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halten, in religiösen Dingen dürfe der Kaiser vor Entscheidung eines Konzils nicht Richter sein und auch nachher keine unbilligen Entscheidungen des Konzils durchführen 1).

Allerdings war die frühere Berufung auf den Buchstaben des neuen Testaments in einer Frage, welche so sehr von den verschiedenen zeitlichen Zuständen bestimmt war, unhistorisch genug und die von Luther schliesslich angenommenen Ausführungen der Juristen in dieser Beziehung wohl richtiger, der deutsche Kaiser sei nicht mit dem römischen, höchstens mit dem Konsulat zu vergleichen, die Fürsten mit dem Senat; Deutschland sei mehr Aristokratie als Monarchie, da der Kaiser nur mit den Bedingungen der Wahlkapitulation gewählt und an die Schranken des Lehensrechtes gebunden sei, endlich in Gewissensfragen überhaupt keine Majorität gelte. Dieser letztere, in der ganzen Frage eigentlich allein stichhaltige Grundsatz war 1529 am Speyrer Reichstag aufgestellt, aber gleich in der folgenden berühmten Protestation und seither oftmals wieder zu Gunsten minder glücklicher Erklärungen verlassen worden, so zu Gunsten der ihm entgegengesetzten Berufung auf die Entscheidung eines allgemeinen Konzils, dessen Majorität doch nie der Reformation günstig sein konnte, wie Luther jetzt einzusehen anfieng.

Da die Lehren Luthers sich widersprachen, in der öffentlichen Meinung die älteren überwogen, die neuen Gutachten wohl auch dem Kaiser gegenüber geheim gehalten werden mussten), da auch die letzten Konzessionen Luthers 1539 und 1545, als über die Erneuerung des schmalkaldischen Bundes beraten wurde3), den Fürsten nur Verteidigung der in ihrem eigenen Lande wegen des Evangeliums angegriffenen Untertanen gestatteten, ein offensives Zuvorkommen gegenüber feindlichen Angriffen verpönten und dem Kurfürsten verboten, einen allfälligen Angriffskrieg des Landgrafen zu unterstützen, da endlich ein von Bugenhagen, Melanchthon und anderen abgegebenes Gutachten 1546 die Praevention nur für den Fall zugibt, dass man der Kriegsabsicht des Kaisers sicher sei, und weil dies zweifelhaft scheine, bittet nicht zu sehr zu eilen1), so befanden sich die Schmalkaldner dann doch in direktem Widerspruch zu den Lehren des so eben ver1) Hortleder II 93.

2) Sie erscheinen erst in der 1554 begonnenen Jenaer Ausgabe von Luthers Werken; in der 1531 erschienenen Warnung an seine 1. Deutschen, vgl. Hortleder II 90, drückt er sich unbestimmter aus, will die defensive Gegenwehr nicht als aufrührerisch betrachten, aber auch nicht raten und hetzen zum Krieg, sondern vielmehr zum Frieden, überhaupt keine Verantwortung übernehmen.

3) Hortleder II 95 und I letzte Seite 1527, freilich falsch paginiert, da die Zählung Seite 2015 auf 1215 zurückspringt.

4) Hortleder II, 103.

storbenen Reformators, als ihr Vorgehen unter veränderten Verhältnissen doch zu einer Art von zuvorkommendem Krieg wurde und man sich immer noch zögernd und bedenklich genug auf Kunde von den Kriegsplänen und Rüstungen des Kaisers entschloss, den Krieg zu eröffnen. Diese Gewissensbedenken, die bei Kursachsen und den Städten am stärksten sein mussten, waren also für die Rüstungen von lähmendem Einfluss, so dass die Vorschläge des Landgrafen, den Bund möglichst auszudehnen, das aus dem Braunschweigerkrieg verfügbare Kriegsvolk im Solde zu behalten und grosse Anleihen bei Strassburg aufzunehmen 1) nicht zur Ausführung kamen. Wenn auch die Fürsten dem Kaiser an die Donau entgegenzogen, trugen sie doch Bedenken, ihre anfängliche Übermacht direkt gegen den Kaiser oder katholische Fürsten zu gebrauchen. Obwohl Luther auch noch das Praevenire zugegeben hatte, falls der Kaiser die Reichsacht publiziert und damit den Krieg gewissermassen angesagt hätte, liess sich dann auch dies nicht vorschützen, weil der Kaiser erst am 20. Juli, an dem Tage, an welchem die beiden Fürsten ihre Truppen in Thüringen vereinigten und den Marsch nach der Donau antraten, die Reichsacht gegen sie als Aufrührer verhängte und sie erst am 10. August als Antwort auf ihre eigene Kriegserklärung mitteilte, da sie schon südlich der Donau und vereint mit dem schon im Juli offensiv aufgetretenen Heer der oberdeutschen Städte dem Kaiser gegenüberstanden2). Der Kaiser legte grosses Gewicht darauf, dass Augsburg, Ulm und Würtemberg mit Eroberung der Ehrenberger Klause den ersten gewaltsamen Schritt getan und den Krieg eröffnet. hätten 3). Damals hatten die Schmalkaldener schon die schönste Gelegenheit versäumt, den vorher noch in Regensburg stehenden Kaiser, wie er fast ohne Truppen war, zu überfallen und wo möglich gefangen zu nehmen oder zur Flucht aus Deutschland zu nötigen, infolge jener Bedenken, offensiv gegen seine Person vorzugehen, so widersinnig es auch war, in einem zuvorkommenden Angriffskrieg und im Besitz vielfacher Übermacht, eine zögernde, rein defensive und abweichende Haltung einzunehmen und dem Gegner Zeit zur Verstärkung zu lassen. Diese Untätigkeit erklärt sich freilich noch aus verschiedenen anderen Gründen als nur aus den religiösen und konstitutionellen Bedenken.

