 mm kleiner, was für einen Durchmesser von 100 mm recht beträchtlich ist.

Heffner kennt aber, wie wir eingangs bei der Gegenüberstellung hervorgehoben haben, auch von Heinrich VII. ein Siegel, das nach seiner Behauptung völlig identisch mit dem während der ganzen Königszeit ausschliesslich gebrauchten Thronsiegel ist, nur im Durchmesser um 10 mm kleiner.

Tatsächlich findet sich nun auch in der Sammlung des germanischen Museums in Nürnberg ein galvanoplastischer Abdruck eines solchen Siegels in der um 10 mm reduzierten Grösse. Im Katalog zur Sammlung) erfahren wir weiter, dass sich das Original dieses Siegels in Luxemburg an einer Urkunde mit dem Datum 1312 Mai 21 befindet..

Wenn wir diesen Abdruck aber mit dem sonst von Heinrich gebrauchten Königssiegel vergleichen, ergeben sich abgesehen von den 10 mm Grössendifferenz folgende Unterschiede im Detail: auf dem ge

1) Ein Abdruck davon auch in der Sammlung des Instituts f. österr. Gesch. Forschung.

2) Handschriftlicher Katalog von Posse, der die ganze Siegelabdrucksammlung angelegt hat.

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