1) Holländer, Strassburg im Schmalkald. Krieg p. 11.

2) Hortleder II 410; erhalten haben sie den Achtbrief sogar erst am 21. August, (Herberger 148); auch sonst begann der Kaiser die allerdings ohne Prozess in unverfassungsmässiger Weise verhängte Acht erst seit dem 6. August an andere Stände mitzuteilen; vgl. Brandenburg, Herzog Moritz p. 468.

3) Druffel, Briefe und Aktenstücke I 14; auch gegenüber Venedig vgl. Dispacci I 568.

Führung und Zusammensetzung der Heere.

Mit der Führung und dem Oberbefehl der schmalkaldischen Bundestruppen war es sehr schlecht bestellt. Als der Kaiser am 11. Juni schon die Werbe- und Musterungsplätze für seine Truppen bezeichnet hatte1), wollten die Protestanten trotz aller erhaltenen Warnungen noch nicht recht an den Ernst seiner Kriegsabsichten glauben; noch am 13. Juni 1546 verlangten sie am Reichstag zu Regensburg ein Nationalkonzil zur Begleichung der Glaubensstreitigkeit. Als der Kaiser darüber lachte und drohte, die Ungehorsamen zu zwingen, welche geistliche Güter eingezogen hätten, beschloss der schmalkaldische Bund zu rüsten, tat es aber auch deswegen nicht mit voller Energie, weil er damals eben seinem Ablauf entgegenging und für die Erneuerung und Verstärkung noch nichts geschehen war, ausser Erörterung der durch Luthers Tod am 18. Februar neu erregten Bedenken, ob der Bund überhaupt zulässig sei.

Der Bund hatte niemals alle protestantischen Stände umfasst, von welchen mehrere öffentlich oder geheim zum Kaiser standen, wie die sämtlichen Brandenburger, die zunächst neutral blieben, wie anfangs sogar die Pfalzgrafen Friedrich II.2) und Ott Heinrich, die Städte Nürnberg, Donauwörth, Nördlingen und viele andere. Sichere Verbündete waren ausser Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen und den nur für Geldbeiträge in Betracht kommenden norddeutschen Städten Hamburg, Bremen und Lübek nur noch der Herzog Ulrich von Würtemberg und die süddeutschen Städte Augsburg, Ulm, Memmingen, Strassburg und Konstanz, die beiden letztern auch nur indirekt am Krieg mitwirkend; freilich immer noch genug verschiedenartige Elemente, die in ihren politischen und konfessionellen Ansichten noch weiter als in ihrer geographischen Lage von einander entfernt waren 3).

Das schmalkaldische Heer bestand also aus vier annähernd gleich starken Gruppen, einer sächsischen, hessischen, würtembergischen und

1) 11. Juni, vgl. Dispacci 528 und 530.

2) Dieser gestattete noch im Anfang des Krieges den Kaiserlichen Durchzug (Dispacci I 555).

3) Strassburg wirkte nur durch Geldzahlung, sogenannte Doppelmonate, mit; es warb die in seiner Gegend vorhandenen Knechte für den Landgrafen an und sandte 4 Fähnlein zum städtischen Bundesheer mehr wegen seiner Städtebundverpflichtungen als wegen des schmalkald. Bundes; vgl. Holländer p. 8, 9 und 30; auch Polit. Archiv des Landgrafen Philipp, in den Publikationen der Preuss. Staatsarchive 78 p. 551, 555, 562, 568 und 571.

städtischen, so dass keine die andere so entschieden überwog, um sie ins Schlepptau nehmen zu können; eine ungünstige Kombination, da ein Bundesheer meistens nur bei entschiedener Hegemonie eines Teiles recht aktionsfähig ist.

Schon die beiden Fürsten konnten sich, als sie am 4. Juli in Ichtershausen bei Gotha zusammen kamen, über die Oberbefehlsfrage nicht recht einigen und liessen es daher bei den Artikeln bewenden, welche sie einige Jahre früher im Braunschweiger Krieg darüber aufgestellt hatten, aber jetzt in der Eile nicht finden konnten1). Jene Artikel sagen einfach, es soll keiner der beiden Fürsten, solange sie im Zug seien, nichts für sich selber ordnen, gebieten oder verbieten, sondern alles durch ihr beider einträchtige Beschlüsse ges hehen; wo sie aber nicht einig würden. sollte man die Kriegsräte darum hören. und deren Majorität die Entscheidung geben.

In diesem Bundeskriegsrat hatten die 3 Fürsten je 2 Stimmen, die vier Städte je eine2). Die Folge war, dass unter immer zunehmenden Missverständnissen und Eifersüchteleien unter den übel harmonierenden Fürsten und bei der Neigung der vermittelnden städtischen Kriegsräte zu bedenklicher Vorsicht und möglichster Rücksichtnahme auf Verteidigung ihrer Städte, nie irgend ein energischer Entschluss gefasst, am wenigsten im geeigneten Moment sofort ohne umständliche Beratung gehandelt werden konnte, dass man beständig über die entgegengesetztesten Pläne beriet, deren jeder etwas für sich gehabt und zu einem Ziel geführt hätte; aber bald erhielt dieser, bald der entgegengesetzte Plan die Mehrheit, so dass man das bisher ausgeführte preisgab, um auf einen früher aufgegebenen Plan zurückzukommen und dann wiederum die Meinung zu ändern; überall zögerte man, kehrte auf halben Wege um und liess sich durch die Bewegungen und Operationen des Feindes bestimmen, statt dem Kriege selbst die Direktion zu geben. Die Beschlüsse der immer wieder neu zusammengesetzten Mehrheit, wobei zuweilen sogar die süddeutschen Städte auseinandergiengen3), fielen immer zu Gunsten des vorsichtigsten und unklarsten Vorschlages aus, bei dessen Hauptpunkten oft noch gewisse Hintergedanken obwalteten, den bescheidenen Aktionsgehalt auch noch fallen

1) Hortleder I p. 1667 und II 259.

2) Fontes p. 90, wenn man dem Venezianer hier glauben darf. Doch wird die auffallende Angabe, dass auch Hamburg einen Kriegsrat stellte, bestätigt und präzisiert durch Schertlins Erwähnung von Gesandten der sächsischen Städte, vgl. Herberger p. 134; nach demselben p. 142 hatte auch Strassburg einen Deputierten; nach Holländer war es H. v. Mülnheim, später Jakob Sturm.

3) z. B. Herberger 142.

zu lassen, wie z. B. der Kurfürst mit seinen Angriffsplänen meist nur eine Annäherung an seine Heimat bezweckte1). Bei wichtigen Meinungsverschiedenheiten mussten die städtischen Kriegsräte mit fünftägiger Verzögerung die Instruktionen ihrer Obrigkeit einholen). Wenn im ganzen wohl der Landgraf und der nur gelegentlich neben den städtischen. Kriegsräten zugezogene Schertlin mehr für die Offensive eintraten, der Kurfürst, Würtemberg und die Städte sich meist zaghafter erwiesen, so fehlt es doch auch nicht an Beispielen von entgegengesetztem Verhalten; zuweilen macht es den Eindruck, dass niemand für entschiedenes Vorgehen war, wenn er nicht darauf rechnen konnte, in Minderheit zu bleiben, und dass sogar der Landgraf und Schertlin3) ihre aggressiven Vorschläge mehr als fromme Wünsche vorbrachten, an deren Erfüllung sie selbst nicht ernstlich dachten. Auch Philipp schwankte zwischen entgegengesetzten Plänen und änderte seine Meinung in wenigen Tagen dreimal4).

Protokolle scheinen über die Kriegsratsverhandlungen nicht zu existieren und sind schwerlich geführt worden, da die Beschlüsse meist so unbestimmt gehalten waren, dass die Führer selbst nachher im Unklaren über ihren Inhalt und ihr Ziel waren 5).

Trotzdem, und obschon Schertlin wie die Feldmarschalle der Fürsten nur gelegentlich zugezogen wurde) und die hessische Kanzlei bestechen musste um genaueres zu erfahren?), ergeben seine Briefe noch am meisten Nachrichten über die Kriegsratsverhandlungen und spiegeln mit ihren Widersprüchen die Unklarheit derselben am besten. Von den hessischen Quellen bespricht nur das am wenigsten zuverlässige Diarium die Beschlüsse des Kriegsrates, noch mehr aber die Zänkereien zwischen den beiden Fürsten.

Die innere Uneinigkeit nahm immer zu, so dass bald auch noch der Landgraf und Schertlin miteinander zerfielen 8). Endlich klagte man sich gegenseitig der Feigheit und des Verrates an, so dass die aus dem schmalkaldischen Lager stammenden Quellen meist heftiger

1) Herberger 135, 173.

2) vgl. Herberger 143.

3) Herberger 135.

4) Dies zeigen seine Briefe und ursprünglichen Zeitungen, z. B. Lenz R. B. 36-38, im Gegensatz zu den späteren hessischen Berichten.

3) Dies ergibt sich namentlich aus Stellen in Schertlins Briefen, wie Her

berger p. 126.

6) Vgl. Herberger 133, 142, 144.

7) Vgl. Herberger p. 141.

8) Lorenz Beiträge zur Kritik der Geschichtschreibung über den schmalkaldischen Krieg p. 6, Autobiographie p. 42 u. 62.

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